„Offene Kirchen sind eine Einladung, Gott nah zu sein“
10. Juli 2023
Offene Kirchen sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Kultur. Warum ihr Erhalt in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung ist, erklärt Morten Kauke, Tourismusbeauftragter der Nordkirche, bei einem Besuch in St. Petri Altona.
Wir sind auf dem Weg zur St. Petri-Kirche Altona. Es ist ein sonniger Tag. Die Straßen sind belebt, Menschen schieben Kinderwagen, tragen die Post aus oder eilen zu ihren Büros. Die Kirche ist ein Kontrast: Einmal die schwere Klinke heruntergedrückt, befindet man sich in einer anderen Atmosphäre. Hier ist die Luft kühl und der Raum still.
Ein Ort der Geborgenheit
Durch die Kirchenfenster bricht sich das Licht in Regenbogenfarben. Wer möchte, kann sich setzen und es betrachten, vielleicht ein Gebet dabei sprechen oder einfach seinen Gedanken nachhängen. Hier drinnen ruht der Alltag.
„Zuhause stapeln sich die Rechnungen, das Kind schreit oder der Nachbar hämmert. Da kommt man schwer zur Ruhe, um etwas zu verarbeiten. Eine offene Kirche ist eine Möglichkeit, diesem Gewusel kurz zu entfliehen, um Gott nah zu sein“, sagt Morten Kauke. „Das Gleiche erlebt man vielleicht im Urlaub. Aber nicht jeder kann sich in den nächsten Flieger setzen, um den Alltag hinter sich zu lassen. Die Kirche aber ist nah.“
Türöffner zur Gemeinde
Seit zehn Monaten ist er nun Tourismusbeauftragter der Nordkirche. Die Weiterentwicklung der „Offenen Kirchen“ ist eine seiner Haupt- und Lieblingsaufgaben. Denn sie sind für die Menschen zugleich Türöffner zur eigenen Spiritualität und Brücke zur christlichen Gemeinde, sagt er. Das Angebot werde nicht nur von Leuten wahrgenommen, die im Umkreis einer solchen Kirche wohnen, sondern auch von Touristen.
Laut einer Gästebefragung aus dem Jahr 2021 besucht jeder fünfte Urlauber in Schleswig-Holstein mindestens eine Kirche. Jeder sechste nutzt auch die Angebote der Kirchengemeinden. Daraus ergibt sich ein großes Potenzial für die Gemeinden, positiv in Erinnerung zu bleiben, ist Morten Kauke überzeugt.
Ehrenamtliche sind Botschafter
„Wir bieten eine Einladung, Kirche und ihre Botschaft neu zu entdecken“, sagt er. Damit dies gelinge, brauche es vor allem ein freundliches Gesicht. Denn viele „Offenen Kirchen“ werden von ehrenamtlichen Kirchenhüter:innen betreut. Sie sorgen etwa dafür, dass nichts liegen bleibt, erklären Besuchern auf Wunsch etwas zur Historie der Kirche oder wirken auch an Veranstaltungen mit.
An ihnen hängt es, ob die Atmosphäre eine einladende ist oder nicht. Jede:r trage mit seiner Persönlichkeit und seinen Talenten dazu bei, die „Offene Kirche“ mit Leben zu füllen.
Zusatzausbildung: Kirchenführer:in
Oft sind die Kirchenhüter:innen gleichzeitig auch Kirchenführer:innen. Der Unterschied liegt in der Ausbildung: Während Kirchenhüter:innen in der Regel durch einen lockeren Austausch in der Gemeinde lernen, absolvieren Kirchenführer:innen eine Zusatzausbildung.
In diesem Sommer haben 30 Ehrenamtliche in der Nordkirche das Zertifikat Kirchenführer:in erhalten. Sie sind damit Gastgeber:in für ihre Heimatkirche und tragen die Begeisterung für „ihr“ Gotteshaus weiter. Entscheidend ist dabei nicht nur, dass sie die Fakten zur Geschichte und den Besonderheiten der jeweiligen Kirche wissen. Es zählt vielmehr auch das „Wie“: Spannend, lebendig, aber nicht aufdringlich – so soll ihre Erzählkunst sein.
Vernetzungstreffen für Kirchenhüter:innen
Für die Kirchenhüter:innen gibt es in diesem Jahr ebenfalls ein Fortbildungs- und Vernetzungsangebot: Zum Austausch der Ideen veranstaltet der Tourismusbeauftragte zusammen mit Pastor Michael Jordan in der Nicolaikirche in Eckernförde am 2. September erstmals einen „Tag der Offenen Kirche“ in Eckernförde.
Im Vordergrund steht dabei vor allem der Erfahrungsaustausch der Freiwilligen, sagt Morten Kauke. „Was beschäftigt uns akut von Gastkultur bis Vandalismus, von Seelsorge bis Orientierung im Raum, von Kunstgeschichte bis zu kalten Kirchen im Winter? Hier finden Kirchenhüter:innen einen Raum, um diese Themen anzusprechen.“