Pastoren-Halskrausen werden jetzt unterm Rathausmarkt gebügelt
23. Juli 2012
Hamburg. Eine jahrhundertealte Hamburgische Tradition ist wieder mitten in die City gezogen: In der "Rathauspassage" unter dem Pflaster des Rathausmarktes befindet sich jetzt die einzige Bügel-Werkstatt für die Halskrausen der Hamburger Pastoren. Wer möchte, kann Schneiderin Daniela Kiunke bei der Arbeit auch zusehen.
Seit mehr als 400 Jahren tragen evangelische Pastoren in Hamburg zum Talar eine weiße Halskrause. Knapp drei Stunden sind nötig, um die 200 einzelnen Schleifen mit einem heißen Metallstab zu "tollen", wie der Fachausdruck lautet. Vor 13 Jahren hatte die diakonische Beschäftigungsgesellschaft "passage gGmbH" diese Arbeit übernommen. Zuletzt war damit der Sozialbetrieb "Samt + Seife" in Hamburg-Steilshoop beauftragt gewesen. Nach dem starken Abbau der "Ein-Euro-Jobber" musste der Betrieb jedoch Ende 2011 schließen.
Die weiße Halskrause - auch "Wagenrad" oder "Duttenkragen" genannt - war noch bis vor 100 Jahren die Amtstracht von Professoren, Bürgermeistern und Senatoren. Gehalten hat sich die Tradition jedoch nur bei den Pastoren der Hansestädte wie Hamburg, Lübeck, Wismar und Stralsund sowie in Skandinavien. So trägt auch Hamburgs Bischöfin Kirsten Fehrs im Gottesdienst eine Halskrause. Üblich ist sie allerdings nur in den Innenstadtkirchen der ehemaligen Hamburgischen Landeskirche. Pastoren in Altona, Harburg oder Wandsbek begnügen sich mit zwei kleinen, weißen Leinenstreifen am Hals - "Beffchen" genannt.
Wirklich Geld könne man mit der Pflege und Bearbeitung der Halskrausen nicht verdienen, da es nur einen sehr begrenzten Markt gebe, erklärt Gudrun Stefaniak, eine der beiden Geschäftsführerinnen der Rathauspassage. Derzeit kostet die Pflege einer Krause - waschen, stärken, tollen - noch 39 Euro. Etwa eine Krause wird pro Tag bearbeitet. Daniela Kiunke hat die Arbeit übergangsweise übernommen. Etwa drei Stunden benötigt sie, den Kragen wieder in Form zu bekommen. Bald sollen ehemalige Näherinnen von "Samt + Seife" als Selbstständige die Aufträge übernehmen.
"Wir halten eine Tradition aufrecht, die sonst komplett verschwinden würde", so Gudrun Stefaniak. Sie seien die bundesweit einzigen, die die Halskrausen nicht nur "tollen", sondern auch herstellen. Stefaniak: "Die Halskrausen haben jetzt ein neues Zuhause."