Diakonie: Wir dürfen Menschen mit Behinderung nicht vom Arbeitsmarkt ausschließen
03. Mai 2024
Am 5. Mai ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Denn in vielen Bereichen haben sie nach wie vor keine Chancengleichheit. Die Diakonie SH bemängelt, dass Menschen mit Beeinträchtigungen vor allem im Arbeitsleben benachteiligt sind.
Damit Menschen mit Behinderungen bessere Berufsaussichten bekommen, müssten sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Dienst die Rahmenbedingungen verändert werden, betont die Diakonie Schleswig-Holstein.
Werkstätten zeigen, wie Barrieren abgebaut werden
Lernen könnten Betriebe etwa von den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen. Diese verfügten über Kenntnisse, wie Arbeitsplätze barrierefrei gestaltet und Beschäftigte begleitet werden sollten.
Ein Beispiel für die Zusammenarbeit von Werkstätten und freiem Arbeitsmarkt ist die Stiftung Mensch in Meldorf. Der Träger mehrere Werkstätten hat im Kreis Dithmarschen mit 31 Unternehmen die „Soziale Allianz“ gebildet, um inklusive Arbeitsplätze zu schaffen.
Bislang sind Menschen mit Beeinträchtigungen überdurchschnittlich oft von Arbeitslosigkeit betroffen: Laut Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit lag 2022 in Schleswig-Holstein der Anteil der Langzeitarbeitslosen unter den Arbeitssuchenden mit Behinderungen bei rund 43 Prozent. Der Vergleichswert bei Menschen ohne Behinderung liegt bei 34 Prozent.
Viele Unternehmen zahlen lieber Ausgleichsabgabe
Von den 6.000 Unternehmen in Schleswig-Holstein, die dazu verpflichtet sind, je nach Größe einen bestimmten Prozentsatz an Menschen mit Behinderungen einzustellen, sind dieser Pflicht nur knapp 42 Prozent vollständig und knapp 33 Prozent teilweise nachkommen.
Jedes vierte Unternehmen, beschäftigt gar keinen Menschen mit Behinderungen, sondern zahlt lieber die Ausgleichsabgabe in Höhe von monatlich bis zu 740 Euro pro Arbeitsplatz.
"Einen Ausschluss dürfen wir uns als Gesellschaft nicht leisten"
„Arbeit ist ein wesentlicher Bereich für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Hier können wir einer Tätigkeit nachgehen, die uns ausfüllt und unsere Existenz sichert“, sagt Landespastor und Diakonievorstand Heiko Naß.
Dass Menschen mit Behinderungen in hoher Zahl davon ausgeschlossen sind, können und dürfen wir uns alles Gesellschaft nicht mehr leisten! Viele haben anerkannte Qualifikationen, von denen Unternehmen gerade auch in Zeiten des Fachkräftemangels profitieren könnten. Heiko Naß, Diakoniepastor
Das Problem lasse sich nicht mit einer Ausgleichsabgabe lösen, sondern nur mit dem konsequenten Abbau von Barrieren, einer zielgerichteten Förderung der Unternehmen sowie verlässlichen Unterstützungsangeboten für die Beschäftigten mit Behinderungen.
Auch die Diakonie Mecklenburg-Vorpommern mahnt an, dass die Inklusion im Land viel entschiedener vorangebracht werden muss.
„Seit 2018 haben Menschen mit Behinderung einen Anspruch auf eine individuelle Bedarfsermittlung. Das Problem: Auch knapp sechs Jahre nach Einführung sind die Bedarfe der Menschen mit Behinderung in MV noch immer nicht vollständig ermittelt und die Landesregierung hat keine belastbaren Zahlen, wie weit diese Entwicklung überhaupt ist“, schreibt sie in einer Pressemitteilung.
In Mecklenburg-Vorpommern werden die Bedarfe mit der Integrierten Teilhabeplanung (ITP) ermittelt. Das heißt, jeder Mensch mit Behinderung gibt vor, was er erreichen möchte und was er braucht, um am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können.
Die Landkreise und kreisfreien Kommunen haben die Aufgabe, diese Bedarfe zu erheben. Die Menschen mit Behinderung arbeiten daran als Expert:innen in eigener Sache aktiv mit.