Nordkirche ruft dazu auf, Gewalt mit klaren Worten zu begegnen
24. November 2020
Jeden dritten Tag wird eine Frau durch ihren Partner oder Ex-Partner in Deutschland getötet. Was wie ein fiktives Horror-Szenario klingt, ist bittere Realität, zeigt die Kriminalstatistik. Die Nordkirche beteiligt sich am internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen und ruft zum Ausbau von Schutzräumen und einer klaren Benennung des Unrechts auf.
„Laut Kriminalstatistik hat die Partnerschaftsgewalt auch 2019 wieder zugenommen. Sie lag mit 141.792 angezeigten Fällen bei über 1000 mehr als im Vorjahr. Davon waren knapp 115.000 beziehungsweise 81 Prozent der Opfer weiblich. Eine Dunkelziffer von 80 Prozent wird von Fachleuten angenommen“, erläutert Nele Bastian, Beauftragte für Geschlechtergerechtigkeit der Nordkirche.
Mehr zu den Aktionen der Nordkirche am 25. November
„Die Formen sind versuchte und vollendete Gewalt, Mord, Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexuelle Übergriffe, Bedrohung, Stalking, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution", verdeutlicht sie. In Zeiten der Kontakteinschränkungen und Isolation durch die Corona-Pandemie befürchtet sie, dass die Gewalt an Frauen noch weiter zunimmt.
Mord muss auch Mord genannt werden
Um Unrecht auch als solches wahrzunehmen, benötigt es eine klare Bezeichnung, sagt Susanne Sengstock, Leiterin des Frauenwerkes der Nordkirche: „Wenn eine Frau durch ihren (Ex-)Partner ermordet wird, was jeden dritten Tag in Deutschland geschieht, sollten wir nicht länger von 'Eifersuchtsdrama', 'Familientragödie' oder 'Beziehungstat' sprechen. Frauen werden getötet, weil sie Frauen sind oder weil es bestimmte Vorstellungen von Weiblichkeit gibt. Es geht also um Femizide. Der Mord ist kein Eifersuchtsdrama, sondern ein Mord. Das gehört auch ausgesprochen!“
Bischöfin Kirsten Fehrs ist Schirmherrin des Aktionstages "Gewalt kommt nicht in die Tüte". Mehr zum Projekt in der Pressemitteilung.
Beide Expertinnen fordern daneben den Ausbau handlungsfähiger Institutionen und flächendeckender Schutzräume mit den notwendigen Ressourcen zu unterstützen und in den Pandemieplänen zu berücksichtigen.
Nach Angaben von Sütterlin-Waack gibt es durch die Corona-Pandemie zusätzliche Risiken für Frauen. Wenig Platz und Freiraum zu Hause in Verbindung mit finanziellen Sorgen oder psychischen Erkrankungen erhöhe das Risiko von körperlicher und sexueller Gewalt, so die Ministerin. Sie forderte alle Bürgerinnen und Bürger auf, wachsam zu sein, um Gewalt an Mitmenschen zu verhindern oder zu beenden. "Nichts rechtfertigt Gewalt an Frauen", sagte sie.
Das Land Schleswig-Holstein hat eine Internetseite eingerichtet, auf der Frauen ärztliche Hilfe einholen und ihre Verletzungen dokumentieren können. Ein Strafverfahren kann so auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen: www.vertrauliche-spurensicherung-sh.de
„Es geht weiterhin um die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Schutz und Beratung bei Gewalt, um gemeinsam für die Verwirklichung von Geschlechtergerechtigkeit einzustehen. Damit sich Rollen, Stereotypen und Klischees ändern und die Gewalt gegen Frauen ein Ende hat“, so Nele Bastian.
Jeder kann helfen
Am Aktionstag (25. November) werden die kirchlichen Mitarbeitenden des Landeskirchenamtes Post mit einer Schokoladentafel der Spendenaktion „Süße Botschaft gegen bitteres Unrecht“ und einem Aufruf zum Aktionstag gegen Gewalt an Frauen erhalten. Wer ebenfalls konkret handeln möchte, kann sich an dieser Spendenaktion beteiligen: Jeder Kauf einer Tafel Schokolade unterstützt die Arbeit von Contra.
Eine Tafel Schokolade kostet 2,30 Euro. Bestellt werden kann sie per Telefon (0431-55779190) oder E-Mail.
Die „Fachstelle gegen Frauenhandel in Schleswig-Holstein“ gehört zum Frauenwerk der Nordkirche und setzt sich mit Beratung und Hilfen etwa für Frauen ein, die von Zwangsprostitution betroffen sind.