Gebäude

Zwischen Denkmalschutz und neuer Nutzung: Wie Kirchen erhalten werden können

Der Schweriner Dom ist Teil des Residenzensembles der Landeshauptstadt und gehört - wie auch die Schelfkirche oder der Sitz der Landesbischöfin in der Münzstraße - seit Juli 2024 zum Unesco-Welterbe.
Der Schweriner Dom ist Teil des Residenzensembles der Landeshauptstadt und gehört - wie auch die Schelfkirche oder der Sitz der Landesbischöfin in der Münzstraße - seit Juli 2024 zum Unesco-Welterbe.© Backslash (Eigenes Werk, Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0)

25. Juli 2024 von Nadine Heggen, Julia Krause, Claudia Ebeling

Kirchen prägen unsere Dörfer und Städte. Sie sind oft viele Jahrhunderte alt und gehören zum kulturellen Erbe - manchmal sogar zum Unesco-Welterbe. Auch wenn Kirchen für Gottesdienste immer weniger besucht werden - für die Menschen vor Ort sind sie wichtig. Ihr Erhalt ist eine Verpflichtung und auch eine anspruchsvolle Aufgabe. Lesen Sie hier, wie die Gebäude als Kultur- und Gemeinschaftsorte erhalten werden können.

So schön sie meistens sind: Der Erhalt der Kirchen und Kapellen unserer Kirche ist aufwändig. Rund 2.400 dieser Gebäude gibt es in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg. Etwa die Hälfte davon stehen unter Denkmalschutz, in Mecklenburg-Vorpommern sind es sogar über 90 Prozent. 

Bauliche Sanierung ist nötig

An vielen nagt der Zahn der Zeit. Bei neun Kirchen sind die baulichen Mängel so groß, dass sie schließen mussten. Fünf stehen in Mecklenburg-Vorpommern, vier in Schleswig-Holstein.

St.-Nikolai-Kirche Kotzenbüll
Die St.-Nikolai-Kirche in Kotzenbüll ist eine von 16 bauhistorisch wertvollen Kirchen auf der Nordsee-Halbinsel Eiderstedt. Ob auch sie saniert wird, ist noch offen.© ES01/, CC-BY-SA-3.0/Wikimedia Commons

Ein paar werden nach einer Sanierung wieder öffnen. Dazu gehört etwa die St. Georg-Kirche in Oeversee im Kirchenkreis Schleswig-Flensburg. Die fast 1.000 Jahre alte Kirche wurde Anfang April geschlossen, weil der Dachstuhl drohte einzustürzen. In den kommenden Monaten soll er stabilisiert werden.

Finanzierung ist großes Problem

Für andere ist bislang noch keine Lösung in Sicht, weil die Finanzierung der beschädigten Gebäude noch nicht gesichert ist.

Dazu zählen etwa die Feldsteinkirche in Papendorf und die Kirche in Kessin in der Gemeinde Grapzow.  In Kessin ist die Kirchengemeinde inzwischen bereit, sich von dem Gebäude zu trennen, wenn es einen Interessenten für eine alternative Nutzung gibt. 

Hintergrund: Kirchen und Klimaschutz

Mit rund 80% der Emissionen verursachen Gebäude den Löwenanteil des Treibhausgas-Ausstoßes der Nordkirche. Vor allem die Beheizung mit Heizöl und Erdgas treibt die Treibhausgas-Bilanz nach oben. Doch Analysen zeigen, dass der Verbrauch stetig sinkt.

Bis 2027 will die Nordkirche den Energieverbrauch ihrer Gebäude um 30 Prozent senken und die Hälfte des Energiebedarfs aus erneuerbarer Energie decken. Bis 2035 soll der Energiebedarf um weitere 20 Prozent sinken und die vollständige Umstellung auf klimafreundliche Energiequellen erreicht sein. Wie das gelingt, können Sie auf unserem Klimaportal recherchieren.

Es gibt viele Überlegungen für den Erhalt von Kirchen. Die Szenarien dafür sind ganz unterschiedlich: 

Option 1: Alternative Nutzung für Begegnung und Kultur

Eine Möglichkeit ist es, entwidmete Kirchen und frühere Gemeindegebäude zu Gemeinschaftszentren umzubauen, die nicht nur von der Kirche, sondern auch von kommunalen Einrichtungen und Vereinen genutzt werden.

