Glaube und Natur entdecken

Pfadfinder in Grube: Ein ziemlich einmaliges Areal

Der Naturentdeckerwagen der Pfadfinder und Pfadfinderinnen in Grube.
Der Naturentdeckerwagen der Pfadfinder und Pfadfinderinnen in Grube.© KKOH/Heinen

29. September 2022 von Marco Heinen

Pfadfinder aus Grube in Ostholstein haben ein Biotop vor der Tür, in das sie viel Arbeit investiert haben. Jüngst ist noch ein Naturentdeckerwagen dazu gekommen.

Es ist nicht nur einfach ein Stück Natur. Es ist ein hochwertiges Biotop und wunderschönes Gelände, das da in den vergangenen rund drei Jahren in Ostholstein am Ortsrand von Grube gewachsen ist – unweit der St. Jürgen-Kirche, deren Mauern überwiegend aus dem 15. Jahrhundert stammen.

Wo noch vor wenigen Jahren einfaches Ackerland war, befindet sich jetzt ein künstlich angelegtes Gewässer mit Hügeln und Brücken, einer Wetterhütte (dem „Dachsbau“ für Wanderer) und einem Amphitheater sowie einem Floß- und einem Kanusteg. Vor allem aber gibt es ein ganz besonderes Gebäude auf Rädern.

Mit dem Nordstern ausgezeichnet

Für den „Naturentdeckerwagen“ wurden die Geusen, wie der örtliche Pfadfinderstamm heißt, Anfang März dieses Jahres ausgezeichnet. Die Nordkirche hat den jungen Leuten einen „Nordstern“ verliehen, einen Preis für solch besondere Initiativen. „Unser Gelände ist schon ziemlich einmalig“, sagt Gruppenleiterin Selma Busse (24) stolz.

Selma Busse und Doron Michalski an den Rudern.
Selma Busse und Doron Michalski an den Rudern.© KKOH/Heinen

Vor Jahrhunderten hatte der Pastor der Gemeinde auf dem einstigen Acker seine Lebensmittel anbauen können. Doch nun ist es ein Gebiet, das von den Gemeindepfadfindern genutzt wird, um Kindern und Jugendlichen die Natur nahe zu bringen – und um sie mit dem christlichen Glauben vertraut zu machen, wie er in ihrer Kirchengemeinde gelebt wird.

Denn Gemeindepfadfinder wie die „Geusen“ vom Ring Evangelischer Gemeindepfadfinder (REGP) erhalten zwar Unterstützung vom Dachverband, doch sind sie zuallererst ihrem Kirchengemeinderat verpflichtet, auch theologisch.

Exkursionen und Bibelkunde

Bibelkunde steht bei den Gruppenstunden genauso auf dem Programm wie Spiele, Exkursionen oder Erste-Hilfe-Kurse. „Unsere Gruppenstunden sehen ganz unterschiedlich aus. Wir versuchen, so viel Abwechslung wie möglich reinzubringen, damit die Kinder jede Woche etwas Neues erleben können“, erzählt Gruppenleiterin Nina Nissen.

Die 15-Jährige aus Altratjendorf ist zusammen mit knapp 20 weiteren „Füchsen“ zum Naturentdeckerwagen, dem „Kobel“, gekommen, um die Themen für die kommenden Gruppenstunden zu besprechen und abzustimmen.

Das hölzerne Haus auf Rädern ähnelt einem modernen Tiny-House; Vor allem aber erinnert es an Peter Lustig und seinen blauen Bauwagen mit Dachterrasse aus der ZDF-Kinderserie „Löwenzahn“. Nur ist der Kobel viel moderner und mit mehr als 20 Quadratmetern Grundfläche wohl auch ein klein wenig größer.

Neben einem Gemeinschaftsraum gibt es ebenfalls eine Dachterrasse sowie sechs Solarpanel, so dass der Kobel weitgehend unabhängig von externer Energiezufuhr ist. Ein größerer Bildschirm und ein digitales Mikroskop können mühelos betrieben werden.

