Vortrag

Kunsthistoriker: "Lasst uns weiter Wunder tun"

Pultengel in der Kirche Lüssow: Das Pult scheint über den geflügelten Schultern der Engelsfigur zu schweben.
Pultengel in der Kirche Lüssow: Das Pult scheint über den geflügelten Schultern der Engelsfigur zu schweben.© PEK/Sebastian Kühl

12. April 2023 von Anja Goritzka

Der Kunsthistoriker Detlef Witt setzt sich für die Restaurierung von Kirchenschätzen in Mecklenburg-Vorpommern ein. Für die Kirchengemeinden sei das meist mit hohen Kosten verbunden. Witt beklagt eine fehlende Unterstützung vom Land.

Wenn Detlef Witt über den Pultengel in der Dorfkirche von Lüssow bei Gützkow in Mecklenburg-Vorpommern spricht, gerät er ins Schwärmen: "Der Pultengel war total zerfressen. Der Greifswalder Holzbildhauer Edvardas Racevicius hat ihn anhand von alten Bildern ergänzt und die Restauratorin Jenny Louise Heymel hat ihn restauriert." Das sei in den Jahren 2016 und 2017 gewesen.

"Der Pultengel ist quasi wieder auferstanden"

Zuvor habe der Engel von 1725 aus der Werkstatt des barocken Stralsunder Bildhauers Elias Kessler in Einzelteilen und Bruchstücken auf der Empore gelegen. "Der Pultengel ist quasi wieder auferstanden", freut sich der 60-jährige Kunsthistoriker Witt aus Katzenow.

Zur Zeit inventarisiert Detlef Witt das Kunst-Gut in den Propsteien Parchim und Stralsund im Sprengel Mecklenburg und Pommern. "Ich hatte das große Glück, nach meinem Studium in einem Restaurierungsatelier arbeiten zu können." Durch diese Arbeit habe er einen sehr geschulten Blick auf Schäden. Es ärgere ihn, sagt er, dass im Landesamt für Kultur und Denkmalpflege von MV über lange Zeit weder die Fotografen-Stelle noch die Restauratoren-Stelle besetzt gewesen sei. Das erschwere die Arbeit. Eine Restauratoren-Stelle ist mittlerweile ausgeschrieben.

Noch immer wird nach im Krieg verschollenen Stücken gesucht

Seit Witt mit seiner Arbeit 2004 im ehemaligen Kirchenkreis Stralsund - heute Propstei - begann, ist viel passiert. Doch es gibt immer noch Schäden vor allem an den Kunstobjekten, die zum Teil noch auf Auslagerungen während des Zweiten Weltkriegs zurückzuführen sind. Noch immer wird nach damals verschollenen Stücken gesucht. Die Erfolge der Restauratorinnen und Restauratoren möchte er in einem Vortrag in Greifswald am kommenden Freitag  hervorheben.

Weitere Informationen: 

Der Vortrag "Lasst uns weiter Wunder tun! Wie Restauratoren Kirchenschätze retten" von Detlef Witt findet am Freitag, 14. April, um 19 Uhr in der Domstraße 13 in Greifswald statt.

 

Witt ist seit Kurzem im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für pommersche Kirchengeschichte, der Vortrag ist so etwas wie seine Antrittsrede. Seit 1987 habe er viel mit kirchlicher Kunst in der Region zu tun: "Ich weiß um die Situation der Kirchengemeinden in MV." Für den Erhalt der Kunstschätze in den Kirchen Mecklenburgs und Vorpommerns möchte er auch die Öffentlichkeit sensibilisieren.

Detlef Witt arbeitet auch in Pfarrarchiven von Gemeinden, befasst sich mit ausgewählten Bauakten und Rechnungsbüchern. "In Corona-Zeiten habe ich für mehrere Gemeinden Archivarbeit gemacht", berichtet er. Unerschlossene Quellen wie Rechnungsbücher, die teilweise bis ins 17. Jahrhundert zurückgehen, konnte er erschließen.

Es gibt viel zu tun

Dennoch sei viel zu tun in Mecklenburg-Vorpommern. "Pommern hängt eindeutig immer noch hinterher", sagt Detlef Witt. Der Zustand mancher Archivalien in den Pfarrarchiven ist seiner Einschätzung nach "fatal": "Die einmaligen Quellen wie barocke Rechnungsbücher müssen dringend vor dem Zerfall bewahrt werden."

 

 
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