So geschehen ist es etwa in Lichtenhagen-Dorf: Dort wurde die alte Pfarrscheune erst energetisch saniert und dann für größere Nutzergruppen geöffnet. 

Pfarrscheune in Lichtenhagen Dorf© Kirchengemeinde Lichtenhagen Dorf

Neben einem Saal und Foyer gibt es auch eine Küche und Werkstatt sowie rollstuhlgerechte Wohnungen, die privat gemietet werden können. Kirchliche und diakonische Einrichtungen müssen für die Nutzung der Räume weniger Gebühren zahlen. 

Seit einiger Zeit werden immer mehr der oft verwaisten Dorfkirchen auch zu Orten der Begegnung, der Kultur oder Kunst: Ob in Schleswig-Holstein, Mecklenburg oder Pommern – überall öffnen Dorfkirchen ihre Portale für Musik, Kunst und Kultur und bleiben so als Orte der Begegnung auf dem Lande präsent.

Option 2: Ökumenische Perspektive

Ansprechperson für Kirchen und Gemeinden einer anderen Konfession ist die Ökumenebeauftragte der Nordkirche und Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Hamburg.

Vor allem im städtischen Bereich können Kirchgebäude auch an andere christliche Gemeinschaften abgegeben und im Sinne der Ökumene mit neuen Leben gefüllt werden. In der Nordkirche gibt es mehrere Gotteshäuser, die an orthodoxe Gemeinden abgetreten wurden.

In Hamburg wurde in diesem Jahr etwa die serbisch-orthodoxe Kirche des Heiligen Erzengels Michael in Hamburg-Eilbek eingeweiht.

Außenansicht Serbisch Orthodoxe Kirche in Hamburg
Blick auf die Serbisch-Orthodoxe Kirche des Heiligen Erzengels Michael in Hamburg. Das 2024 feierlich eingeweihte Gotteshaus im Stadtteil Eilbek war einst eine evangelisch-lutherische Kirche, bevor es der serbisch-orthodoxen Kirche übergeben und dann 13 Jahre lang umgestaltet und renoviert wurde.

Sie war früher ein Haus der evangelisch-lutherischen Nordkirche. Heute dient sie rund 10.000 serbisch-orthodoxen Gläubigen zwischen Flensburg und Soltau als zentraler Bet- und Versammlungsort. 

Option 3: Fördervereine und Stiftungsgründung 

Ganz ohne Übergabe an Dritte funktioniert der Erhalt über spendenfinanzierte Projekte wie Fördervereine und Stiftungen: Bei dieser Lösung bleiben die Kirchen geweiht und im Besitz der Nordkirche. Ihre meist sehr aufwendige und teure Renovierung wird jedoch zum Teil über externe Geldgeber finanziert. Das Fundraising läuft also über eigens dafür gegründete Stiftungen, Freundeskreise oder Vereine. 

Hintergrund: Fördervereine in der Nordkirche

Zum Erhalt der vielen denkmalgeschützen Kirchen und Gebäude haben sich im Laufe der Zeit hunderte Fördervereine in unserer Nordkirche gegründet. In ihnen engagieren sich zahlreiche Ehrenamtliche für ihre Kirchen.

Zum Dank für dieses große ehrenamtliche Engagement findet jährlich der „Tag der Fördervereine“ statt. In diesem Jahr kamen rund 150 Ehrenamtliche in Mirow zusammen. Unseren Bericht können Sie hier nachlesen.

Prominente Beispiele für das ehrenamtliche Engagement sind der Schleswiger Dom sowie die Lübecker Altstadtkirchen.

Stiftung für Lübecker Altstadtkirchen

Mehr erfahren über die Arbeit der Stiftung 7Türme+

Für den Erhalt letzterer setzt sich die kürzlich neu gegründete  "Stiftung 7Türme+" ein. Sie hat dafür sogar die Unterstützung von Altbundespräsident Joachim Gauck zugesichert bekommen, der sie als Schirmherr vertritt. 

