Nach Gewalttat von Brokstedt: Bundeskanzler Scholz und Regierungsvertreter in Neumünster

Hunderte bei Gedenkgottesdienst: "Große Anteilnahme macht Mut"

Hunderte Menschen kamen zum ökumenischen Gottesdienst am Sonntag (5.Februar 2023) für die Opfer, Verletzten und Angehörigen der Gewalttat in einer Regionalbahn bei Brokstedt in der Vicelinkirche am Kleinflecken in Neumünster. Unter Ihnen auch zahlreiche Politiker. (Foto: erste Reihe von li. nach re.: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD); Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg; Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein)
Hunderte Menschen kamen zum ökumenischen Gottesdienst am Sonntag (5.Februar 2023) für die Opfer, Verletzten und Angehörigen der Gewalttat in einer Regionalbahn bei Brokstedt in der Vicelinkirche am Kleinflecken in Neumünster. Unter Ihnen auch zahlreiche Politiker. (Foto: erste Reihe von li. nach re.: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD); Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg; Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein) © Marcus Brandt, dpa
Gedenkgottesdienst für die Opfer von Brokstedt
Gedenkgottesdienst für die Opfer von Brokstedt© Marco Heinen, Nordkirche
Gedenkgottesdienst für die Opfer von Brokstedt
Gedenkgottesdienst für die Opfer von Brokstedt© Marco Heinen, Nordkirche

05. Februar 2023 von Antje Wendt

Hunderte Menschen haben heute (5. Februar) in einem ökumenischen Gottesdienst in Neumünster gemeinsam getrauert. In einem bewegenden Gottesdienst haben Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt, Bischof Gothard Magaard (beide Nordkirche) und Erzbischof Stefan Heße (Erzbistum Hamburg) zusammen mit Familienangehörigen, Freunden, Rettungskräften, und zahlreichen Politikern der Opfer der Gewalttaten von Brokstedt gedacht. Unter den Teilnehmenden war auch Bundeskanzler Olaf Scholz.

Hier sind wir, Gott, beieinander und vor dir.
Wir bitten dich: Stell dich an unsere Seite.
Weine mit uns. Trauere mit uns.
Höre, wofür uns die Worte fehlen.
Umhülle uns mit deiner Liebe und Güte.
Tröste uns. Eröffne Hoffnung und Zukunft.
Schenke uns Frieden.
Amen.

Mit diesem Gebet eröffnete Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt den Gottesdienst in der Vicelinkirche und begrüßte die zahlreichen Anwesenden. 

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt begrüßte zum ökumenischen Gottesdienst und sprach ein Gebet.
Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt begrüßte zum ökumenischen Gottesdienst und sprach ein Gebet.© Marcus Brandt, dpa

Unter den Gästen waren Bundeskanzler Scholz, Ministerpräsident Daniel Günther und der Vorstand der Deutschen Bahn AG, Dr. Richard Lutz. Aus der Landespolitik nahmen unter anderem Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack, Sozialministerin Aminata Touré, Landwirtschaftsminister Werner Schwarz, Minister Dirk Schrödter sowie viele weitere Regierungsmitglieder und Landtagsabgeordnete teil. 

Neben zahlreichen Politiker:innen fanden sich vor allem auch die Familienangehörigen und Freunde der Opfer sowie Rettungskräfte in der Kirche ein.
Neben zahlreichen Politiker:innen fanden sich vor allem auch die Familienangehörigen und Freunde der Opfer sowie Rettungskräfte in der Kirche ein.© Marcus Brandt, dpa

Zum Gottesdienst eingeladen waren jedoch besonders die Menschen, die als Hilfs- und Ordnungskräfte am Unglück beteiligt waren. Daher waren viele in Feuerwehr- und Polizeiunformen, aber auch Rettungskräfte oder Angestellte der Deutschen Bahn unter den Gästen auszumachen.

Große Trauer und Betroffenheit

Jugendliche sowie Schülerinnen und Schüler und Lehrkäfte der Walther-Lehmkuhlschule gehörten ebenfalls zu den Gottesdienstbesuchern wie auch eine Gruppe von Ministranten, die gemeinsam mit den Geistlichen in die Kirche einzogen. So hatten sich die Reihen der insgesamt 800 Menschen fassenden Kirche am Sonntagmittag zunehmend gefüllt. Dabei zeichnete sich in den Gesichtern der Menschen ihre große Trauer und Betroffenheit ab. 

