Startschuss für das Afrika-Jahr im Völkerkundemuseum
05. März 2015
Hamburg. Das Völkerkundemuseum läutet sein „Afrika-Jahr“ ein: Am kommenden Sonntag wird eine Ausstellung über Burkina Faso und Ghana eröffnet. Dorthin hat der frühere Museumsdirektor eine besondere Beziehung.
Mit Ausstellungen und Forschungsprojekten will das Hamburger Völkerkundemuseum in seinem "Afrika-Jahr" die koloniale Sichtweise der Völkerkundler beleuchten. Auftakt ist die Ausstellung "Aus einer anderen Zeit ..." über ethnologische Feldforschung in Westafrika in den 50er Jahren, die am kommenden Sonntag (8. März) eröffnet wird. Die Frage sei, "wie viel Europa steckt in einer Ausstellung über Afrika", sagte Kurator Carl Triesch bei der Präsentation. So will das Völkerkundemuseum im "Afrika-Jahr" seine langjährige Dauerausstellung zu Afrika komplett abbauen und durch spezielle Sonderausstellungen ersetzen.
Die Ausstellung "Aus einer anderen Zeit ..." beschäftigt sich mit den Völkern der Nuna und den Kassena im heutigen westafrikanischen Burkina Faso und Ghana. Dort hatte der frühere Museumsdirektor Jürgen Zwernemann 1954/56 ethnologische Feldforschung betrieben. Zur Ausstellung hat Zwernemann jetzt einen umfassenden Museumskatalog über seine früheren Arbeiten verfasst.
Kinder-Fotos aus Burkina Faso
Die Forschungstradition der Ethnologen sei vom Kolonialismus geprägt, sagte Kurator Triesch. Sie bestimme auch, was in eine Museumssammlung aufgenommen wird. Besucher hätten im Gegenzug eine ähnliche Erwartung. So werde etwa eine kunstvoll gestaltete Öllampe aus Afrika eher aufgenommen als eine ebenso gebräuchliche Öllampe aus einem ausrangierten Shell-Kanister. Alltägliches Fortbewegungsmittel sei für Zwernemann in Burkina Faso das Fahrrad gewesen. Statt eines Fahrrads besitze das Hamburger Museum aber einen alten Pferdesattel, obwohl Pferde dort zu dieser Zeit nicht genutzt wurden. Er galt dort als Andenken aus Kriegszeiten.
Ergänzt wird die Schau mit zwei Fotoausstellungen über Kinder in Burkina Faso und über Ketten als Symbol sowohl für Unterdrückung als auch für familiäre Bindung. Geplant ist für Oktober eine Ausstellung "Africa's Top Models" über afrikanische Schönheitsideale. In einem weiteren Projekt will das Museum Hamburger Kinder mit afrikanischen Wurzeln an ihre Herkunftskultur heranführen. Dazu gibt es nach Aussage von Museumsdirektor Wulf Köpke enge Beziehungen zu afrikanischen Gemeinschaften in Hamburg. Im Dezember folgt eine Ausstellung zu Botswana.
Besucherzahl leicht rückläufig
Gemeinsam mit Studenten für afrikanische Geschichte untersucht das Volkerkundemuseum derzeit die eigenen Bestände. Festgestellt werden soll unter anderem, ob einzelne Fundstücke unrechtmäßig erworben wurden. Die übergeordnete Frage an ein Völkerkundemuseums müsse sein "Was haben die Völker davon?", sagte Köpke. Dafür sei eine offene Diskussion mit dem jeweils betroffenen Volk notwendig. Er rechne allerdings mit nur wenigen Problemfällen.
Das Museum zählte im vorigen Jahr 125.000 Besucher, ein leichter Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Dennoch ist die Hamburger Institution nach eigenen Angaben bundesweit das Völkerkundemuseum mit den meisten Besuchern.
Info
Das Museum für Völkerkunde (Rothenbaumchaussee 64) hat zu folgenden Zeiten geöffnet: dienstags bis sonntags 10–18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr.