Bewegende Momente bei der Einführung von Bischöfin Nora Steen im Schleswiger Dom
05. November 2023
Gut gefüllte Stuhlreihen, Blumen, Kerzen und die festlichen Farben, mit denen die Kirche geschmückt war: Es war eine freudige Stimmung bei der Einführung von Nora Steen in ihr neues Amt als Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein der Nordkirche. Zahlreiche Gäste, Gläubige, Würdenträgerinnen und Würdenträgern kamen am 5. November 2023 zum Festgottesdienst in den Schleswiger St. Petri-Dom.
Nicht zuletzt die leuchtenden Augen von Nora Steen beim Einzug in die Kirche schienen den Innenraum des Domes zum Strahlen zu bringen. Auf zahlreichen Gesichtern der vielen Gottesdienstbesucherinnen und -besucher war die große Freude über die neue Bischöfin abzulesen.
Die Live-Übertragung des Gottesdienstes kann hier nachträglich angeschaut werden:
YouTube-Kanal der Nordkirche
Eindrucksvoll und abwechlsungsreich trugen die Gestaltung der Liturgie und die lebendigen Klänge der Kirchenmusik mit Band und Posaunen, Chor- und Gemeindeliedern zur freudigen Atmosphäre bei. Doch neben fröhlichem, humorvollen und ermutigenden Worten fanden auch mahnende Äußerungen fast aller Rednerinnen und Redner gegen Terror, Krieg, Gewalt, Antisemitismus und Spaltung der Gesellschaft ihren Platz in diesem Gottesdienst.
Voll Spannung wurde von der Gemeinde besonders der Moment der Einsegnung erwartet. Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt, Kolleginnen und Kollegen aus der Nordkirche wie auch aus Partnerkirchen aus dem In- und Ausland bildeten dabei einen Kreis um die neue Bischöfin, sprachen ihr Segenswünsche zu und gaben ihr so das Geleit in das neue Amt.
Nora Steen nahm mit besonderer Bewegung das Amtskreuz entgegen, das ihr von Ralf Meister, Landesbischof der Landeskirche Hannovers, gereicht wurde. Er hatte gemeinsam mit Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt die Einführungszeremonie geleitet und sagte:
Mit Nora Steen übernimmt eine Theologin das Bischofsamt in Schleswig, die Erfahrungen aus ganz unterschiedlichen Bereichen mitbringt:
Von der Arbeit im internationalen ökumenischen Kontext über die Organisation der Feierlichkeiten zum 1.000 jährigen Bestehen der UNESCO-Welterbekirche St. Michaelis in Hildesheim bis zum Gemeindepfarramt im ländlichen Bereich.
Von der Schulpastorin über das Wort-zum-Sonntag in der ARD, über das Auslandspfarramt in Portugal bis zur theologischen Leiterin in Breklum – bei all diesen Aufgaben hat es Nora Steen verstanden, zeitgemäße Formen von Kirche zu entwickeln und Menschen dafür zu begeistern. Für ihre neue Aufgabe als Bischöfin wünsche ich ihr Gottes Segen.
Mit Worten aus der Bibel kam Nora Steen in ihrer Predigt auf die terroristischen und dramatischen Geschehen in Israel, auf die wehrlosen und unschuldigen Opfer der Hamas, auf die zivilen Opfer in Gaza und nicht zuletzt auf die Leidtragenden der Sturmfluten in Schleswig-Holstein und stellte fest:
Die Schutzhaut der Zivilisation hat wieder einmal tiefe Risse erhalten. Im Vulkan der Menschlichkeit brodelt es.
Vor diesem Hintergrund ermutigte Bischöfin Steen dazu, den Blick zu weiten und auf das große Ganze zu richten.
Gott weist uns auf die große Dimension hin. Und sagt: Denke nicht zu klein. Verstrick dich nicht im Vordergründigen. Richte dein Augenmerk auf das große Ganze. Anders kann es nämlich nicht gehen, als in allem Gott das Vertrauen schenken, dass er es gut meint mit uns und dieser Welt und dass das große Schalom, dieser umfassende Friede, die Gerechtigkeit, die ALLE Menschen ins Recht setzt, möglich ist.
Was das konkret bedeuten kann: Wir haben im Hier und Heute dafür einzustehen, dass Gerechtigkeit und Frieden nicht nur Wörter bleiben. Wir müssen sie leben, weil Gott dort gegenwärtig ist, wo Menschen ins Recht gesetzt werden. Wo die Leidenden getröstet, wo die gesellschaftlich Unsichtbaren gesehen, wo den Gescheiterten eine neue Chance gegeben wird.
Wir haben uns an die Seite unserer jüdischen Geschwister zu stellen und dürfen nicht zulassen, dass die dünne Kruste der Zivilisation vollends zerreißt. Dafür braucht es uns alle. An je unseren Orten, in unseren Gemeinden – ob jüdisch, islamische oder christlich – und mit je unseren Möglichkeiten. Steht auf. Sagt NEIN zu Polarisierungen, Hass und Gewalt.
Wo dein Schatz ist, ist auch dein Herz – der radikale Perspektivwechsel hin zu dem, worum es wirklich geht, ist dran. Weil Gottes Gerechtigkeit niemals zu haben ist, ohne dass wir unsere eigenen Bilder und Vorstellungen loslassen, ohne dass wir unseren Alltagssorgen die Dominanz über das große Ganze verbieten."
