Gesellschaftlicher Diskurs über „Zusammenhalt in Europa“ im Mittelpunkt

Wirtschaft und Nordkirche luden zu den zweiten „Gottorfer Gesprächen“ ein

Bischof Gothart Magaard
© Tim Riediger / Nordkirche

14. September 2018 von Antje Wendt

Schleswig. Rund 80 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kirche, Justiz und Verwaltung in Schleswig-Holstein haben heute (14. September) den gesellschaftlichen Diskurs über wichtige Themen der Zeit im Rahmen der zweiten „Gottorfer Gespräche“ fortgesetzt. War beim ersten Zusammentreffen 2016 noch der Zusammenhalt der Gesellschaft das zentrale Thema, standen diesmal die jüngsten Entwicklungen in Europa im Mittelpunkt des Austausches.

Auf Einladung von Dr. Philipp Murmann, stellvertretender Vorsitzender der Studien- und Fördergesellschaft der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft e.V., und Bischof Gothart Magaard, Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche), diskutierten die Teilnehmenden über den Zusammenhalt in Europa. Gastredner war David McAllister, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, Vizepräsident der Europäischen Volkspartei und Niedersächsischer Ministerpräsident a. D. Die Veranstaltung fand im Kreuzstall der „Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen“ auf Schloss Gottorf statt.

Murmann: Stabiles und starkes Europa benötigt

Philipp Murmann zeigte sich in seiner Begrüßungsrede erfreut, dass Kirche und Wirtschaft in Schleswig-Holstein mit den „Gottorfer Gesprächen“ ein gemeinsames Forum für den gesellschaftlichen Diskurs über wichtige Themen der Zeit etabliert hätten.

Im Hinblick auf das Thema sagte er: „Gut fünfundzwanzig Jahre nach dem Wegfall der Binnengrenzen innerhalb der EU hat es den Anschein, als bröckele das vereinte Europa auseinander.“ Der Zusammenhalt Europas sei gefährdet, und die verbindenden Momente wie eine gemeinsame Kultur, die Freude über Frieden und Freiheit ohne Grenzen sowie die wirtschaftlichen Erfolge in und mit der Union würden zunehmend in den Hintergrund treten, so Murmann weiter. Der stellvertretende Vorsitzende der Studien- und Fördergesellschaft der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft benannte als Bruchstellen den „Brexit“, mangelnde Solidarität mit den Mittelmeerländern bei der Bewältigung der humanitären Katastrophe auf dem Mittelmeer sowie die zunehmend auf nationale Interessen ausgerichtete Politik der Visegrád-Gruppe und ihrer Sympathisanten. Er betonte, dass ein stabiles, starkes und einiges Europa zur Bewältigung der wirklich drängenden Themen dieser Zeit benötigt werde. An die aus seiner Sicht noch große Zahl überzeugter Europäerinnen und Europäer gerichtet, sagte Murmann: „Das ist wichtig für uns, für unsere Kinder und für unsere Unternehmen.“

Bischof Magaard: Wunsch nach einem Europa in "versöhnter Verschiedenheit“

Bischof Gothart Magaard hob hervor, dass die Europäische Union trotz mancher Ecken und Kanten „die größte Errungenschaft in der Geschichte dieses Kontinents“ sei. In seiner Rede skizzierte der Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein den schweren Weg der europäischen Einigung: Man habe nach 1945 eine jahrhundertelange Geschichte von Kriegen, Konflikten und tiefen gegenseitigen Verletzungen hinter sich gelassen. Magaard erinnerte daran, dass auch die europäischen Kirchen diesen Weg gehen mussten, denn Hass und gegenseitige Verdammung seien regelmäßig über Jahrhunderte hinweg zusammen mit den weltlichen Konflikten wieder aufgebrochen. Als ein Instrument der Verständigung führte er die seit 1964 bestehende „Konferenz der europäischen Kirchen“ an. Der Bischof verwies auf das Leitbild dieser kirchlichen Unionsbemühungen innerhalb Europas: die Einheit in versöhnter Verschiedenheit. Die gleichberechtigte Mitbestimmung auf Augenhöhe, gerade auch der vielen europäischen Regionen, könne ein Schlüssel zur politischen Einigung Europas sein, so Magaard.

McAllister: Als Europäische Union den Herausforderungen der Zeit begegnen

Der Europapolitiker David McAllister skizzierte in seinem Vortrag die aktuellen Herausforderungen, vor denen die Europäische Union stehe. So stellten der Austritt des Vereinigte Königreiches und die Themen „Flucht und Migration“ die europäische Partnerschaft und Solidarität weiterhin auf eine Probe. „Wachstum und Beschäftigung kommen zwar in Europa wieder besser in Schwung, die Folgen der Wirtschaftskrise sind aber noch nicht vollständig überwunden und die Jugendarbeitslosigkeit ist in Teilen Europas noch immer besorgniserregend hoch. Terrorismus, Klimawandel und Digitalisierung bedürfen langfristiger internationaler Strategien“, so McAllister. Dies gelte besonders auch für Europa: „Nur wenn wir als Europäische Union geeint sind, können wir unsere Interessen und Werte wahren und den Herausforderungen unserer Zeit begegnen."

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