Martin-Luther-King-Kirche feiert die Demokratie
31. Januar 2025
Jedes Jahr feiert die Martin-Luther-King-Kirche in Hamburg den Geburtstag ihres Namensgebers unter einem bestimmten Motto. In diesem Jahr war es „Democracy? Yes!“. Eine Hommage an den berühmten Bürgerrechtler und zugleich eine Erinnerung daran, dass unsere Demokratie kein Selbstläufer ist.
In diesem Jahr ist es 62 Jahre her, dass mehr als 250.000 Menschen beim „March on Washington“ in die US-Hauptstadt kamen, um gegen die Ausgrenzung und Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung zu demonstrieren. Martin Luther King sprach dort die wohl bekannteste Rede des Civil Rights Movements: „I have a dream“. Im Jahr darauf wurde die Rassentrennung in den USA offiziell aufgehoben – und King mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Was macht eine Demokratie aus?
Es ist ein Grund zu feiern. Auch heute noch. Oder vielleicht gerade jetzt. Denn King trug dazu bei, dass ein zentrales Versprechen der Demokratie umgesetzt wird: Jeder Mensch ist gleich. Oder wie, Pastor Andreas Holzbauer es ausdrückt: „Jeder ist ein Geschenk Gottes.“
Doch wie steht es in diesen Tagen um die Demokratie? Die Kirchengemeinde hatte dazu gleich zwei Ländervertreter eingeladen: den US-Generalkonsul Jason Chue und den Generaldirektor der Taipeh-Vertretung in Deutschland, Yu-shun Chen.
Der eine sprach für eine „alte“ Demokratie, die anderen lange als Vorbild galt. Der andere für eine noch junge Demokratie, die sich erst in den 1980er Jahren aus einer Diktatur heraus entwickelte und heute als eine der stabilsten und fortschrittlichsten in ganz Asien gilt.
Es ist nie zu spät, das Richtige zu tun
„Unsere Kultur wurde zerstört, Zivilisten aus politischen Gründen getötet, Minister sind spurlos verschwunden oder verhaftet worden“ skizziert Yu-shun Chen die Schrecken der damaligen Diktatur. Trotzdem habe die Bevölkerung Taiwans nicht aufgehört, Widerstand gegen das Regime zu leisten. Heute erlange das Land im „Freedom in the World Country Report“ 94 Punkte – China hingegen nur 9, sagt er.
Was man daraus lerne? Der Generaldirektor der Taipeh-Vertretung in Deutschland antwortet mit einem Martin-Luther-King-Zitat: „Es ist immer die Zeit, das Richtige zu tun.“
Vielfalt ist hohes Gut einer demokratischen Kultur
Sein US-Kollege, Jason Chue, steuert eine eher persönliche Geschichte bei. So erzählt er, dass für ihn als Sohn chinesischer Einwanderer, Vielfalt eines der höchsten Güter der Demokratie sei. „Meine Eltern flohen vor Krieg und Armut“, berichtet er. Aufgewachsen in sehr einfachen Verhältnissen, glaubten sie an die Demokratie der USA und erkämpften sich dort ein neues Leben. Ihn selbst habe dies geprägt. Dass er sein Land heute als Generalkonsul repräsentieren dürfe, empfinde er als Privileg.
Dass die USA heute Einwanderern gegenüber nicht gerade Willkommensgrüße aussenden, lässt er größtenteils unkommentiert. Stattdessen geht er auf die Gefahren ein, denen Demokratien ausgesetzt sind: „Unsere demokratischen Werte werden weltweit angegriffen. Sei es durch Autokratien, Desinformation oder durch wachsenden Extremismus. Wir dürfen dem nicht nachgeben! Wie Dr. King sagte: ‚Ungerechtigkeit irgendwo ist eine Bedrohung der Gerechtigkeit überall.‘“
Wenn uns Martin Luther King eines gelehrt habe, dann dass die Hoffnung siegt und jeder einzelne etwas bewirken kann, beschließt Chue seine Rede.
Wie wollen wir leben?
Und die Menschen in Steilshoop? Mit welchen Hoffnungen und Ängsten gehen sie in das Jahr 2025, in dem wir eine neue Regierung wählen?
Manuela Cordes hat zusammen mit Jamie Ojeifo Imadojemu und Anna Bienia das musikalische Programm für den Martin-Luther-King-Abend gestaltet. Sie betreut auch eine Mädchentanzgruppe im Stadtteil, die eigens für den Martin-Luther-King-Abend in der Kirche eine Choreografie zum Thema Demokratie entworfen hat.
Es ist ein Herzensprojekt, das die acht- bis zwölfjährigen Mädchen dazu ermuntern soll, selbstbewusster zu werden und ihre Wünsche klar zu äußern. „Viele spüren Angst, fragen sich, ob sie hier noch sicher sind“, erzählt Cordes.
Wunsch nach Toleranz und Frieden ist zentral
Und Anna Bienia ergänzt: „Ich höre oft, dass Menschen sagen: Ich weiß nicht, ob ich noch ein Kind in diese Welt setzen sollte. Ich möchte, dass keiner davor Angst hat“, sagt die Lehramtsstudentin.
Liebe, Respekt, Toleranz und Frieden seien für sie und ihre beiden Mitstreiterinnen die wichtigsten Werte, die unsere Gesellschaft verkörpern solle. Es gehe darum, dass wir auch in Zukunft in Freiheit leben können, ergänzt Anna Bienia. Und zwar „ohne dass jemand anderem etwas weggenommen wird.“