In seiner Predigt betonte Bischof Magaard, wie wichtig es sei, die Trauer miteinander zu teilen: 

Es ist wichtig und gut, dass wir heute hier zusammen sind. Um Halt und Trost zu suchen, unsere Klage im Gebet vor Gott zu bringen und unser Herz auszuschütten mit allem, was uns bewegt. Lasst uns heute gemeinsam traurig sein. Lasst uns gemeinsam hoffen, dass die Verletzten wieder heil werden. Lasst uns gemeinsam alles dafür tun, dass sich eine solche Tat nicht wiederholt. Lasst uns gemeinsam dafür einstehen, dass Liebe und Hoffnung stärker sind als Hass und Gewalt.

Gedenkgottesdienst für die Opfer von Brokstedt
Gedenkgottesdienst für die Opfer von Brokstedt© Marco Heinen, Nordkirche

Im Mittelpunkt des Gottesdienstes wurden sieben große Kerzen entzündet und dabei der Opfer, der Verletzten und den Angehörigen, der Helferinnen und Helfer sowie weiteren  Beteiligten und Betroffenen gedacht. Erzbischof Heße umrahmte diese Handlung mit einfühlsamen Worten und sagte: 

Dieser Gottesdienst lebt von den Zeichen. Denn das, was bei Brokstedt geschehen ist, überfordert und übersteigt unsere Vorstellung. Manchmal kann so eine brennende Kerze und gemeinsames Schweigen mehr Trost spenden als viele Worte.

Gedenkgottesdienst für die Opfer von Brokstedt
Gedenkgottesdienst für die Opfer von Brokstedt© Marco Heinen, Nordkirche

"Das gemeinsame Gebet und das gemeinsame Gedenken trägt uns. Wenn, wie heute, ein ganzes Land trauert, dann stärken wir uns auch gegenseitig. Eure Tränen sind unser aller Tränen, euer Schmerz schmerzt auch uns“, so Heße weiter und ergänzte: „Die große Anteilnahme ist überwältigend und macht Mut.“

Seyda Saricam, stellvertretende Vorsitzende der SCHURA (Islamische Religionsgemeinschaft Schleswig-Holstein e.V.), sprach beim ökumenischen Gottesdienst.
Seyda Saricam, stellvertretende Vorsitzende der SCHURA (Islamische Religionsgemeinschaft Schleswig-Holstein e.V.), sprach beim ökumenischen Gottesdienst.© Marcus Brandt, dpa

Mit einem Wunsch nach Frieden trugen außerdem  Şeyda Sarıçam von der Schura zum Gottesdienst bei. 

Seelsorge und Hilfetelefon

Das Land Schleswig-Holstein hat ein Hilfetelefon für die Betroffenen der Messerattacke in der Regionalbahn bei Brokstedt eingerichtet: Unter der Rufnummer für Betroffene erhalten Sie professionelle Unterstützung: 0800 0007554

Auch die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr unter den Nummern 0800 1110111 und 0800 1110222 und online zu erreichen. 

Hintergrund

Am 25. Januar hatte der mutmaßliche Täter Ibrahim A. im Zug von Kiel nach Hamburg eine 17-Jährige und ihren 19-jährigen Bekannten getötet und fünf weitere Menschen verletzt. Kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof von Brokstedt hatte der 33-Jährige die Zugreisenden mit einem Messer attackiert, so die Polizei. Gegen den mutmaßlichen Täter wurde Haftbefehl wegen zweifachen Mordes und versuchten Totschlags in vier Fällen erlassen. Erst wenige Tage vor der Tat war er aus der Haft entlassen worden. 

Mitwirkende beim Gottesdienst 

  • Kristina Kühnbaum-Schmidt, Landesbischöfin der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche)
  • Erzbischof Dr. Stefan Heße, Erzbistum Hamburg
  • Gothart Magaard, Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein der Evangelisch- Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche)
  • Propst Stefan Block, Kirchenkreis Altholstein der Evangelische-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche)
  • Ulrike Hillmann, Präses der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche)
  • Andreas Bitzer, Oberstudiendirektor der Walther-Lehmkuhl-Schule Neumünster
  • Pastorin Britta Stender, Friedenskirchengemeinde Elmshorn
  • Pfarrer Heiko Kiehn, Katholische Pfarrei Heiliger Martin
  • Pfarrer Peter Wohs, Katholische Pfarrei Seliger Eduard Müller Harald Schilling, Kirchengemeinde Brokstedt
  • Şeyda Sarıçam, Schura (Islamische Religionsgemeinschaft Schleswig-Holstein e.V.)
  • Dr. Karsten Lüdtke, Kirchenmusikdirektor/Organist, Vicelin-Gemeinde Neumünster
  • Jens Reimer, Freiwillige Feuerwehr Sarhusen
  • Uwe Schröder, Freiwillige Feuerwehr Sarlhusen
  • Messdienerinnen und Messdiener der Pfarrei St. Martin, Elmshorn

 

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