Sterbehilfe

Diakonie und Kirche fordern Suizidpräventionsgesetz

Schwerstkranke Menschen müssen bessere Hilfsangebote bekommen, sind sich EKD und Diakonie einig. Sie wollen Suizidwünschen vorbeugen.
Schwerstkranke Menschen müssen bessere Hilfsangebote bekommen, sind sich EKD und Diakonie einig. Sie wollen Suizidwünschen vorbeugen. © Unsplash

18. Mai 2022

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Diakonie Deutschland fordern vor einer gesetzlichen Neuregelung des assistierten Suizids die Verabschiedung eines Suizidpräventions-Gesetzes. Dabei gehe es darum, Schwerkranken Alternativen aufzuzeigen ohne ihr Selbstbestimmungsrecht infrage zu stellen, so EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus.

„Suizid-Prävention muss allem anderen vorgehen. Menschen, die für sich keinen anderen Ausweg mehr sehen, und ihre An- und Zugehörigen dürfen wir nicht sich selbst überlassen“, betont Kurschus. Die Kirche habe die Aufgabe sie zu begleiten.

Frühzeitige Hilfe bei schwerer Erkrankung

„Wir müssen schon viel früher ansetzen, wenn Menschen in einer für sie unerträglichen Lebenslage oder bei einer schweren Erkrankung einen Suizidwunsch äußern. Dies müssen wir schärfer wahrnehmen und Menschen in suizidalen Krisen frühzeitig helfen und sie professionell unterstützen“, erklärt die EKD-Ratsvorsitzende. 

Auch Diakonie-Präsident Ulrich Lilie bestärkt den Präventionsansatz. Es brauche ein breites Netz von leistungsfähigen Präventions- und Krisendiensten. Außerdem müssten mehr psychotherapeutische und psychosoziale Angebote geschaffen werden. „Dies gilt insbesondere für Jugendliche und ältere Menschen“, sagt er. 

Raus aus der Isolation

Diakonie und Kirche sprechen sich dafür aus, dass bestehende Angebote ausgebaut werden, die speziell auf die soziale Teilhabe älterer Menschen zugeschnitten sind. Sie wollen damit  sozialer Isolation und Einsamkeit entgegenwirken.

Darüber hinaus müsse es die Möglichkeit geben, ein individuelles ganzheitliches Beratungsangebot zur gesundheitlichen Versorgung in der letzten Lebensphase in Anspruch zu nehmen. Das dürfe nicht nur für Menschen gelten, die in Einrichtungen leben, betonen Diakonie und EKD. Ein weiterer zentraler Punkt zur wirkungsvollen Suizid-Prävention ist der Ausbau der Palliativversorgung.

Bundestag muss noch beraten 

Zur Neuregelung des assistierten Suizids liegen dem Bundestag bislang drei interfraktionelle Gesetzesvorschläge vor. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar 2020 das Selbstbestimmungsrecht der Einzelnen in Bezug auf das eigene Sterben gestärkt und den Gesetzgeber aufgefordert, tätig zu werden. 
 
Neben dem Ausbau der Beratungs- und Hilfsangebote für Schwerstkranke fordern Diakonie und Kirche das gleiche auch für deren Angehörige und die Mitarbeitenden in der Pflege. „An dieser Stelle hat jeder der drei bisher im Bundestag vorliegenden Gesetzentwürfe zur Neuregelung des assistierten Suizids große Lücken“, so Diakonie-Präsident Lilie. 

Kirche plädiert für Fristen

Darüber hinaus müsse den Betroffenen ausreichend Bedenkzeit in Form von gesetzlichen Fristen gegeben werden. „Gute Beratung braucht auch Zeit, um wirksam werden zu können. Ein Verlauf von mindestens acht Wochen muss abgewartet werden. Anderes kann allenfalls bei terminaler Diagnose gelten“, sind sich Lilie und Kurschus einig. 

Hintergrund

Das parlamentarische Verfahren wird begleitet durch eine zivilgesellschaftliche Debatte, an der sich die Diakonie und die Kirchen beteiligen. Dazu hat die Diakonie 2020 einen innerverbandlichen Diskussionsprozess gestartet. Dabei ist eine Orientierungshilfe zum assistierten Suizid entstanden, die sich an die diakonischen Einrichtungen und Dienste richtet.

Die Orientierungshilfe und die Forderungen von evangelischer Kirche und Diakonie werden in dieser Woche den Politikerinnen und Politikern vorgestellt.

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