Flüchtlingsrequiem am Volkstrauertag

Interreligiös und ökumenisch: Flüchtlingsrequiem „Gedenken und Protest“

Jedes Jahr am Volkstrauertag wird in St. Jacobi derer gedacht, die auf ihrer Flucht nach Europa ums Leben gekommen sind. Eine mehr als 30 Meter lange Papierrolle zeugt davon. Eine private Initiative sammelt die Namen der Verstorbenen und listet tödliche Ereignisse auf.
Jedes Jahr am Volkstrauertag wird in St. Jacobi derer gedacht, die auf ihrer Flucht nach Europa ums Leben gekommen sind. Eine mehr als 30 Meter lange Papierrolle zeugt davon. Eine private Initiative sammelt die Namen der Verstorbenen und listet tödliche Ereignisse auf. © Dietlind Jochims

11. November 2022 von Claudia Ebeling

Akteur:innen der kirchlichen Flüchtlingsarbeit haben in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi derer gedacht, die auf ihrer Flucht nach Europa ums Leben gekommen sind. Das Requiem am Datum des Volkstrauertages wird bereits seit 2007 gefeiert und von einem ökumenischen und interreligiösen Bündnis getragen.

Die Stiftung unitedagainstrefugeedeaths arbeitet mit Spenden

Die Papierrolle im Kirchenschiff von St. Jacobi ist mittlerweile dreißig Meter lang und enthält fast 40 000 Namen: Von Menschen, die auf ihrer Flucht vor Krieg, Armut, Klimafolgen und fehlenden Lebensperspektiven gestorben sind. Seit 2004 wird diese Rolle jedes Jahr um weitere Namen und Ereignisse ergänzt, die von einer privaten Stiftung zusammengetragen werden.

Bewohner:innen der diakonischen Basisgemeinschaft "Brot und Rosen" verlesen Fürbitten. Viele von ihnen haben eine Fluchterfahrung hinter sich und konnten sich nun in dem Wohnprojekt ein Zuhause und eine Perspektive aufbauen.
Bewohner:innen der diakonischen Basisgemeinschaft "Brot und Rosen" in Hamburg verlesen Fürbitten. Viele von ihnen haben eine Fluchterfahrung hinter sich und konnten sich nun in dem Wohnprojekt ein Zuhause und eine Perspektive aufbauen. © Dietrich Gerstner

Gedenken und Protest

"Es ist ein Zeichen gegen die Gleichgültigkeit und das Vergessen", sagte die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Pastorin Dietlind Jochims, in ihrer Predigt. Gemeinsam mit dem Kirchenkreis Hamburg-Ost, der Caritas im Erzbistum Hamburg und der diakonischen Basisgemeinschaft "Brot&Rosen" lädt sie in jedem Jahr am Volkstrauertag zu diesem Gedenkem ein.

Wir fordern ein Umdenken in der Politik. Pastorin Dietlind Jochims

"Ein Zeichen gegen die Gleichgültigkeit und das Vergessen": Die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims, in ihrer Predigt.
"Ein Zeichen gegen die Gleichgültigkeit und das Vergessen": Die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims, in ihrer Predigt.© Dietrich Gerstner

"Mutwort" von EKD-Flüchtlingsbischof Stäblein

„Fliehende Menschen leiden und sterben an den Grenzen Europas – auf dem Meer, an den Stacheldrahtzäunen, in den Wäldern. Die Bilder und Berichte darüber sind selten geworden. Denn staatliche Stellen wollen nicht, dass ihr Leid und ihr Tod im Blick ist. Es soll möglichst keine Zeugen dieser unmenschlichen Politik geben“, kritisierte der Flüchtlingsbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland, Christian Stäblein.

"Mut macht mir die Solidarität in unserer Gesellschaft", betont der Flüchtlingsbischof der EKD, Christian Stäblein, in St. Jacobi.
"Mut macht mir die Solidarität in unserer Gesellschaft", betont der Flüchtlingsbischof der EKD, Christian Stäblein, in St. Jacobi.© Dietrich Gerstner

„Mut macht mir die große, unermüdliche Solidarität in unserer Gesellschaft. Ein Beispiel dafür ist unser Engagement im Bündnis „United4Rescue“. Erst in der vergangenen Woche wurde hier in Hamburg die Sea Watch 5 getauft, das dritte Bündnisschiff von United4Rescue. Aus diesem gemeinsamen Handeln, aus unserer Widerständigkeit trotz allem, und den guten Nachrichten, wann immer wieder Menschenleben gerettet werden konnten, schöpfe ich Mut für die Zukunft“, sagte Bischof Stäblein in einem „Mutwort“.

"Wir nehmen die Welt ins Gebet"

Pröpstin Astrid Kleist sagte: „Wir nehmen die Welt ins Gebet. Wir klagen und klagen an, dass das Sterben kein Ende hat an unseren Grenzen, auf den Meeren, in den Wüsten, auf den unzähligen Wegen, auf denen Menschen weltweit auf der Flucht sind.“

Weitere Informationen und Kontakt zur Plakatausstellung von Pro Asyl

Das Thema des diesjährigen Requiems lautete „Grenzerfahrungen“. Dies ist der Titel einer Plakat-Ausstellung der Organisation Pro Asyl, die auf 16 Einzelplakaten zeigt, wie in der Politik der Europäischen Union die Abweisung von Flüchtlingen, die Abschottung der Außengrenzen sowie die militärischen und geopolitischen Interessen ineinandergreifen. Die Ausstellung war seit dem 30. Oktober in St. Jacobi zu sehen.

Ein Video des Flüchtlingsrequiems von 2019 auf YouTube

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