Ein Netzwerk für Natur und Neues in Nordfriesland
03. Juli 2024
Und gleich scheint ein noch frischerer Wind zu wehen, wenn Claudia Hansen den Raum betritt. Das liegt nicht nur daran, dass unser Treffpunkt direkt am Deich liegt. Die Nordfriesin strahlt Energie aus und mit der organisiert die Leiterin der evangelischen Frauenarbeit auch das Sommerprogramm. Für einige Wochen im Sommer hat sie sich etwas Besonders einfallen lassen – eine Inspiration für Einheimische und Feriengäste.
Im Interview blickt Claudia Hansen auf die Frauen-Sommerkirche in Nordfriesland. In diesem Jahr hat die Veranstaltungsreihe zum ersten Mal stattgefunden. Die Frauen sind gewandert, haben sich über Natur und Artenvielfalt informiert und Vieles mehr gemeinsam ausprobiert. Ab August startet bereits ein neues Programm.
Sie laden Menschen ein, in die Natur zu gehen. Warum?
Claudia Hansen: Dieses Angebot in der Frauen-Sommerkirche ist aus der Idee heraus entstanden, dass ich bewusst in der langen Sommerpause Veranstaltungen des Frauenwerks anbieten wollte. Pilgern zur Hamburger Hallig, ein interreligiöses Treffen, das Mittsommerfest, Gottesdienste, ein Treffen mit ukrainischen Frauen und ein Malabend – also eine breite Spanne.
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Gemeinsam mit der Biologin Inga Hillig-Stöven, die für das Frauenwerk der Nordkirche das Projekt „Vielfalt wächst – Klimabewusstsein erden“, habe ich schon vorher Veranstaltungen gemacht. Es ging um Insekten und Artenvielfalt. Da wir das digital durchgeführt haben, wollten wir jetzt etwas vor Ort anbieten, entweder auf Eiderstedt oder hier im Beltringharder Koog, in einem der großen Vogelschutzgebiete in Nordfriesland.
Wen möchten Sie mit dem Angebot ansprechen?
Hansen: In erster Linie habe ich an die Menschen gedacht, die hier wohnen, aber auch Touristinnen und Touristen sind willkommen. Die erste Resonanz zeigt, dass es gut ankommt: "Das wollte ich schon immer mal machen, das ist super, dass ihr das anbietet", lautet der Tenor. Wir haben hier mit dem Wattenmeer ja wirklich einen der größten Naturschätze der Welt vor der Tür.
Sie bieten die Veranstaltungen in der Natur im Kontext der Kirche an. Wo liegt da die Verbindung?
Hansen: Der Kirche ist es immer um die Bewahrung der Schöpfung gegangen. Und wenn ich etwas bewahren will, muss ich wissen, um was es geht. Mir persönlich ist Spiritualität sehr wichtig. Einerseits treten immer mehr Menschen aus der Kirche aus, aber ich glaube, dass andererseits das Bedürfnis nach Spiritualität und Verbundensein ungebrochen ist. Ich denke, kein Mensch schafft es, auf das Meer zu blicken oder auf einem Berg zu stehen und zu sagen, es gibt nicht irgendetwas Größeres, wie auch immer das heißen mag.
Haben Frauen Ihrer Meinung nach eine besondere Rolle, wenn es um Artenschutz, Klimaschutz, Umwelt geht?
Hansen: Ich denke, grundsätzlich ist das nicht geschlechtsabhängig. Andererseits ist es häufig so, dass Frauen durch die Aufgabenteilung in den häuslichen Gemeinschaften eher einen Zugang zu diesen Themen haben. Aber grundsätzlich glaube ich, dass es von der einzelnen Person und nicht vom Geschlecht abhängt. Das Frauenwerk der Nordkirche appelliert beispielsweise: "Wenn ihr Gärten gestaltet, dann gestaltet sie möglichst so, dass sie naturnah sind, sodass mehr Insekten kommen!" Dazu geben wir dann Tipps.
Gibt es für Sie ein persönliches Erlebnis, das Ihre Einstellung zu Naturschutz und Artenvielfalt geprägt hat?
Hansen: Ich lese jeden Tag, wie viele Arten täglich aussterben. Ich möchte, dass meine Enkelin auch noch Tiere sehen kann, die ich gesehen habe. Dass sie das nicht nur aus Büchern lernen muss.
Sie haben auch den Perlengarten ganz in der Nähe ihres Büros auf dem Gelände des „Christian Jensen Kollegs“ in Breklum angelegt. Was hat es damit auf sich?
Den „Perlen des Glaubens Garten“ habe ich während der Corona-Pandemie im „Garten der Sinne“ angelegt. Es gibt noch immer eine Gruppe, die sich einmal im Monat dort trifft und in diesem Garten arbeitet. Da kommen immer wieder Fragen auf wie: Was lassen wir stehen, was lassen wir nicht stehen? Wir haben schon manches vermeintliche Unkraut einfach wachsen lassen. Unser Garten ist kein englischer Rasen, sondern er darf auch ein bisschen tun, was die Natur will. Uns ist dabei diese Botschaft wichtig: Ein Garten ist Natur, und das darf er auch zeigen.
Was ist die Idee hinter Ihrem gesamten Engagement für die Frauenarbeit?
Hansen: In der Frauenarbeit geht es mir darum, Begegnungsräume zu schaffen. Letztes Jahr hatte ich das Oberthema „Sisterhood“ gewählt. Schwesterlichkeit ist grundsätzlich mein Leitmotiv bei der Frauenarbeit. Wenn Frauen mich fragen „Kann ich mal kommen?“, sage ich: „Ja, natürlich – und wenn Sie einmal kommen, werden Sie nie wieder bei einer Veranstaltung sein, wo sie niemanden kennen.“ Und das stimmt. Das macht es Interessierten ganz leicht, mal etwas auszuprobieren. Ich erstelle Flyer, biete einen Newsletter an und begleite unsere Aktivitäten auf Instagram und eine Facebook.
Aber ich glaube, den meisten Zulauf habe ich über Mund-zu-Mund-Propaganda. Wir haben so viele WhatsApp-Gruppen, in denen die Frauen sich vernetzen. In Corona-Zeiten war das großartig, weil die sich verabredet haben zum Spazierengehen. Das war das Mittel der Wahl gegen Einsamkeit.
Auch ein Garten ist zum Beispiel ein Begegnungsraum. Ich glaube, man darf es nicht unterschätzen, dass häusliche Räume auch eine Begrenzung sind. Begegnungsräume in der Natur haben einfach so viel Weite in sich. Das öffnet im wahrsten Sinne des Wortes den Sinn für mehr Themen, mehr Herzen, mehr Kopf.
Wie war die Resonanz auf die Sommerkirche in diesem Jahr?
Hansen: Insgesamt wurden die Angebote unterschiedlich genutzt, einige waren sehr gut besucht, andere weniger. Wir wollten etwas ausprobieren und das ist gelungen. Es wurden neue Kontakte geknüpft, lockere und intensive Gespräche geführt, neue Erfahrungen ermöglicht. Ich bin dankbar für das Engagement der Ehrenamtlichen und die Pastorinnen haben sich über die gute Resonanz bei den Andachten und Gottesdiensten gefreut.