Nicht nur zu Erntedank über Landwirtschaft nachdenken
30. September 2022
Das zentrale Landeserntedankfest in Mecklenburg-Vorpommern wird am Sonntag in Ferdinandshof mit einem ökumenischen Gottesdienst gefeiert. Gerade jetzt sei ein Umdenken notwendig, findet Jan Menkhaus vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt.
„Ich stand letztens mit einem Landwirt vor seinem Maisfeld. Der Mais war gerade mal so hoch wie wir“, erinnert sich Jan Menkhaus vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt der Nordkirche (KDA). Normalerweise sei er viel höher. Zeichen der anhaltenden Dürre in Mecklenburg-Vorpommern.
"Nahrungsmittelproduktion ist nicht selbstverständlich"
Der Agrarwissenschaftler ist Ansprechpartner für Landwirtschaft und Ernährung. Ein Landeserntedankfest habe angesichts von Corona, Schweinepest, Klimakrise und Krieg in Europa eine noch stärkere Bedeutung, findet Menkhaus: „Es wird noch mal stärker als je zuvor deutlich, dass Nahrungsmittelproduktion nicht selbstverständlich ist“, und ein Umdenken nötig sei.
Konsumverhalten infrage stellen
Viele Menschen würden sagen: „Wir müssen zurück.“ - weniger Tierhaltung, mehr ökologische Landwirtschaft. Eine Agrarwende käme aber zu kurz, sagt Menkhaus. Es sollte lieber eine Ernährungswende geben. „Wir sollten unser Konsumverhalten infrage stellen. Müssen wir 24 Stunden an sieben Tagen der Woche immer alle Nahrungsmittel bekommen, für günstige Preise?“
Und der Referent gibt zu bedenken: „Wenn wir unsere Produktion herunterfahren, ohne unser Konsumverhalten von unten her zu ändern, machen wir uns noch mehr abhängig von anderen Ländern.“
„Unser tägliches Brot gib uns heute“
Schon 2015 veröffentlichte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unter der Überschrift „Unser tägliches Brot gib uns heute“ eine Studie (PDF) für nachhaltige Entwicklung. Diese sei heute aktueller denn je, so Menkhaus. Da stehe alles drin, was seit Jahren bekannt sei, aber nicht umgesetzt werde.
Für ihn ist die Kirche Mahnerin, Mittlerin und Motor auch in der Agrarkrise. „Mahnen tun wir dabei genug, auch zum Erntedank“, das sei nicht das Problem, meint der Agrarwissenschaftler. Als Mittlerin könne die evangelische Kirche aber noch besser werden, denn gerade innerhalb der Gemeinden gebe es die Akteure, „die es interessiert, auch Bauern“.
Um Motor zu sein, müsse sich die Kirche noch klarer positionieren, so Menkhaus. Das fange bei der Beschaffung von Nahrungsmitteln für Feste an und ginge bis hin zur Verpachtung von Kirchenland. Gerade in Mecklenburg-Vorpommern könne eine Kirchengemeinde ohne Pacht nicht überleben. Viele Flächen würden aber immer noch an große Agrargesellschaften verpachtet, da sie am meisten zahlen, so Menkhaus. „Öko-Landwirte und auch Existenzgründer gehen da meist leer aus.“