Ausbildung zur Prädikantin

Eine ehrenamtliche Kirchenfrau, die die richtigen Fragen stellt

Susanne Ewert absolviert derzeit die Prädikanten-Ausbildung. Ihr Ziel ist eine Kirche, die über die Kirchenmauern hinaus Wirkung hat.
Susanne Ewert absolviert derzeit die Prädikanten-Ausbildung. Ihr Ziel ist eine Kirche, die über die Kirchenmauern hinaus Wirkung hat. © Privat

19. Mai 2021 von Julia Krause

"Man muss bereits sein, seinen Glauben zu entwickeln", sagt Susanne Ewert. Die 58-Jährige aus Klein Nordende ist im Hauptberuf Projektmanagerin, daneben lässt sie sich gerade zur ehrenamtlichen Prädikantin, also Laienpredigerin, der Nordkirche ausbilden. Wie es dazu kam und warum Glauben für sie nichts Statisches ist, erzählt sie hier.

Die Kirche ist Susanne Ewert schon lange vertraut. Nur war der Glaube für sie nicht immer positiv besetzt. In der freikirchlichen Gemeinde, in der sie aufwuchs, verband sie ihn mit Strenge. "Das Bild des strafenden Gottes war noch allgegenwärtig", erklärt sie. Als Erwachsene nahm sie daher zunächst einmal Abstand von der Instituation Kirche. Glaubensfragen beschäftigten sie hingegen weiterhin. Nach der Geburt ihrer Tochter entschied sie sich, doch wieder am Gemeindeleben teilzuhaben.

Als ihre Tochter zusammen mit ihren Freunden in der Bugenhagen-Kirche in Klein Nordende konfirmiert werden wollte, "bin ich dann mit ihr zu den Gottesdiensten gegangen. Mich haben die Predigten unseres Pastors so angesprochen, dass ich dann dort geblieben bin", sagt Ssanne Ewert. 

Kritisch und reflektiert

In der Bugenhagen-Kirchengemeinde im Kirchenkreis Rantzau-Münsterdorf gilt sie heute nicht nur als sehr engagiert und gut vernetzt, sondern auch als kritischer Geist – im besten Sinne. "Sie stellt die richtigen Fragen", sagt Pastor Lars Därmann und es klingt fast ein wenig stolz.

Schon vor etwa fünf Jahren macht er ihr den Vorschlag, sich als Prädikantin fortbilden zu lassen. Sie gehörte zu einer Gruppe Gemeindemitglieder, die sich in einem Bibellesekurs zusammengefunden hatten. "Ein Jahr lang haben wir das Neue Testament gelesen. Jeden Tag ein Kapitel", erinnert sich Susanne Ewert. Dabei hatte die Gruppe so einen Spaß, dass sie beschloss, im Anschluss auch noch das Alte Testament zu lesen und zu diskutieren. Insgesamt waren die Teilnehmer drei Jahre beschäftigt – und Pastor Därmann so beeindruckt, dass er Susanne Ewert nahelegte, Laienpredigerin zu werden. 

Feedback hilft 

"Das fiel aber mit dem Bewerbungsschluss für das Ausbildungsmodul bei der Nordkirche zusammen", sagt sie. Der Zeitrahmen war so knapp, dass sie sich selbst noch zwei Jahre Bedenkzeit bis zum Start des nächsten Kursbeginns gab. Und die hat sich gelohnt: Inzwischen ist sie im dritten Ausbildungsjahr und so geübt in der Predigtgestaltung, dass sie sogar schon die Elternzeitvertretung für Pastor Därmann übernahm. 

"Für mich bedeutet diese Aufgabe, dass ich Fragen und Gedanken an die Gemeinde weitergeben kann", sagt sie. Gleichzeitig muss man selbst kritikfähig bleiben. Denn zur Ausbildung gehört auch, Feedback auszuhalten und umsetzen zu können. Bekommt sie keine Rückmeldung von der Gemeinde, fordert sie diese ihrem Pastor oder ihren Kurskolleginnen und -kollegen ein, so Ewert. Eine zentrale Frage dabei lautet: "Wird das, was ich predigte, so aufgefasst, wie ich es gemeint habe?" Und: "Kommen meine Gebete, meine Botschaften 'echt' rüber oder abgelesen?"

Für eine offene Kirche

Es klingt nach einer Aufgabe, die viel Disziplin erfordert – und viel Zeit. "Stimmt", sagt Susanne Ewert. Sie könne sich die Arbeitszeit in ihrem Hauptjob als Freiberuflerin zwar frei einteilen, doch ganz leicht alles unter einen Hut zu bekommen, sei es nicht. Allein die drei Ausbildungsmodule mit jeweils fünf bis sieben Wochenendkursen verlangen nach einer vorausschauenden Planung. Schließlich darf man nur einen verpassen, um am Ende noch bestehen zu können, erzählt Ewert, die sich auch außerhalb ihrer Kirchengemeinde ehrenamtlich engagiert. Warum sie sich dennoch für die Prädikanten-Ausbildung entschieden hat? "Ich möchte die Kirche nicht nur in der Kirche lassen, sondern sie rausbringen und den Glauben im Alltag leben", sagt sie. "Das treibt mich an." 

Ob eine Kurzandacht beim Dorflauf oder der Schnack beim Kirchenkaffee: Kirche soll offen sein, findet sie. Und sie soll die Hemmungen nehmen, sich an einem Diskurs zu beteiligen. 

Im kommenden Jahr wird Susanne Ewert von Bischof Magaard ordiniert. Im Anschluss werden sie und ihre Gemeinde aushandeln, wie oft sie auf der Kanzel stehen und die Arbeit des Gemeindepastors ergänzen wird. Für Pastor Därmann steht jetzt schon fest: "Susanne Ewert bringt tolle Ideen ein, kann diskutieren und ihre Meinung äußern. Sie tut der Gemeinde einfach gut." 

Prädikanten-Ausbildung in der Nordkirche

Die Ausbildung dauert drei Jahre, wobei die Bewerber nicht älter als 65 Jahre alt sein dürfen. Weitere Voraussetzung ist, dass sie  aktives Mitglied ihrer Gemeinde sind und der Kirchengemeinderat und die Pröpstin bzw. der Propst der Ausbildung zugestimmt haben. 

Im ersten Jahr der Ausbildung geht es um das Verstehen biblischer Texte und die Mitarbeit in Gottesdienst-Teams. Es können etwa schon Lesungen übernommen werden. Das zweite Modul befähigt zur liturgischen Gestaltung von Gottesdiensten mit Lesepredigt oder eigenen Gedankenanstößen. Zusätzlich setzen sich die Teilnehmenden mit Theologie und Praxis von Abendmahl und Taufe auseinander. Das dritte Modul bietet eine Einführung in das Predigen und ergänzende theologische Schwerpunkte. Im diesem Modul besuchen kleine Teams die Abschlussgottesdiente in den Gemeinden und lernen durch eine intensive Feedback-Kultur.

 

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