Taize-Treffen in Rostock: „Da entsteht gerade eine mitreißende Dynamik“
09. Juni 2022
Pastor Albrecht Jax bereitet das Europäische Jugendtreffen von Taizé in Rostock vor. Dazu werden vom 28. Dezember bis zum 1. Januar tausende Jugendliche erwartet. Sie werden von Gastorten und Gastgemeinden in der Region empfangen und wohnen während der Dauer des Treffens bei privaten Gastgebern. Im Interview erzählt Jax von den Herausforderungen und der Vorfreude.
Dem Doberaner Pastor Albrecht Jax ist es zu verdanken, dass das Europäische Jugendtreffen von Taizé erstmals in Rostock und Region stattfindet. Seit zweieinhalb Jahren ist er mit der Organisation des Events mit erwarteten 10.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus aller Welt befasst. Wir haben nachgefragt, wie es läuft.
Herr Jax, seit mehr als einem halben Jahr sind Sie im Einsatz für das Europäische Jugendtreffen, zu Anfang mehr oder weniger ehrenamtlich, seit drei Monaten auch mit einem Stellenanteil und zunehmend nicht nur am Tag, sondern bis in die Nacht hinein. Macht Ihnen die Arbeit noch Spaß?
Es geht jetzt erst richtig los, Spaß zu machen! Seit letzter Woche sind drei der Brüder aus Taizé hier. Noch bis zum 25. Juni haben wir einen vollgepackten Terminkalender: Wir besuchen täglich Kirchengemeinden, Schulen, freie Schulen, Träger von Jugendarbeit und meist abends noch eine Taizéandacht. Mir macht es große Freude, mitzuerleben, was da gerade für eine mitreißende Dynamik entsteht.
Gleichzeitig mit den Brüdern sind rund 70 junge Menschen aus Rostock und Umgebung aus Taizé zurückgekommen. Sie haben über Himmelfahrt ein paar Tage in der Gemeinschaft verbracht. Diese jungen Menschen haben in Taizé verstanden, was da über den Jahreswechsel in Rostock stattfinden soll und sind total euphorisch.
Sie waren auch tolle Botschafterinnen und Botschafter der Ostseeküste: Sie hatten nämlich Ostseesand mitgenommen, den sie in kleine Tütchen gefüllt und dort verteilt haben mit der Einladung nach Rostock. Das fühlt sich gerade so an, als ob ein Initialfunke entfacht ist und nun sehr gut die nächste Stufe der Vorbereitungen losgehen kann.
Auf der Seite taizerostock.de informiert ein Kalender über aktuelle Termine im Zusammenhang mit Taizé und dem Jugendtreffen. Gab es die zahlreichen Taizégebete schon immer, oder entstehen da gerade auch welche im Zusammenhang mit dem großen Ereignis?
Obwohl ich ja schon seit Jahrzehnten jedes Jahr nach Taizé fahre und Andachten hier aufmerksam verfolgt habe, bin auch ich positiv überrascht, an wie vielen Orten es Taizégebete gibt. Viele hatten wir tatsächlich noch nicht im Blick, zum Teil sind das ganz kleine Grüppchen, die aus einer Einzelinitiative entstanden sind. Es wenden sich in den letzten Wochen zunehmend Gruppen oder Kirchengemeinden an mich, die mit Taizégebeten anfangen wollen oder schon gestartet haben.
Die erzählen mir dann beispielsweise, dass sie das Konzept von Taizé schon immer schön fanden und das kommende Jugendtreffen sie motiviert hat, jetzt einfach mal zu machen. Mit den Brüdern haben wir unter anderem die Taizéandacht der Evangelischen Studentengemeinde Rostock besucht und in Malchin eine kleine, eher familiäre Andacht. Diese Runde hat sich natürlich riesig gefreut, einmal mit Brüdern aus Taizé zu feiern.
