Sünde, Klosterleben und mittelalterliche Kunst: Preetzer Bilderpredigten 2024
19. Juli 2024
Das weitläufige Gelände des Klosters Preetz kommt gestressten Städtern wie eine Oase vor. Wer möchte, kann hier aber nicht nur entspannen, sondern auch tief in die Historie des Ortes eintauchen: Bei den Bilderpredigten in der Klosterkirche erfährt man mehr über die mittelalterliche Bilderkunst. Besonders spannend: Alle ausgesuchten Bilder und die dazugehörigen Gottesdienste drehen sich diesmal um die Macht der Sünde.
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Darstellungen biblischer Geschichten und Gestalten gehören fest zur Ausstattung historischer Kirchen. Auch wenn die Werke oft übermalt oder entfernt wurden, sind sie immer noch an vielen Stellen zu finden: als mittelalterliche Gewölbemalereien, als Glasfenster oder als Tafelbilderfolgen.
Die Bibel ganz anschaulich
In früheren Zeiten dienten diese Bilderreihen als Anschauungsmaterial für die gerade erst gebildete Gemeinde – heute erscheinen sie vielen Menschen eher rätselhaft. Ein Ort, der besonders gute Einblicke in die Kunst der Bibeldarstellung gibt, ist das Kloster Preetz.
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Insgesamt 137 Tafelbilder sind im Kloster Preetz noch erhalten. Sie zeigen Darstellungen aus der Schöpfungsgeschichte, der Heilsgeschichte Jesu Christi von der Ankündigung der Geburt bis zur Auferstehung. Außerdem finden sich hier Szenen des Neuen Testaments, denen jeweils Motive aus dem Alten Testament zugeordnet sind.
Predigten stellen Bezug zu heutiger Lebenswelt her
Die "Bilderpredigten" der Nordkirche beschäftigen sich mit ihrer Entstehungsgeschichte und ihren Hintergründen. Immer sonntags, vom 21. Juli bis 25. August, gehen verschiedene Theolog:innen auf je eins dieser historischen Werke ein.
Im Mittelpunkt stehen diesmal die dunklen Seiten des menschlichen Wesens. Den Anfang macht am 21. Juli um 10 Uhr Bischöfin Nora Steen zu einem Judas-Bildnis, das die Gier thematisiert.
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"Mit ihren warmen Farben, den ausdrucksstarken Bewegungen und dem lebendigen Stil sprechen uns die Gemälde unmittelbar an, auch wenn sich die dargestellten Erzählungen uns nicht sofort erschließen. Durch die Predigten gelingt es, die alten Geschichten aus der heutigen Perspektive zu betrachten und aufzuspüren, was sie uns aktuell sagen können", sagt die Bischöfin.

"Judas, einer der Zwölf Apostel, verrät Jesus für dreißig Silberlinge. Es ist eine Geschichte darüber, welch zerstörerische Kraft die Gier entfalten kann. In einer Welt, in der materieller Besitz oft überbewertet wird, fordert diese Geschichte uns auf, kritisch über unsere Handlungen nachzudenken und zu fragen, wie wir in einer komplexen Welt moralisch handeln können", sagt Steen.
Prediger beschäftigen sich mit menschlichen Abgründen
Das Gesamtthema der Predigtreihe lautet in diesem Jahr „Menschliche Abgründe ins Bild gesetzt“. Zentrale Frage wird sein: Was ist der Mensch und was setzt Gott dem entgegen? Hier kommen alle Termine im Überblick:
So lebten unverheiratete Frauen im Kloster
Wer im Anschluss an den Gottesdienst Entspannung sucht, kann den Garten des Klosters für einen Spaziergang nutzen. Hier ist es so ruhig, dass man sich fast in eine andere Zeit hinein versetzt fühlt.
Sehenswert ist auch das Herzstück der Anlage: der Nonnenchor. Verborgen hinter halbhohen Mauern haben hier die Klosterbewohnerinnen am Gottesdienst teilgenommen, sodass sie keinen Kontakt zur Gemeinde oder zu den männlichen Geistlichen, die die Liturgie abhielten, hatten.

Lange Zeit diente das Kloster Benediktinerinnen und adligen unverheiratete Töchtern als Bet, Arbeits- und Wohnort. Gegründet wurde es im 13. Jahrhundert. Unterstellt war es dem Bischof zu Lübeck. Bis zur Reformation lebten hier Nonnen, die überwiegend aus dem holsteinischen Adel und aus der Lübecker Patrizierschaft stammten.
Fromm, fleißig, wohlhabend
Für unverheiratete Töchter des Adels war es eine durchaus standesgemäße Wahl, ihr Leben fromm, fleißig und gehorsam in einem Kloster zu verbringen – und oftmals war ihnen dieses Leben schon bei der Geburt vorbestimmt.
Mit der Reformation kam die Umwandlung in ein adeliges Damenstift. Das umfangreiche Vermögen – Wälder, Ländereien und der dazugehörige Wirtschaftshof – blieb im Besitz des Stifts und sicherte bis in die jüngere Vergangenheit die wirtschaftliche Grundlage des Konventes. Festgesetzt war eine Höchstzahl von 40 Frauen, einschließlich der Priörin. Diese Zahl hat sich mittlerweile auf etwa 15 Konventualinnen reduziert.

Zu den namhaften Bewohnerinnen des Klosters gehören Dorothea von Rantzau, Katharina von Buchwald oder Anna von Pogwisch. Nicht alle blieben lange im Kloster – wer heiratete, verließ es für immer.
Neue Besucher:innen sind herzlich willkommen
Seit 2021 feiert hier Pastorin Dr. Uta Andrée als ehrenamtliche Klosterpredigerin regelmäßige Gottesdienste. Die Gemeinde setze sich überwiegend aus Menschen aus der Region zusammen, bildet allerdings keine klassische Kirchengemeinde, sagt sie. "Es ist eine Gemeinschaft von Menschen, die sich sonntags im Kloster versammeln und die sich als Gemeinde empfinden", beschreibt die Theologin die Besucher:innen. Neue Gäste sind natürlich jederzeit willkommen.