Konzipiert wurde der Wagen von Jan Erik Manitz (32) und Maschinenbauingenieur Patrick Tiede (30) – beide Pfadfinder – die bei der Umsetzung ihrer Pläne auf einen örtlichen Zimmermann sowie auf viele Sponsoren und Helfer setzen konnten: Den landwirtschaftlichen Anhänger stellte ein Bauer aus der Nachbarschaft günstig zur Verfügung, der örtliche Baustoffhändler berechnete nur kleine Preise für die Materialien und die gebraucht gekauften Fenster baute ein Handwerker aus der Nachbarschaft ein.

Viele Spenden für das Projekt

Das ebenfalls gebrauchte Mobiliar wiederum wurde von einer heimischen Bäckereikette im Zuge eines Filialumbaus zur Verfügung gestellt. Vor allem aber gab die Bingo-Lotterie den Löwenanteil mit mehreren Tausend Euro für alle unvermeidbaren Ausgaben. Bereits vor drei Jahren hatte außerdem die Fielmann-Stiftung eine große Summe für die Gestaltung des frei zugänglichen Areals mit Büschen und Bäumen gegeben.

Das Gelände zu planen, hatte damals einige Zeit in Anspruch genommen. Doch die Bagger hatten nur vier Tage gebraucht, um dem Acker eine neue Struktur zu geben. Auch beim Naturentdeckerwagen, der in der Coronazeit entstand, dauerte die Planungsphase länger als die eigentliche Bauzeit von nur etwa einem Monat.

Auch Wiesel, Hermelin und Marder fühlen sich wohl

Zwar dreht sich bei den Pfadfindern nicht alles um die Natur, doch der Anteil solcher Veranstaltungen soll wachsen. Zumal sich auf dem Gelände inzwischen einige Tierarten angesiedelt haben, die sonst nicht an jeder Ecke zu finden sind: Wiesel, ein Hermelin und Marder wurden schon auf dem Areal gesehen. Auch seltene Vögel brüten an dem kleinen Gewässer.

Mit sechs Gruppen und bis zu 140 Kindern und Jugendlichen pro Woche (insgesamt werden etwa 220 junge Leute aus der Region erreicht), die an den Gruppenstunden teilnehmen, gehören die Pfadfinder aus Grube zu den größten Akteuren der Jugendarbeit im nördlichen Ostholstein, schätzt Andreas Dons. Der 49-Jährige ist seit der Gründung des Stammes dabei, aus dem heraus 1996 der Ring Evangelischer Gemeindepfadfinder als Dachverband entstand, der mittlerweile 112 gemeindliche Pfadfindergruppen mit insgesamt 6500 Kindern und Jugendlichen im Bereich der Nordkirche vertritt.

Pfadfinder unterstützen Kirchengemeinde

Eine gerade erst gegründete Gruppe mit den Jüngsten wird von der erst 14-jährigen Svea Marie Swars geleitet. Sie selbst war mit drei Jahren bei ihrem ersten Zeltlager dabei, ihre Schwester mit nur sechs Wochen. Kein Wunder, denn Svea Maries Vater Gerrit ist wie Andreas Dons Pfadfinder der ersten Stunde und außerdem Mitglied im Kirchengemeinderat: „Die Jugendarbeit hat eine große Bedeutung für die Kirchengemeinde. Wir generieren hier quasi unseren eigenen Nachwuchs“, sagt er. Und: „Sobald die Kirchengemeinde Unterstützung braucht, sind die Pfadfinder dabei.“

Andreas Dons ist immer wieder fasziniert, „wie die Kinder und Jugendlichen hier reifen“. So lernten sie früh, selbstbewusst aufzutreten. Wenn sie dann vor größeren Gruppen zu sprechen hätten, gelinge das mühelos: „Die stellen sich vorne hin als ob nichts wäre“, so Dons.

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