Mit den richtigen Strategien gegen rechte Parolen
21. Januar 2025
In einem Workshop im Christian Jensen Kollege lernten die Teilnehmenden, welche Möglichkeiten sie haben, um auf rechte Sprüche zu reagieren. Pastorin Maike Lauther-Pohl erläutert im Gespräch, worauf es dabei ankommt.
Abwerten, beleidigen, bedrohen und einschüchtern – Parolen und Aussagen, die dies in Kombination mit rassistischen, nationalistischen, fremdenfeindlichen oder antidemokratischen Inhalten transportieren, werden abkürzend als „rechte Sprüche“ bezeichnet. Viele Menschen fühlen sich oft überfordert, wenn sie mit diesem Gebaren konfrontiert werden. Doch es gibt Möglichkeiten, sich darauf vorzubereiten und ein besseres Auftreten zu üben.
Unangenehme Erfahrungen mit "rechte Sprüchen"
Eine bunte Vielfalt von Menschen hatte sich Mitte Januar für einen Workshop mit diesem Ziel in Breklum getroffen. Die „Omas gegen Rechts“ waren genauso vertreten wie Menschen aus der Landwirtschaft oder mit kirchlichen Bezügen. Die meisten von ihnen hatten bereits unangenehme Erfahrungen mit „rechten Sprüchen“ gemacht – sei es in der Nachbarschaft, in der Familie, beim Gespräch auf dem Markt, in den sozialen Medien oder bei der Arbeit.
Doch um in solchen Situationen souverän und konstruktiv aufzutreten, braucht es mehr als Fakten und Argumente. Um dies zu vermitteln, hatten sich mehrere Einrichtungen an einem Fortbildungsformat des Evangelischen Regionalzentrums Westküste beteiligt. Mit dabei waren die Evangelische Akademie und das Christian Jensen Kolleg, das auch die Seminarräume bereitstellte. Die inhaltliche Arbeit wurde von dem Regionalen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus aus Flensburg geleitet. Der Zuspruch war am Ende so groß, dass sogar eine Warteliste geführt werden musste und ein zweiter Termin angeboten wird.
Das Ziel klären
„Neben dem Wissen braucht es ganz besonders eine Strategie“, erläutert Maike Lauther-Pohl, Kommissarische Leitung der Akademie der Nordkirche und Studienleiterin für Gesellschaft und Religion. „Daher war es für viele Teilnehmende eine wichtige Erkenntnis, dass es zunächst darum ging, ein Ziel für die jeweilige Auseinandersetzung für sich selbst zu klären. Nur durch diese Klärung ist es möglich, die für mich geeignete Strategie zu ergreifen.“
Das Ziel könne ganz unterschiedlich sein, führt die Referentin weiter aus. „Es könnte beispielsweise sein: Ich möchte für meinen Zuständigkeitsbereich gewährleisten, dass hier Diversität und Interesse an Vielfalt gelebt werden. Dann wäre meine Strategie, dass ich benenne, was hier auf meinem Grundstück oder in meinem Arbeitsfeld gilt.“
Starre Mauer von rechten Ideologien durchbrechen
Wenn ich aber möchte, dass jemand die eigene Haltung überdenkt, dann kann ich gezielte Fragen stellen. Diese Fragen können konkretisieren, wie beispielsweise: Was meinst du denn genau damit? Oder ich ziele auf die persönliche Ebene ab und frage: Hast du das selbst schon einmal erlebt? Erreichen möchte ich mit dieser Strategie, die starre Mauer von rechten Ideologien und Positionen zu durchbrechen.
Es gebe ganz viele Möglichkeiten, zu entscheiden, auf welcher Ebene man seinem Gegenüber begegne, so die Theologin weiter. "Das ist an der Bushaltestelle natürlich anders als in der Teeküche am Arbeitsplatz oder im familiären Umfeld, wenn ich die Beziehung halten und keinen Bruch herbeiführen möchte. Eine Frage, die ich dort stellen könnte, wäre: Was hieße das für dich, wenn Menschen mit Migrationshintergrund, wie deine Zahnärztin oder dein Friseur, Deutschland verlassen?“
Es gibt mehr als eine Strategie
So wurde im Rahmen des Workshops deutlich, dass es einen ganzen Katalog an Strategien gibt, die zur Anwendung kommen können. Das Gesagte hinterfragen, mit Humor kontern, differenzieren und Pauschalisierungen ad absurdum führen, die Konsequenzen des Gesagten aufzeigen oder entdramatisieren – das sind einige dieser Möglichkeiten. Zur Anschauung wurden in Kleingruppen eigene Erlebnisse besprochen und vorgestellte Fallbeispiele diskutiert – Situationen, in denen die Teilnehmenden Beschimpfungen, Ignoranz und Verallgemeinerungen, aber auch die eigene Sprachlosigkeit erleben hatten.
Ein wichtiger Aspekt war in diesen Runden auch die eigene Wahrnehmung: Die Teilnehmenden betrachteten ihre Gefühle und ihr eigenes Handeln. Ziel war es, durch Selbstreflexion und die vorgestellten Methoden ein Gefühl von Sicherheit und Selbstbestimmtheit zu entwickeln, um sich nicht mehr aus Unsicherheit in eine Ecke gedrängt zu fühlen.
Wichtig für den Lerneffekt war zudem, in sich hineinzufühlen, welche Strategie zur eigenen Persönlichkeit passt. Wie fühlt es sich an, wenn ich mich so verhalte? Passt es zu mir und meinem Wesen? „Man muss nicht alle Strategien parat haben oder sich zu eigen machen“, erklärt Maike Lauther-Pohl. „Es reichen zwei, drei Strategien, die zu mir passen und dadurch stimmig sind.“
Pannen akzeptieren
„Ein Stück weit,“ so Lauther-Pohl, „müssen wir außerdem akzeptieren, dass wir manchmal mit unseren Reaktionen nicht zufrieden sind und uns im Nachhinein grämen. Doch dass Pannen passieren und uns erst nachträglich die guten Argumente einfallen, gehört dazu. Dann gilt es, sich nicht zu ärgern und klein zu machen. Denn auch nach einer unschönen Begegnung haben wir die Möglichkeit, unser eigenes Verhalten zu beleuchten und im Nachhinein ins Handeln zu kommen, wo es sich anbietet: Ist es vielleicht ratsam, schon auf der Internetseite zu klären, dass bei mir in meinen Ferienwohnungen alle Menschen willkommen sind? Kann ich für meine Veranstaltung eine Klausel formulieren, die Diskriminierung und Intoleranz ausschließt?“
Selbstschutz als Strategie
Dass es schließlich auch darum geht, sich selbst zu schützen und sich aus einer Situation zurückzuziehen, wenn es geboten scheint, war ebenfalls ein wichtiger Lerneffekt – und eine wichtige und akzeptable Strategie aus dem Katalog der Möglichkeiten.