Ziel der Stiftung ist es, pro Jahr rund 1,5 Millionen Euro zu sammeln, um die fünf Kirchen in der Altstadt Lübecks zu unterhalten. Aktuell stehen zusätzlich dringende Sanierungsprojekte in St. Marien und im Dom zu Lübeck an. Hierfür werden knapp sieben Millionen Euro benötigt.

Die St. Marienkirche in Lübeck
In der St. Marienkirche in Lübeck sind noch bis Mitte September Bilder zu sehen, die die Zerstörung der Synagogen thematisieren und damit nicht nur Kunst, sondern auch Mahnmal sind. © thorabeti, fotolia

Beteiligt sind derzeit der Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg, die Nordkirche, Lübecks Innenstadtgemeinden sowie auch das Land Schleswig-Holstein.

Kirchenkreis Mecklenburg prüft Gründung

Auch der Kirchenkreis Mecklenburg denkt derzeit über eine Stiftung nach, in die Gemeinden ihre Kirchengebäude, für die sie selbst keine sinnvolle Nutzung mehr sehen, abgeben können.

Eine Arbeitsgruppe beschäftige sich derzeit damit, wie eine Stiftung mit der Kirchengemeindeordnung zu vereinen sei und welche Rechtsform möglich wäre, heißt es vom Kirchenkreis.

Nationale Aufgabe: Kulturgut Kirche erhalten

Auch auf Bundesebene wird die Gründung von Stiftungen zum Erhalt von Kirchen diskutiert. Im Mai hatte ein Bündnis aus zehn Organisationen und Vereinen aus Baukultur, Forschung und Stiftungswesen die Petition „Kirchenmanifest“ veröffentlicht.

Kirchen und ihre Ausstattungen gehören zu den „wichtigsten Zeugnissen des Kulturerbes in Europa“, heißt es in dem Manifest, das inzwischen mehr als 18.000 Menschen unterzeichnet haben.

Hintergrund: Kirchen gehören zum Unesco-Welterbe

Mehr als Tausend UNESCO-Welterbestätten weltweit machen die Geschichte der Menschheit und des Planeten erlebbar. Mehr als 50 Natur- und Kulturerbestätten in Deutschland sind in die UNESCO-Welterbeliste eingeschrieben, die zuständigen Bundesländer haben die Pflicht, sie langfristig zu erhalten. Zu ihnen gehören auch Kirchen in Norddeutschland:

Veranstaltungen
Orte
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  • Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Flensburg-St. Johannis
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Gertrud zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien zu Flensburg
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Michael in Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Nikolai-Kirchengemeinde Flensburg
    • Ev.-Luth. St. Petrigemeinde in Flensburg
  • Hamburg
    • Ev.-Luth. Hauptkirche St. Katharinen
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    • Hauptkirche St. Nikolai
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    • Ev. Bugenhagengemeinde Greifswald Wieck-Eldena
    • Ev. Christus-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Johannes-Kirchengemeinde Greifswald
    • Ev. Kirchengemeinde St. Jacobi Greifswald
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    • Ev. Kirchengemeinde St. Nikolai Greifswald
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    • Dom zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Aegidien zu Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakobi Lübeck
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Marien in Lübeck
    • St. Petri zu Lübeck
  • Rostock
    • Ev.-Luth. Innenstadtgemeinde Rostock
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock Heiligen Geist
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Evershagen
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde Rostock-Lütten Klein
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Johannis Rostock
    • Ev.-Luth. Luther-St.-Andreas-Gemeinde Rostock
    • Kirche Warnemünde
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    • Ev.-Luth. Domgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Nikolai Schwerin
    • Ev.-Luth. Petrusgemeinde Schwerin
    • Ev.-Luth. Schloßkirchengemeinde Schwerin

Personen und Institutionen finden

EKD Info-Service

0800 5040 602

Montag bis Freitag von 9-18 Uhr kostenlos erreichbar - außer an bundesweiten Feiertagen

Sexualisierte Gewalt

0800 0220099

Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche.
Montags 9-11 Uhr und mittwochs 15-17 Uhr. Mehr unter kirche-gegen-sexualisierte-gewalt.de

Telefonseelsorge

0800 1110 111

0800 1110 222

Kostenfrei, bundesweit, täglich, rund um die Uhr. Online telefonseelsorge.de

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