Vom Barkeeper zum Pastor: Bischof Jeremias ordiniert Felix Degwitz
13. April 2023
In der ganzen Nordkirche ordinieren die Bischöfin und Bischöfe in den Sprengeln angehende Pastorinnen und Pastoren. In der ganzen Nordkirche? Nein, bislang war es in einem Kirchenkreis anders: In Mecklenburg wurden junge Leute von den Pröpsten in der jeweiligen Kirchengemeinde ordiniert.
Wenn Bischof Tilman Jeremias am kommenden Sonntag (16. April) den 34-jährigen Felix Degwitz in Leussow ordiniert, ist das erstmals seit der Reformation in Mecklenburg 1533 eine reguläre bischöfliche Ordination.
Erste regulär bischöfliche Ordination seit 1533
Die Nordkirchenverfassung sah für diese Regelung sogar einen Sonderpassus für die Mecklenburger vor. Bis jetzt: Nach einem Beschluss der Landessynode ordiniert künftig der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern in der jeweiligen Kirchengemeinde.
Evangelium verkünden und Sakramente verwalten
Damit werden beide Dimensionen dieser Beauftragung abgebildet, so Bischof Jeremias: "Bei der Ordination segne ich Felix Degwitz und beauftrage ihn, das Evangelium von Jesus Christus zu verkünden und die Sakramente zu verwalten, also zu taufen und das Abendmahl zu halten. Dieser Auftrag bezieht sich auf die gesamte Kirche, die durch den Bischof repräsentiert wird. Dies passiert allerdings nicht im luftleeren Raum, sondern gilt ganz konkret für diese Kirchengemeinde."
Neun Orte mit vier Predigtstätten
Seit Februar lebt Felix Degwitz bereits in Leussow, seit Anfang März lernt er seine Kirchengemeinde Leussow-Redefin kennen, neun Orte mit zwei Kirchen. Predigen wird der 34-Jährige auch in der Begegnungsstätte Göhlen und der Kuhstorfer Friedhofskapelle, beide in kommunaler Verwaltung.
Gerade liegt der Ostermarathon hinter ihm: Gründonnerstag Gottesdienst im Pfarrhaus, Karfreitag in der Kirche Redefin, dort auch Feier der Osternacht, am nächsten Morgen dann Ostergottesdienst in Leussow, tags drauf zwei Emmausspaziergänge in Göhlen und Kuhstorf. Trotz dieses Pensums klingt der Theologe, der verheiratet ist und ein einjähriges Kind hat, entspannt und voller Freude über sein neues Amt.
Nach einem Glaubenskurs lässt er sich taufen
Dabei ist ihm ein Leben als Dorfpastor nicht in die Wiege gelegt worden: "Meine Familie ist DDR-sozialisiert atheistisch, die christliche Religion war völlig irrelevant", erzählt der gebürtige Wismarer. "Ich habe mir allerdings schon früh die Frage nach dem Sinn des Lebens gestellt und wollte wissen, was kommt nach dem Tod?"
Über eine Ankündigung in der Zeitung sei er mit 18 Jahren auf einen Glaubenskurs gestoßen, den der damalige Wismarer Pastor und spätere Bischof Andreas von Maltzahn hielt. Kann man Glauben in einem Kurs lernen? Felix Degwitz: "Man kann den Glauben kennenlernen und die Botschaft hören. Die biblischen Texte haben mich tief berührt, vor allem das Johannesevangelium. Angesprochen hat mich, dass es Hoffnung gibt, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, sondern das Leben siegt."
Barkeeper und Pastor müssen zuhören können
Er ließ sich taufen, auch wenn manche aus seinem Umfeld sich darüber lustig machten. Sein Theologiestudium in Greifswald finanzierte er sich als wissenschaftliche Hilfskraft und als Barkeeper in Studentenclubs. Selbst trinkt er am liebsten einen alkoholfreien Mojito. "Ein Barkeeper und ein Pastor haben gemeinsam, dass beide zuhören können müssen. Mir ist das häufig in den späteren Abendstunden passiert, dass mir Menschen ihr Herz ausgeschüttet haben."
Ein Ziel: Kinder- und Jugendarbeit wieder erwecken
Sein Vikariat, also die praktische Ausbildung als Pastor, hat er in der Emmaus-Kirchengemeinde in Stralendorf im Schweriner Speckgürtel absolviert. In Leussow möchte er zunächst die Kinder- und Jugendarbeit wieder erwecken, mit Konfirmandenunterricht hat er schon begonnen. "Ich stürze mich jetzt in die Pfadfinderarbeit, die ich hier einführen möchte", erzählt er.
An Improvisationstalent mangelt es ihm nicht. Zwar gebe es in der Kirchengemeinde keine Stelle für Kirchenmusik, dafür habe er rasch eine Alternative entdeckt: "Ich konnte schon zwei Hobbymusiker gewinnen, im Gottesdienst Tischharfe zu spielen. Einige Gemeindeglieder bringen sich das gerade gegenseitig bei."
Kirchenmusik mit der Tischharfe
Auch anstehende Restaurierungen an Kirchengebäuden fürchtet er nicht: "Als Pastor in einer mecklenburgischen Landgemeinde gehören Bauangelegenheiten einfach dazu", sagt Degwitz. "Ich empfinde das nicht als eine zusätzliche Last, sondern als große Chance, das gemeindliche Leben durch gemeinsame Projekte zum Erhalt unserer kirchlichen Schätze zu gestalten."
"Wir haben eine tolle Botschaft, die auch etwas bewirkt"
Trotz schwindender Mitgliedszahlen ist ihm nicht bange: "Was mir oft fehlt, ist die christliche Hoffnung und das Vertrauen, dass wir eine tolle Botschaft haben, die auch etwas bewirkt. Vielleicht wächst auch etwas, wenn es nicht den Anschein hat."