Als Moderatorin und Moderator leiteten Juliane Groß und Lukas Brinkmann vom Gottesdienst zu den Grußworten über, die dem Gottesdienst folgten.
Ulrike Hillmann, Präses der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, eröffnete mit großer Herzlichkeit diesen Teil der Festlichkeit. In ihrer Rolle als Präses hatte sie die Suche nach einer Nachfolge für Bischof Gothart Magaard eng begleitet und stellte fest:
Mit Nora Steen bekommen wir erstmalig eine Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein. Eine Bischöfin, die für die jüngere Generation in unserer Kirche steht, mit vielen Erfahrungen in übergemeindlichen und internationalen Kontexten – und die sich in Schleswig-Holstein zuhause fühlt.
Hoffnung schenken, Vertrauen stiften, Gemeinschaft möglich machen – das können Sie und das braucht unsere Gesellschaft und Demokratie. Und das braucht unsere Nordkirche, um weiter Kirche für die Menschen und Kirche der Menschen zu sein.
Die Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein, Karin Prien, machte deutlich, welche Hoffnungen sie mit der Wahl Nora Steens für die Nordkirche verbindet:
Ich freue mich für die Nordkirche, dass mit Bischöfin Nora Steen der Generationenwechsel gelungen ist. Sie beschreibt sich als ‚Anwältin der Jüngeren‘ und es ist diese Stimme, die auch in der Kirche zu hören sein sollte. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass junge Menschen weiterhin Teil der Kirche bleiben oder es werden. Denn Kirche trägt uns durch diese tief verunsichernden Zeiten und zeigt uns den Weg zu Toleranz und Zusammenhalt.
Zusammen mit der Kirchenleitung und dem Bischofsrat sei sie, so die Landesbischöfin, froh und dankbar, dass Nora Steen sich den Aufgaben im bischöflichen Dienst stelle:
Du übernimmst das Amt als Bischöfin im Sprengel in schwierigen Zeiten. Und ich bin froh und dankbar dafür, wie Du das tust: mit theologischer Kompetenz, einem breiten Horizont aus beruflichen wie persönlichen Erfahrungen in unterschiedlichen Kontexten, mit der Lust, zu experimentieren und wirklicher Freude daran, andere zu ermutigen, zu stärken, miteinander unterwegs zu sein auf dem Weg durch das Leben unter Gottes Segen – kurz: mit Glaubenszuversicht,
betonte Kristina Kühnbaum-Schmidt.
Dr. Dagmar Winter, Bischöfin von Huntingdon in der Diözese Ely der Church of England, musste ihr Teilnahme kurzfritig absagen. In ihrem Grußwort, das Ralf Meister an ihrer statt verlas, erinnerte sie an die Rolle der Kirche als Mittlerin der Versöhnung und Brückenbauerin zwischen Völkern und Kulturen:
Eine ganz wesentliche Rolle für das anglikanische Bischofsamt ist es, in einer bunt diversen Kirche “focus of unity” zu sein. Also bei aller Wertschätzung der Diversität daran zu erinnern, was uns verbindet, damit nicht ein nur auf sich selbst bezogener Individualismus das letzte Wort hat, sondern der Leib Christi, dessen verschiedenste Glieder wir alle sind, und der uns in tiefer Solidarität zusammenfügt. In diesen Tagen ist es leider wieder wichtiger denn je. Krieg in Europa, Krieg in Nahost. Unsägliches Leiden, Haß und Traumatisierung stauen sich an.
Sie erinnerte in ihrer Rede daran, dass das Fundamenent für ein ehrliches und liebevolles Leben die Praxis der Spritiualität sein, die uns von allem menschlichen Irrsinn befreien könne.
Diese Spiritualität halte uns Bischöfinnen und Bischöfe frisch, um innerhalb und außerhalb der Kirche Botschafter an Christi statt sein zu können.
Marianne Christiansen, Bischöfin im dänischen Stift Haderleben, erzählte in ihrem Grußwort davon, wie Nora Steen in der Vergangenheit zur Zusammenarbeit in der Grenzregion beigetragen hat:
In der gegenwärtigen Zeit erkennen wir, wie viel wir in unserem gemeinsamen Leben als evangelisch-lutherische Landeskirchen über Grenzen hinweg voneinander haben und voneinander lernen müssen.
Wir kennen deine freundliche Ausstrahlung, dein wahrhaft evangelisches Engagement, deine Fürsorge für andere und deine große Fähigkeit, viele Dinge gleichzeitig zu bewerkstelligen. Nun freuen wir uns darauf, die Wanderung mit dir fortzusetzen.
Mit guten Wünschen wandt sich Horst Eberlein, Weihbischof des Erzbistums Hamburg, an Bischöfin Nora Steen und beschloss damit den Reigen der Grußworte:
Das sei mein Wunsch: Dass es aufleuchte, dass es aufleuchte, auch wenn es mal finster ist. Dass Jesus, mit dem wir und für den wir unterwegs sind, Ihnen und den Menschen an Ihrer Seite leuchte. Ich wünsche Ihnen Gottes Segen!
Für alle Gäste und Mitwirkenden ging es anschließend zu einem Empfang in die dänische A. P. Møller Schule, wo die Einführung bei einem gemeinsamen Imbiss, Musik und weiteren Grußworten ausklang.