Für Menschenrechte und Demokratie auf der Straße
05. März 2024
Gesicht zeigen und auf die Straße gehen für Menschenwürde und Demokratie – in vielen Städten und Dörfern in ganz Deutschland wurde in den vergangenen Wochen demonstriert. Pastor Lars-Robin Schulz hat mit seinem Team dafür etwas Nützliches entwickelt, die "Kirchen-Klatschpappe". Was das ist und wofür sie genutzt werden kann, erklärt er hier.
Die erste Idee für die Kirchen-Klatschpappe war bei der "Kirche im Dialog" schon geboren, bevor die Recherchen des Medienhauses Correctiv über ein Treffen von Rechtsextremisten in Potsdam Anfang Januar öffentlich wurden. "Als die ersten Demonstrationen losgingen, konnten wir mit unseren Klatschpappen direkt in die Produktion gehen", berichtet Pastor Schulz.
Die Schriftzüge "Alle Menschen gleich an Würde; #nie wieder ist jetzt und there is always hope" zieren die ansonsten schlichte Pappe, die als Demoplakat genutzt werden kann. Kostenfrei abgegeben, sei sie ein Geschenk mit direktem Nutzen:"Zusammengefaltet ist sie laut, kann auf der Demo Beifall klatschen und Rhythmus machen. Auseinander gefaltet ist sie ein Statement", erläutert Schulz.
Die Pappe sei somit Instrument und Material zur Mobilisierung zugleich, erklärt Schulz. Es können sogar politische Friedensgebete mit der Klatschpappe gefeiert werden. Ein Entwurf dafür ist ebenso kostenfrei zu bestellen, wie die Pappen selber.
Orientiert für die Schriftzüge auf der Pappe habe er sich auch an den Reden der Nordkirchen-Bischöfinnen, die auf Demonstrationen unter anderem in Hamburg, Kiel, Schleswig und Schwerin in ihren Ansprachen immer die Menschenwürde in den Mittelpunkt gestellt haben. So auch am vergangenen Wochenende, als Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt in Grevesmühlen (Landkreis Nordwestmecklenburg) gesprochen hat:
Auf der Kundgebung „Für Toleranz und Vielfalt – Unser Grundgesetz ist unantastbar! Nie wieder ist jetzt!“ am Sonnabend (2. März 2024) in Grevesmühlen forderte sie dazu auf, täglich aktiv für Menschenrechte und Demokratie einzutreten und einzustehen.
Landesbischöfin: Für Menschenrechte und Demokratie eintreten
Die Demonstrierenden in Grevesmühlen und vielen anderen Städten würden für ein weltoffenes Land eintreten, in dem alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, frei und sicher leben können. "Wir alle gehören zusammen" und "gestalten zusammen ein friedliches und vielfältiges Miteinander in einem weltoffenen Land!", sagte die Landesbischöfin.
Alle Menschen seien gleichermaßen Gottes Geschöpfe, allen stünden die gleiche Würde und gleichen Rechte zu. "Christlicher Glaube lässt deshalb für Rechtsextremismus und Rassismus, für Antisemitismus und Ausgrenzung keinen Platz!", betonte Kühnbaum-Schmidt.
"Toll, dass ihr das macht"
Auch Pastor Schulz hat in den vergangenen Wochen an Demonstrationen teilgenommen. Beim Verteilen der Kirchen-Klatschpappe ist der Schweriner mit den Menschen ins Gespräch gekommen. "Ich habe dann Sätze gehört, wie 'toll, dass Kirche da auch aus der Deckung kommt, dass ihr das macht'", berichtet der Theologe.
Für ihn ist Kirche immer auch politisch: "Wo Unterschiede zwischen Menschen gemacht werden, da ist der Grundimpuls Stopp zu sagen, aus einer christlichen Botschaft heraus, aus Jesu Botschaft heraus. Kirche kann nicht anders sein als politisch. Aber Kirche hat keine parteipolitischen Aufträge", so Schulz.
Für den Pastor kann Kirche in einem Bündnis auf den Demonstrationen gut eine verbindende Funktion einnehmen. "Auch in unseren Gemeinden verbinden wir Menschen mit unterschiedlichen Ansichten, das können wir", so der Pastor. Und so könnten sich unter den Slogans auf der Klatschpappe auch alle Menschen versammeln, ob Christ:in oder nicht.
Er erläutert weiter: "Nie wieder rechter Terror, nie wieder Hetze und Hass: 'Dass Auschwitz sich nie wiederhole' – das ist Grundidee und Richtschnur der Nachkriegsordnung unserer Bundesrepublik. Auch Kirche hat versagt, als im Nationalsozialismus Menschen ausgegrenzt, erniedrigt und vernichtet wurden.
Wir Christinnen und Christen haben darum einen besonderen Auftrag: Nie wieder!
Gesicht zeigen auf Demonstrationen, das erfordere mitunter Mut, gerade in kleineren Orten im Osten. "Da wird gepöbelt, da stehen Menschen mit Deutschlandflagge am Rand", so Schulz. Er persönlich kennt Menschen, die bedroht wurden oder eine Pastorin, der die Autoreifen zerstochen wurden. Dennoch beobachte er immer mehr Menschen, die Mut schöpfen, selbst auf die Straße zu gehen und sogar selbst als Privatpersonen Demonstrationen anzumelden. „Das ist neu, in Ost und West“.
Aus Hoffnung wachse Kraft für Veränderung, so der Theologe:
Wir sind nicht machtlos ausgeliefert, sondern haben in der Hand, wie wir gemeinsam leben. Hoffnung schenkt uns die Fantasie, die es braucht, um unsere Gesellschaft und Kirche beständig auf das Gute hin zu verändern.