30 Jahre nach Anschlägen in Rostock-Lichtenhagen

Bischof Jeremias: „Es ist unsere Aufgabe für Geflüchtete und ihre Rechte einzutreten“

Bischof Tilman Jeremias eröffnet die Infomobil-Tour der kirchlichen Flüchtlingsbeauftragten.
Bischof Tilman Jeremias eröffnet die Infomobil-Tour der kirchlichen Flüchtlingsbeauftragten.© Marcelo Hernandez, Nordkirche

22. August 2022

Die Flüchtlingsbeauftragten der Nordkirche werden anlässlich des 30. Jahrestags der rassistischen Anschläge in Rostock-Lichtenhagen eine Infomobil-Tour starten, um Bürger und Entscheidungsträger für das Thema Menschenrechte zu sensibilisieren. Eröffnet wird die Aktion am 25. August durch Bischof Tilman Jeremias im Vorfeld der offiziellen Feierstunde im Rostocker Rathaus mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

„Die Humanität Europas hängt massiv daran, wie unser Kontinent mit geflüchteten Menschen umgeht!“, sagte Bischof Jeremias im Vorfeld der Tour mit dem Titel „Menschenrechte auf der Flucht“ mit einem Infomobil durch insgesamt neun Stationen auf dem Gebiet der Nordkirche.

Blick für alle, die in ungewisse Zukunft aufbrechen

Weiter sagte er: „Schon der Prophet Jesaja kennt vor über 2500 Jahren die Not geflüchteter Menschen und schärfte den Glaubenden in Israel ein, für sie da zu sein. In Zeiten millionenfacher Fluchtbewegungen auf unserer Erde, vor Krieg, Hunger oder Klimafolgen, ist es gut, die Menschenrechte derer in den Blick zu nehmen, die alles verlassen mussten und auf gefährlichen Routen unterwegs sind in eine völlig ungewisse Zukunft.“

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An diesen Stationen wird das Infomobil Halt machen.© Michael Krüger/Büro der Flüchtlingsbeauftragten der Nordkirche

An Bord des Busses ist die Plakat-Ausstellung „Grenzerfahrungen“ der Organisation Pro Asyl, die auf 16 Einzelplakaten zeigt, wie in der Politik der Europäischen Union die Abweisung von Flüchtlingen, die Abschottung der Außengrenzen sowie die militärischen und geopolitischen Interessen ineinandergreifen. Außerdem werden die Flüchtlingsbeauftragten der Landeskirche und der jeweiligen Kirchenkreise für Gespräche und Informationen bereit stehen.

Solidarität zeigen und Diskriminiering entgegentreten

Gemeinsame Veranstaltungen mit lokalen Akteurinnen und Akteuren sind ebenfalls geplant. Außerdem können Produkte aus der ökumenischen Werkstatt für Geflüchtete in Thessaloniki in Griechenland, „Naomi“, erworben werden.  

„Das Thema Flucht ist zurzeit doppelt präsent: Die Solidarität mit vor dem Krieg in der Ukraine Fliehenden ist groß. Geflüchtete aus anderen Ländern sind oft schon auf ihrer Flucht Willkür, Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Der Zugang zu den eigenen Rechten wird Vielen verwehrt. Dabei sind Menschenrechte unbedingt und unteilbar“, erläuterte Dietlind Jochims, Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche die Tour.

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Dietlind Jochims, Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche© Lena Modrow

Die Bustour startet am 25. August um 14 Uhr am Rostocker Rathausplatz und endet am 30. September, dem Tag des Flüchtlings.

Gemeinschaftsprojekt für mehr Gerechtigkeit

„Menschenrechte auf der Flucht“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der nordkirchlichen Flüchtlingsbeauftragten, das Informationen zum politisch-ethischen Gerechtigkeits-Diskurs beitragen soll. Außerdem wird auf die Bildungsarbeit zu den Themen Flucht, Asyl und Menschenrechte hingewiesen sowie auf den kirchlichen Auftrag, Geflüchtete zu begleiten und Kirchenasyle zu betreuen.

Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, die Ausstellung Grenz-Erfahrungen von Pro Asyl zu besuchen. 

Hintergrund zu den Anschlägen

Am 24. August 1992 belagerten Hunderte Jugendliche und Erwachsene das „Sonnenblumenhaus“ im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen. Aus der Menge heraus wurden Steine und Brandsätze geworfen.

Etwa 150 Menschen konnten sich nur durch Flucht auf das Dach des Hauses vor dem Feuer retten, darunter 120 Vietnamesen, ein ZDF-Team und einige Rostocker. Dies war der traurige Höhepunkt der vom 22. bis 26. August 1992 andauernden ausländerfeindlichen Krawalle vor der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber im „Sonnenblumenhaus“ und dem benachbarten Wohnheim für Vietnamesen.

Zahlreiche Projekte und Aktivitäten von Migrantenorganisationen und anderen Organisationen der Zivilgesellschaft erinnern bereits seit Februar an diese Ausschreitungen.

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