Zukunftsprozess: Nordkirche arbeitet an neuen Wegen
18. September 2021
Unter dem Titel „Horizontehoch5” läuft in der Nordkirche derzeit ein Zukunftsprozess, den die Synode im Jahr 2019 angestoßen hat. Damit will sie vor dem Hintergrund einer schwieriger werdenden Finanzlage ihre Prioritäten neu bestimmen, um für die Menschen weiterhin auf vielfältige Art und Weise da zu sein.
Angesichts sich deutlich verändernder Rahmenbedingungen kirchlichen Handelns, schwindender Mitgliedszahlen und der damit auch schwieriger werdenden Finanzlage geht es darum, neue Wege zu finden, um weiterhin aktiv die kirchliche Perspektive in der Gesellschaft einzubringen.
Der Zukunftsprozess sieht zwei Beteiligungsphasen vor. Die erste, in der die Leitungsgremien, sowie weitere interne Fach – und Arbeitsgruppen beteiligt waren, ist inzwischen abgeschlossen. In dieser Phase hat die Nordkirche Impulse zu eigenen Weiterentwicklung gesammelt, verarbeitet und acht Handlungsfelder definiert. Die zweite Beteiligungsphase hat gerade begonnen.
Gut tausend Impulse wurden in der ersten Hälfte dieses Jahres gesichtet, gebündelt und ausgewertet. Doch nun ist es geschafft: Die Koordinierungsgruppe des Zukunftsprozesses unter der Leitung von Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt hat als Ergebnis dieser ersten Befragungsphase acht Handlungsfelder definiert. An diesen soll in den kommenden Monaten besonders intensiv weitergearbeitet werden. Sie lauten:
- Kirchliche Präsenz und Relevanz in Sozialraum und Gesellschaft unterstützen
- Zugänge eröffnen
- Zusammenarbeit und ihre Steuerung neu profilieren
- Multiprofessionelles arbeiten stärken
- Finanzverteilung anpassen und nachhaltig wirtschaften
- Verwaltung ressourcenschonend aufstellen und Regulation verschlanken
- Beteiligung wirksamer gestalten
- Digitalisierung energisch vorantreiben
Jedes Handlungsfeld enthält mehrere Arbeitsthemen, in denen die Fragestellungen und Ideen konkretisiert werden. Dies ist die zweite Beteiligungsphase, in der die Formate für die Bearbeitung vom Workshop mit Fachleuten bis hin zur offenen Online-Beteiligung reichen, an der sich in einem nächsten Schritt alle kirchlich Interessierte einbringen können.
Die Ergebnisse des Gesamtprozesses sollen bis zum 10-jährigen Jubiläum der Nordkirche an Pfingsten 2022 vorliegen, um sie danach umsetzen zu können.
„Ohne Scheuklappen Unangenehmes thematisieren”
Zu den Ergebnissen der Beteiligungsphase und dem aktuellen Arbeitsstand hat die Redaktion der Nordkirche drei Mitglieder der Koordinierungsgruppe befragt: Malte Schlünz, Synodaler und Mitglied der Kirchenleitung, ist zuständig für den Themenbereich "Digitalisierung energisch vorantreiben", Dr. Kai Greve, ebenfalls Synodaler der Nordkirche, bearbeitet die Thematik "Zugänge eröffnen". Propst Karl-Heinrich Melzer befasst sich mit dem Themenkomplex "Multiprofessionelles Arbeiten stärken".
nordkirche.de: Die Nordkirche hat in einer ersten Beteiligungsphase bereits viele Impulse zur eigenen Weiterentwicklung gesammelt. Was ist für Sie persönlich ein wichtiges Ergebnis dieser Phase?
Malte Schlünz: Mich hat beeindruckt, wie viele Menschen an diesem Prozess interessiert sind und gerne ihren Anregungen mit uns teilen wollten. In dem Themenfeld "Digitalisierung energisch vorantreiben" für welches ich der Pate bin, halte ich für ein wichtiges Ergebnis der ersten Beteiligungsphase, dass an vielen Stellen auf allen Ebenen unserer Nordkirche viel passiert und dies viele unserer Arbeitsfelder wie unter anderem Verkündigung, Seelsorge aber auch Verwaltung betrifft.
Da diese Aktivitäten aber bisher oft unabhängig vorangetrieben wurden, können wir die Digitalisierung nicht energisch genug vorantreiben, Synergien nicht genug nutzen und nicht genug voneinander lernen.

Dr. Kai Greve: Die Bereitschaft, ohne Scheuklappen auch Unangenehmes zu denken.
Karl-Heinrich Melzer: Das Thema der notwendigen Veränderungen ist in unserer Kirche „angekommen”, es wird damit zugleich zum je eigenen Thema und – das ist ganz wunderbar: Es wird häufig in einer sehr produktiven Weise umgesetzt.
Es geht darum, Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen
nordkirche.de: Wenn Freunde Sie fragen, woran Sie derzeit konkret in der Koordinierungsgruppe bzw. Ihrer Themengruppe arbeiten, was sagen Sie dann?
Malte Schlünz: In „meinem” Themenfeld „Digitalisierung energisch vorantreiben” arbeiten wir an drei Strängen. Das ist zum einen das Herstellen einer grundsätzlichen Verständigung des Digitalisierungsbegriffs auf der Leitungsebene. Um darauf aufbauend dann die Themen der nordkirchlichen Digitalisierungsstrategie sowie der digitalen Verkündigung zu bearbeiten. Hierfür gilt es in verschiedenen Arbeitsgruppen und Beteiligungsformaten unter anderem Lessons Learnd aus der Adhoc Digitalisierung durch die Covid-19-Pandemie zu ziehen und für relevante Arbeitsfelder dann die aktuellen Bearbeitung dieser strukturiert weiterzuentwickeln.
„Vielfalt ist keine Notreaktion, sondern eine Chance”
Dr. Kai Greve: Unsere Kirche für und mit den Menschen als einen von vielen Playern zu akzeptieren und entsprechend aufzustellen.

Karl-Heinrich Melzer: Eine komplexe Gesellschaft braucht eine vielfältigere Verkündigung in Wort und Tat. 'Meine' Fachgruppe beschäftigt mit den unterschiedlichen Professionen und Fähigkeiten, die wir in unsere Kirche stärker als bisher fördern und in die kirchliche Arbeit einbinden sollten. Vielfalt ist eben keine Notreaktion auf die weniger werdenden Pastoren und Pastorinnen, sondern – positiv gewendet – eine Chance für uns als Kirche aus traditionellen Milieus herauszukommen.
nordkirche.de: Vervollständigen Sie bitte diesen Satz: Kirche ist zukunftsfähig, wenn...
Malte Schlünz: Sie sich dazu befähigt hat, auf die individuellen und auch digitalen Bedürfnisse ihrer Mitglieder und der Bevölkerung einzugehen und in den verschiedenen Lebenslagen unterstützend da zu sein.

Dr. Kai Greve: sie sich offen für Neues zeigt und entsprechend verhält.
Karl-Heinrich Melzer: Wenn sie an ihrem biblischen 'Markenkern' der Gottes- und Nächstenliebe festhält und gleichzeitig ist der Lage ist, diesen in den Alltag jedes Menschen zu übersetzen: Es geht um Dich!