Winternotprogramm: Wohncontainer für Obdachlose
04. November 2019
Am Freitag startete das Winternotprogramm in Hamburg mit 780 Plätzen. Neben zwei Großunterkünften gibt es auch zahlreiche Wohncontainer in Kirchengemeinden. An der Kreuzkirche Ottensen zogen mit Karl-Heinz drei weitere wohnungslose Männer ein.
Großes Glück für Karl-Heinz (52) aus Ostfriesland: Er hat am Freitag einen von vier Plätzen in einem Wohncontainer neben der Kreuzkirche Ottensen bezogen. Am Nachmittag überreichte Manuela Heyns, Vorsitzende des Kirchengemeinderats, ihm und drei weiteren wohnungslosen Männern je einen Schlüssel, die Hausordnung und eine prall gefüllte Kulturtasche. Für fünf Monate können die Männer jeder in einem eigenen, abschließbaren Raum wohnen. Ein Team aus 15 Mitgliedern der Tabita Kirchengemeinde steht ihnen bei Fragen und Problemen ehrenamtlich zur Seite. Finanziert werden die Container von der Stadt.
"Letzte Nacht war ganz schön kalt"
"Gott sei Dank", sagt Karl-Heinz, in den Händen eine Tasse mit heißem Kaffee. "Letzte Nacht war ganz schön kalt." Er nimmt glücklich ein Stück von dem selbst gebackenen Zitronenkuchen, den es zur Begrüßung im Gemeindehaus gibt. Zwei Ehrenamtliche aus dem Team und Manuela Heyns bauen den ersten Kontakt auf. "Wir bieten einiges, und wir erwarten einiges", sagt Heyns. Sie erzählt, dass Bettwäsche und Handtücher im festen Rhythmus abgeholt und gewaschen werden. "Aber wir erwarten, dass Sie sich und die Räume sauber halten." Putzmittel stellt die Gemeinde ihnen zur Verfügung. Bezüglich Drogen und Gewalt gibt es klare Regeln.
Privatsphäre dank Containern
Die Wohncontainer gehören zum Hamburger Winternotprogramm. Insgesamt stehen seit 1. November 130 solcher Plätze bei Kirchengemeinden und Hochschulen zur Verfügung. Die Kosten trägt die Stadt, betreut werden die Bewohner durch Ehrenamtliche. "Die Plätze sind immer sehr begehrt", weiß Melanie Mücher, Leiterin des Diakonie-Zentrums für Wohnungslose, das für die Zuteilung der 86 Plätze zuständig ist. "In einem Container ist viel mehr Privatsphäre gegeben als in den Großunterkünften." Außerdem können die Bewohner auch tagsüber in ihrem Raum bleiben.
Mehr Bedarf als Plätze
Bereits am Mittwoch wurden die Plätze vergeben - per Losverfahren. Natürlich sorge das auch für Unmut, so Mücher. "Es gibt immer mehr Bedarf als Plätze." Vor der Tagesaufenthaltsstätte für Wohnungslose (TAS) warteten rund 120 Personen und hofften auf einen Platz. Den Männern, die das Glück hatten, das richtige Los zu ziehen, wurden anschließend von Mitarbeitern der TAS ihre Plätze im persönlichen Gespräch zugeteilt.
Manuela Heyns hat für jeden der vier Gäste ein Info-Heft mit wichtigen Adressen und einen Umgebungsplan, in dem sie Supermärkte und Apotheken in der Umgebung eingezeichnet hat. Sie ist gut vorbereitet, die Tabita-Kirchengemeinde Ottensen-Othmarschen bietet zum sechsten Mal Plätze im Winternotprogramm an. Die schlichten Container mit Bett, Spind, Tisch und Stuhl haben die Helfer etwas wohnlicher gestaltet und das wichtigste an Geschirr, Besteck, Kochplatten und Bettwäsche für Jeden bereitgestellt.
Betreuung durch Ehrenamtliche
Zu Beginn werden jeweils zwei Ehrenamtliche die Bewohner täglich um 18 Uhr besuchen. Falls es Probleme oder Fragen gibt - oder einfach zum Reden. "Aber wir werfen auch einen Blick in den Container, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist." Für den zweiten Tag verabredet sich Heyns mit den Männern, um gemeinsam zum HVV zu gehen. Jeder bekommt eine Monatskarte für drei Zonen von der Gemeinde.
Für die Mitarbeiter der TAS sei klar zu sehen, wer im Container untergekommen ist und wer auf der Straße und in den Großunterkünften lebt, sagt Mücher. Im Container könne man zur Ruhe kommen und sich besser ausruhen. "Die Vermittlungsquote in eine Wohnung oder an eine andere Stelle ist bei diesen Menschen deutlich höher."
Kennenlernen - Kontakte in die Gemeinde
Auch durch die Kontakte in die Gemeinde können sich Möglichkeiten für die Zukunft der Männer ergeben. Gelegenheit zum gegenseitigen Kennenlernen wird es genug geben. Hilfe könne die Gemeinde jederzeit gebrauchen, so Heyns, etwa beim Laub harken, wenn die Gemeinde sich zum Gartentag trifft. Oder beim Eintüten der neuen Gemeindebriefe. In der Adventszeit werden die Männer einmal in der Woche zum Frühstück eingeladen.