Vom Bauwagen zum rollenden Jugendzentrum
07. Dezember 2020
Diakon Lars Engelbrecht ist als Jugendreferent in der Region zwischen Damgarten und Stralsund unterwegs. Um einen Raum für Gespräche, Unterlagen und Interaktives immer dabei zu haben, ist er seit März in einem Bauwagen unterwegs. Und der hat schon jetzt Kult-Potenzial.
Innendrin wirkt er gemütlich, nach außen hin hat er Wiedererkennungswert: Der Bauwagen, den Lars Engelbrecht für die mobile Jugendarbeit in Pommern nutzt. "Anfang März habe ich den Anhänger aus dem Werk in Dortmund abgeholt und das erste Mal darin mit den Kids eine Mahlzeit auf dem Gaskocher zubereitet“, erzählt Engelbrecht, während er die pfiffigen Einrichtungsideen vorführt.
Raum für Kreativität
Der Kocher ist in einer der Bank-Staukisten zu finden, ebenso das von Kirchengemeinden gespendete bruchsichere Geschirr. Ein Klapptisch, platzsparend an der Wand befestigt, verwandelt sich im heruntergeklappten Zustand je nach Wunsch in eine Theke oder in die Arbeitsplatte der Küche. Über eine Außensteckdose kann der Bauwagen mit Strom versorgt werden, etwa wenn er auf dem Hof eines Pfarrhauses Station macht oder vor einer Schule.
Ausreichend Brennholz für den Kamin ist in der Deichselkiste gebunkert. Was noch eingebaut oder umgebaut wird, werden die Kids mitentscheiden, sich einbringen, Ideen haben und umsetzen. "Es gibt noch viele Gestaltungsmöglichkeiten, der Wagen darf und soll noch wachsen, am besten gemeinsam mit den Jugendlichen."
Unkompliziert, offen, mitreißend
Lars Engelbrecht ist Diplom-Sozialarbeiter und -Pädagoge, Evangelischer Diakon und ein echter Allrounder. Als Musiker, Filmemacher, Puppenspieler oder Fotograf, als Kinderbuchautor oder Entertainer gibt es kaum etwas, was er nicht auf die Beine stellt. "Ich bin einfach eine Rampensau", sagt er mit einem breiten Grinsen. Seine ausufernde Kreativität und seine Art, offen auf Menschen zuzugehen, bringt er in die mobile Jugendarbeit ein.
Der blaue Bauwagen könne dabei zu einer Art Markenzeichen werden, wünscht sich Lars Engelbrecht. Die Idee entstand, weil er ein riesiges Gebiet verantwortet. Mit dem Bauwagen habe er stets alles dabei, was er brauche und könne zugleich kreativ arbeiten.
"Die Einsatzmöglichkeiten für den Bauwagen sind riesig", zeigt der Diakon sich begeistert. "Ob für die Teamer-Ausbildung, für Gruppenarbeit, für schulkooperative Arbeit – immer haben wir auf diese Weise einen eigenen Raum dabei." Er plane auch die Beteiligung an öffentlichen Veranstaltungen, den Einsatz als mobile Küche bei Freizeiten und die Nutzung als Besprechungsraum mit Ehrenamtlichen.
Basis für Aktivitäten im Freien
Zudem kann sich Engelbrecht die Präsenz des Bauwagens beispielsweise auf Kirchentagen, am MV-Tag, als bewegliche Basis für Zeltlager, Rad- oder Paddeltouren vorstellen, auch über die Propstei und den pommerschen Kirchenkreis hinaus.
Ein zentrales Anliegen ist es dem Diakon aber vor allem, verlässliche Anschlussangebote für Konfirmandinnen und Konfirmanden zu schaffen, damit sie auch nach der Konfirmation Ansprechpartner und auf sie zugeschnittene Angebote finden.
"Wir wollen mit dem Beginn des nächsten Jahres trotz der schwierigen Bedingungen in die regelmäßige Arbeit mit dem Bauwagen starten. Sozusagen in der Testphase machen wir anfangs ein offenes wöchentliches Angebot in Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde St. Bartholomäus Damgarten-Saal", so Lars Engelbrecht, der auch die sozial-diakonische Arbeit in den Plattenbausiedlungen der Region im Blick hat. Dabei kommen ihm seine Erfahrungen als Streetworker in Potsdam und Wismar zugute.
Die Finanzierung des Bauwagens lief hauptsächlich über Spenden: vom Verein Andere Zeiten, aus der Spendensammlung während eines Motorradgottesdienstes, von der Axel Springer Stiftung, von der Johannes-Bugenhagen-Stiftung sowie vom Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis. Anschaffung und Ausbau haben zusammen etwa 16.000 Euro gekostet.
Erste Station ist in Damgarten. Regelmäßig und verlässig soll der Bauwagen dort vor Ort sein. So plant der Jugenddiakon feste Zeitfenster, in denen der Wagen an ausgewählten Plätzen im Plattenbauviertel zu finden sein wird. "Die mobile Jugendarbeit war bisher immer Gast, mit dem Bauwagen können wir nun selbst Gastgebende sei", so Engelbrecht. "Wir haben jetzt ein rollendes Zuhause, das uns begleitet."
Von der Straße auf die Leinwand
Eins der nächsten Projekte plant der Jugendreferent gemeinsam mit dem Gemeindepädagogen Albrecht Stegen während der Winterferien. Unter dem Motto "Wo Menschen zu Engeln werden" wollen sie zusammen mit Jugendlichen bei Rettern und Helfenden vorbeischauen. Unter anderem sind Besuche bei der Seenotrettung und der Feuerwehr geplant.
Der blaue Bauwagen ist dann natürlich immer dabei. Aus diesen Besuchen wird ein kleiner Film für den Deutschen Evangelischen Kirchentag entstehen. "Ich habe viele Kontakte zu Filmschaffenden und kann auch Kirchengemeinden beraten, wenn sie beispielsweise professionellere Online-Angebote umsetzen wollen", so Lars Engelbrecht.