Eintrittsgelder für die Besichtigung von Kirchen sind bei Touristen unbeliebt
02. August 2013
Touristen, die die Lübecker Marienkirche besichtigen möchten, werden zur Kasse gebeten. "Unverschämt" finden das die einen. Für alternativlos halten es die anderen. Zwei Euro "Erhaltungsgebühr" sind pro erwachsenem Besucher fällig. Nicht jeder ist dazu bereit, der Besucheransturm auf die Kirche hat nachgelassen.
Wer am Eingang der evangelischen Lübecker Marienkirche hinter der Kasse sitzt, braucht ein dickes Fell. Diskussionen gibt es regelmäßig, seit die Stadtkirche, die als Mutterkirche der norddeutschen Backsteingotik gilt, 2010 den "Marientaler" einführte. Pastor Robert Pfeifer sieht es gelassen. Die Zeiten seien vorbei, in denen es in dem Gotteshaus mitunter "wie in einem Bienenkorb" zuging. Eine Alternative gebe es ohnehin nicht. "Der Erhalt unserer großen Kathedrale ist anders nicht zu leisten", sagt Pfeifer. Der Grund: Staatliche Zuschüsse für Baudenkmäler schrumpfen ebenso wie die Zahl der Kirchenmitglieder und damit die Kirchensteuereinnahmen.
Eintritt für den Meißner Dom gibt es seit mehr als 100 Jahren
St. Marien ist kein Einzelfall. Bundesweit verlangen eine ganze Reihe protestantischer Gotteshäuser Eintritt, etwa der Berliner Dom, die St. Nikolai-Kirche in Stralsund oder der Dom zu Meißen.
Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts legte der letzte sächsische König August III. per Erlass fest, dass für die Besichtigung des Meißner Doms Eintritt zu entrichten ist. Anders sei das Gotteshaus, das als Stiftskirche überdies nie eine eigene Gemeinde hatte, schon damals nicht zu erhalten gewesen, sagt Küster Thomas Andrich.
Wer den Meißner Dom indes zum Gebet aufsucht, dem steht die Allerheiligenkapelle kostenfrei zur Verfügung. Im Dom selbst komme wegen der vielen Besucher - rund 150.000 sind es pro Jahr - ohnehin keine Gebetsstimmung auf, meint der Küster.
Auch in der Lübecker Marienkirche müssen Besucher, die beten wollen, nichts bezahlen. Wer an der Kasse diesen Wunsch äußert, darf kostenlos passieren. Pfarrer Pfeifer vertraut auf die Ehrlichkeit der Leute.
"Der Marientaler ist für den Erhalt der Kirche alternativlos"
Die Erfahrungen mit dem "Marientaler" beschreibt Pfeifer nach drei Jahren als "durchwachsen". So sei die Hemmschwelle vieler Menschen, für ein Gebet um freien Eintritt zu bitten, zu hoch. "Manche kehren der Kirchentür lieber den Rücken", sagt er. Insgesamt kämen deutlich weniger Besucher in die Kirche. Dennoch ist der "Marientaler" für Pfeifer alternativlos. Rund 30 Cent zählte die Gemeinde früher pro Besucher in der Kollektenbüchse - zu wenig für das Gotteshaus.
In der evangelischen Kirche sind es vor allem bei Touristen beliebte Bauten, für die Eintritt verlangt wird. Alle übrigen Kirchen bleiben abseits von Gottesdiensten ohnehin meist geschlossen. Gegen ein Eintrittsgeld spricht aus protestantischer Sicht grundsätzlich nichts: Anders als bei den Katholiken ist eine Kirche kein geheiligter, besonderer Raum an sich.