"Saubere" Rohstoffe - Schmuck mit gutem Gewissen
14. Dezember 2015
Hamburg/Frankfurt. Vor Weihnachten herrscht Hochbetrieb in den Goldschmieden. Doch viele Ringe, Anhänger und Ketten konnten nur durch das Leid von Schürfern und Bewohnern der Bergbauregionen entstehen. Dass es auch anders geht, zeigen immer mehr Schmuckateliers.
Kinder schuften in Stollen, die für Erwachsene zu eng sind. Familien sind in Slums zusammengepfercht, weil ihr Land von Baggern zerfressen wurde - Verbrechen an Mensch und Natur sind alltäglich bei der Gewinnung der Rohstoffe für Schmuck. "Die Zustände im Goldbergbau sind dramatisch", sagt der Hamburger Goldschmied Jan Spille. Für Silber, Kupfer und Edelsteine gilt das gleiche.
Rohstoffgewinnung: Alltägliche Verbrechen an Mensch und Natur
Spille setzt seit mehr als zehn Jahren auf "saubere" Rohstoffe. Seine Arbeit mache ihm deutlich mehr Spaß, wenn er nicht nur schönen, sondern auch sinnvollen Schmuck herstelle, sagt er. Sein Kollege Thomas Becker legt ebenfalls Wert darauf, dass die Materialien seines Schmucks möglichst umweltschonend hergestellt werden. Der Obermeister der Hamburger Gold- und Silberschmiede-Innung arbeitet insbesondere mit dem Projekt "Oro Verde" (dt.: "Grünes Gold") in Kolumbien zusammen. "Oro Verde" wurde bereits für seinen ökologischen Einsatz ausgezeichnet, weil dort unter anderem auf Zyanid und Quecksilber verzichtet wird.
Ganze Landstriche werden bei der Goldgewinnung verwüstet
Mehr als die Hälfte des gesamten geförderten Goldes geht in die Schmuckherstellung. Dabei werden die Edelmetalle meist unter ausbeuterischen Bedingungen und dem Einsatz hochgiftiger Chemikalien gefördert, zahlreiche bewaffnete Konflikte werden damit finanziert. Die industrielle Goldgewinnung verwandelt ganze Landstriche in Wüsten, Dörfer müssen weichen, die Wasservorkommen werden verbraucht. Zurück bleiben Tausende Tonnen von giftigem Schlamm und Gestein - und oftmals verseuchte Flüsse.
Kinderarbeit und Gewalt im Bergbau
Der Kleinbergbau beschäftigt nach UN-Angaben weltweit zehn bis 15 Millionen Menschen, vier bis fünf Millionen davon Kinder und Frauen. Er findet meist in abgelegenen Gegenden statt, wo die Schürfer in Camps hausen. "Dort herrschen Kinderarbeit, Zwangsprostitution und Gewalt", sagt der Hamburger Spille.
Interesse an "fairem" Gold steigt
Immer mehr Goldschmieden bieten deshalb Gold an, das nicht den üblichen Weg über den Großhändler gegangen ist und bei dem man nicht weiß, wie und wo es abgebaut wurde. Abnehmer gibt es genug. "Die Nachfrage ist groß, die Kunden kommen gezielt, auch aus dem Umland", sagt Lucas Küpper, der eine Goldschmiede in Frankfurt betreibt. "Gerade bei Trauringen ist es für viele wichtig, dass das Gold unter guten Bedingungen abgebaut wurde." Insgesamt nehme das Bewusstsein zu, und vor Weihnachten steige das Interesse zusätzlich. Der Hamburger Becker beziffert den Anteil an Kunden, die fairen Schmuck kaufen wollen, mit mittlerweile über 50 Prozent.
Noch ist es in Deutschland allerdings kompliziert, an fair gehandelte Metalle zu kommen. "Silber gibt es derzeit gar nicht mehr", bedauert Küpper. Gold in geringen Mengen vertreibt die kleine Initiative Oeko Andina um den Geologen Thomas Siepelmeyer. Es wird im Norden Argentiniens chemikalienfrei und unter würdigen Arbeitsbedingungen abgebaut. "Auch mit sogenanntem Waschgold, das beispielsweise in Finnland oder dem nordhessischen Edersee nur durch Schwerkraft gewonnen wird, arbeiten manche Goldschmiede. Viele verwenden recyceltes Altgold.
Fairtrade-Siegel für Gold demnächst auch in Deutschland
Zertifiziertes Gold mit dem Fairtrade-Siegel gibt es derzeit aus zwei Minen in Peru, demnächst zudem aus sechs Minen in Ostafrika. Allerdings ist es bislang nur über Nachbarländer wie die Schweiz, die Niederlande oder Großbritannien erhältlich. Das soll sich aber im Februar ändern, sagt Claudia Brück vom Verein Transfair, der in Deutschland das Fairtrade-Siegel vergibt. "Ab dem 14. Februar können Goldschmiede in Deutschland zertifiziertes Gold über mehrere deutsche Scheideanstalten beziehen." Diese Importeure bezögen das Metall dann direkt von den zertifizierten Minen.
Der Preis für fair gehandeltes Gold liegt etwa 15 bis 20 Euro pro Gramm über dem herkömmlichen (derzeit rund 1.070 US-Dollar pro Feinunze, also 31,1 Gramm, an der Londoner Börse). Zudem ist die Verarbeitung aufwändiger, da das Gold oftmals nicht so ist, dass man es sofort verwenden kann. Bei Küpper kostet das Paar Eheringe aus "sauberem" Gold daher etwa 200 Euro mehr.
Um das Fairtrade-Siegel zu erhalten, müssen sich sowohl die Goldschmiede als auch die Schürfer zertifizieren lassen. Diese müssen sich dafür organisieren, zum Beispiel in Kooperativen, Schutzkleidung tragen, Sicherheitstrainings absolvieren, den Einsatz von Chemikalien reduzieren und dürfen keine Kinder einsetzen. Dann erhalten sie einen festgelegten Mindestpreis von 95 Prozent des Londoner Goldpreises und eine Prämie für Gemeinschaftsprojekte wie Brunnen oder Schulen.
Kritik am Fairtrade-Siegel
Dass beim Gold mit dem Fairtrade-Siegel nicht komplett auf den Einsatz von giftigen Chemikalien verzichtet wird, kritisieren einige in der Branche wie Geologe Siepelmeyer. "Wir hätten gerne ein Siegel mit strengeren Kriterien als das von Transfair." An das von seiner Initiative vertriebene Gold komme nur Wasser und die Schwerkraft. Doch insgesamt begrüßen die Goldschmieden das von Transfair zertifizierte Gold als einen Schritt in die richtige Richtung. "Es erlaubt uns eine bessere Planbarkeit, und wir können die Nachfrage bedienen", sagt Stefanie Holtz aus Berlin.
Internet:
Goldschmiede Jan Spille: <link http: www.oekofaire-trauringe.de>www.oekofaire-trauringe.de
Atelier Thomas Becker: <link http: www.tbschmuck.de>www.tbschmuck.de
Goldschmiede Lucas Küpper: <link http: www.schmuck-raum.de>www.schmuck-raum.de, <link http: www.oekoandina.de>www.oekoandina.de
Goldschmiede Stefanie Holtz: <link http: www.oronda.de>www.oronda.de