Madrid, Paris, London und Rom – das sind nur einige der Austragungsorte Europäischer Taizé-Jugendtreffen. Und jetzt Rostock, eine Stadt in einer nicht besonders kirchlich und nicht besonders urban geprägten Region. Waren die Brüder, als sie im März schon einmal in unserer Region waren, danach nicht doch etwas skeptisch?
Skepsis gab es nur bis vor zwei Jahren. In dem Moment, in dem Bruder Alois (Anm.:der Nachfolger von Frère Roger, des Gründers und langjährigen Leiters der Communauté de Taizé) gesagt hat, wir nehmen Rostock in den Blick, gab es nur noch diese Perspektive und die Freude darauf. Skepsis erlebe ich eher bei mir als Verantwortlichem und in gewissem Sinn auch Ideengeber und den Menschen hier vor Ort in Bezug auf die pandemische Situation.
Da bin ich bin den Stadtverantwortlichen auch eng im Gespräch. Aber auch da beruhigen uns die Brüder mit ihrer ungebrochenen Zuversicht. Und etwas wird mir gerade jetzt, wo wir so viele bereichernde Begegnungen haben, zunehmend klarer: Das Treffen beschränkt sich nicht auf die drei Tage vom 28. Dezember bis 1. Januar, sondern dazu gehört selbstverständlich die Zeit der Erwartung, der Vorbereitungen.
Wenn man von Taizé spricht, ist oft vom besonderen „Geist von Taizé“ die Rede. Weht der auch schon in unserem Bundesland?
Wenn ich sehe, dass eine Gemeindepädagogin damit anfängt, mit Jugendlichen Gebetsbänkchen zu bauen oder wenn eine andere Mitarbeiterin einer Kirchengemeinde sagt, sie sei noch nie in Taizé gewesen, aber möchte jetzt unbedingt mitziehen und engagiert sich im Vorbereitungsteam – ja! Da geht gerade viel los, und das ist auf jeden Fall mehr als das, was wir mit Händen greifen und mit dem Verstand erfassen können.
Die erwarteten mindestens 10.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen in erster Linie bei privaten Gastgeberinnen und Gastgebern wohnen. Wie ist da der Stand der Vorbereitungen?
Wir haben gerade einen Informationsflyer entwickelt und diese Woche veröffentlicht. Darin heißt es: ‘Bewohnerinnen und Bewohner der Region Rostock sind herzlich eingeladen, ihre Türen zu öffnen und den jungen Leuten Gastfreundschaft anzubieten. Es braucht nur ganz wenig: Zwei Quadratmeter freie Bodenfläche für vier Nächte und ein einfaches Frühstück. Alle bringen Schlafsack und Isomatte mit. Herzlichkeit ist viel wichtiger als ein gut ausgestattetes Gästezimmer.‘ Wir freuen uns, wenn es möglichst viele diesen Flyer weiter verteilen.
Die Gemeinschaft von Taizé ist ökumenisch, ebenso die Jugendtreffen. Wie gestalten sich da im Vorfeld die Beziehungen mit unseren ökumenischen Partnern?
Es ist sehr schön, zu spüren, dass sich manches Ressentiment, das es hie und da gab, auflöst in diesem besonderen Geist. Wir planen nicht nur mit der katholischen Kirche sehr eng zusammen, sondern waren jetzt beispielsweise bei der Delegiertenkonferenz der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen, kurz ACK.
Die Brüder werden unter anderem einen freikirchlichen Gottesdienst in Rostock besuchen. Da gibt es gerade ganz viele Begegnungen. Ein Novum ist, dass wir nicht nur ökumenische Kontakte pflegen, sondern auch interreligiöse. So sind wir mit dem Rostocker Max-Samuel-Haus in Kontakt, der Rostocker Begegnungsstätte für jüdische Geschichte und Kultur.
Ein bisschen ist das so, als ob sich Menschen, die normalerweise viel nebeneinander laufen, sich auf einmal hinter dieser Klammer oder unter diesem Geist von Taizé versammeln.