„Gänsehautfeeling“ am Weltgebetstag
03. März 2023
Seit fast 30 Jahren organisiert und begleitet Claudia Niklas-Reeps, Referentin im Frauenwerk des Kirchenkreises Schleswig-Flensburg, den Weltgebetstag (WGT). Was der WGT der heute 54jährigen bedeutet und welche Erfahrungen sie damit gemacht hat, erzählt sie uns im Interview.
Antje Wendt: Was ist an dem WGT so besonders?
Claudia Niklas-Reeps: An jedem WGT beginnen morgens irgendwo in der Südsee die ersten Gottesdienste, die sich dann um die ganze Welt fortsetzen, so dass die Gebete und Lieder quasi einmal um die Welt ziehen. Eine Frau aus meinem Team meinte, dieser Gedanke wecke in ihr jedes Jahr auf´ s Neue ein „Gänsehautfeeling“. Und genau das ist es, was den WGT auch für mich so besonders macht.
Welche Aufgabe hast du als Organisatorin?
Mittlerweile besteht meine Aufgabe in der Fortbildung der ehrenamtlichen Multiplikatorinnen. Einige aus unserem Team und ich besuchen schon im Sommer die Vorbereitungswerkstätten auf Bundesebene. Die nächsten Schulungen sind dann üblicherweise im Herbst auf landeskirchlicher Ebene. Ab Januar finden sich dann die Vorbereitungsteams in den Kirchenkreisen und Gemeinden zusammen. Für die Organisatorinnen gilt also: „Nach dem WGT ist vor dem WGT.“
Was zeichnet den WGT aus?
Frauen aus unterschiedlichen Kirchengemeinden, mit unterschiedlichen Konfessionen, Talenten und Hintergründen und unterschiedlichen Alters bereiten zusammen einen Gottesdienst vor. Das sind Frauen, von denen du denkst, sie würden in einem anderen Kontext vermutlich nie miteinander über so lange Zeit aktiv zusammenarbeiten. Manchmal ist es nicht einfach, diese Frauen gut zusammen zu bringen, manchmal ist es ganz leicht. Auf jeden Fall kommen immer ganz wunderbare ökumenische Gottesdienste dabei heraus.
"Socken ausziehen, Füße waschen"
Welche Weltgebetstage hast du eindrücklich in Erinnerung?
Beim WGT 2015 stand die Fußwaschung aus dem Johannesevangelium im Mittelpunkt und mit ihr die Frage: „Begreift ihr meine Liebe?“. Er wurde vorbereitet von Christinnen der Bahamas. Da waren so viele Vorbehalte: Ich wasch doch nicht die Füße der anderen! Aber wir haben es gemacht: Socken ausziehen, Füße waschen.
Ist der WGT eine Inspiration für den Glauben?
Taiwan, von wo der WGT in diesem Jahr kommt, ist ein Land, das vielen politischen Spannungsfeldern ausgesetzt ist. „Glaube bewegt“ lautet das Motto der Christinnen aus Taiwan. Das Christentum bildet dort eine Minderheit. Die Bibelstelle dazu aus dem Brief des Paulus an die Epheser lautet: „Gott erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr wisst, zu welcher Hoffnung ihr berufen sei.“ Eigentlich lautet das Motto im Englischen: „I have heart about your faith“ – Ich habe von deinem Glauben gehört.
Beten verbindet
Das Motto inspirierte unsere Gedanken und Gespräch. So wurde uns in unseren Vorbereitungstreffen deutlich, dass wir viel zu selten von unserem Glauben hören, darüber reden: Was der Glaube einem bedeutet, dass er durch´ s Leben oder gerade durch Krisen trägt, dass das Beten verbindet. Der Glaube ist etwas sehr Persönliches geworden. Vielleicht wir haben es verlernt, uns zu trauen, wieder davon zu erzählen und dieses nicht nur in kirchlichem Kontext oder geschütztem Rahmen, denn „Glaube bewegt und trägt!“
Worin liegt die Kraft des WGT?
Das Kennenlernen anderer Länder und Kulturen durch den WGT weitet den Blick, eröffnet den Horizont. Darin und in der langen Tradition, die für viele ja auch schon eine persönliche Tradition geworden ist, steckt viel Kraft. Vielleicht ist das der Grund, warum viele Frauen, die einmal vom WGT gepackt wurden, nie wieder aufhören.