EKD: Haupttagung der kirchlichen Männerarbeit

Theologe Rosowski: "Männern in der Kirche Heimat geben"

Dem Theologen Martin Rosowski geht es darum, Männer in ihren besonderen Fähigkeiten anzusprechen, um ins Gespräch zu kommen.
Dem Theologen Martin Rosowski geht es darum, Männer in ihren besonderen Fähigkeiten anzusprechen, um ins Gespräch zu kommen.© Bundesforum Männer

02. Mai 2023 von Annette Klinkhardt

Männer-Council statt Gottesdienst: Mit einem "Männerrat" startet heute (2. Mai) die Haupttagung der kirchlichen Männerarbeit der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Barhöft nördlich von Stralsund.

Rund 50 Haupt- und Ehrenamtliche in der kirchlichen Männerarbeit aus ganz Deutschland tauschen sich drei Tage lang über spirituelle Bedürfnisse von Männern und entsprechende kirchliche Angebote aus.

Eingeladen hat Martin Rosowski. Der Theologe und Historiker ist seit 1992 verantwortlich für die Männerarbeit der EKD. Mit ihm sprach Annette Klinkhardt:

Die Kirche ist über Jahrhunderte von Männern geprägt worden, in der Leitung sind immer noch überproportional viele Männer. Zugespitzt gefragt: Warum brauchen wir in einer Männerkirche eine spezielle Männerarbeit?

Martin Rosowski: In der Tat haben wir in der evangelischen Kirche immer noch wenige Bischöfinnen und nur eine gewisse Anzahl von Frauen in Führungspositionen. Dem steht gegenüber, dass es gerade die Männer zwischen 25 und 45 Jahren sind, die in überproportionalem Maß der Kirche den Rücken kehren, und das schon seit Jahrzehnten.

Das heißt, dass viele Männer eine größere Distanz zur Kirche haben als Frauen. Kirche ist zwar über die Jahrhunderte hinweg von Männern geleitet worden, hat es aber nicht geschafft, über all die Jahre verbindlich Heimat für viele Männer zu bieten.

Zur Person

Martin Rosowki ist seit 2016 Geschäftsführer des Evangelischen Zentrums Frauen und Männer, zu dem sich der Fachbereich Männerarbeit und die evangelischen Frauen in Deutschland zusammengeschlossen haben. Rosowski ist Mitglied des Bundesforums Männer – Interessenverband für Jungen, Männer und Väter e.V., das er von der Gründung 2010 bis 2019 leitete.

Wo sehen Sie die Ursachen dafür?

Männer tun sich eher schwer mit Fragen der Religiosität und Spiritualität. Sie finden sehr wohl ihre Zugänge, wollen diese aber jenseits aller Dogmatik verankert wissen.

Sie wollen eigene spirituelle Erfahrungen machen, sehr gerne in der Natur, auch bei Pilgerwanderungen oder bei stillen Tagen im Kloster. Diese Erfahrungen möchten sie als Spiritualität oder Religiosität anerkannt wissen.

In der Nordkirche passiert das schon sehr stark: Da gibt es eine engagierte Männerarbeit mit einem starken Schwerpunkt in Richtung Naturspiritualität wie eine Nacht des Feuers oder das Labyrinth.

Zu diesen Veranstaltungen unter freiem Himmel kommen übrigens viele Männer, die keine Kirchenmitglieder sind. Meine Kollegen in der Nordkirche erreichen eine bestimmte Klientel an Outdooraffinen, die niemals in einen Sonntagsgottesdienst gehen würden.

Runde, flache Steine liegen gestapelt auf einen Holzstamm am Meer.
Spiritualität in der Natur erleben ist ein Angebot der Männerarbeit in der Nordkirche.© Sarune Sedereviciute, unsplash

Wie äußert sich das jetzt bei Ihrer Tagung in Barhöft? 

Der Beginn der Tagung heißt in anderen Landeskirchen Eröffnungsgottesdienst und hier in der Nordkirche Männer-Council. Eine Form, die Jörg Urbschat vom Männerforum der Nordkirche geprägt hat. Bei diesem Männerrat beschäftigen wir uns mit einem Thema und vollziehen dabei bestimmte Rituale, die jenseits der klassischen Formen des Gottesdienstes sind.

Warum brauchen wir solch eine Ausdifferenzierung? Richten sich denn die biblischen Texte wie etwa die Psalmen nicht an alle Menschen unabhängig vom Geschlecht? 

Sicher stellt die christliche Tradition genügend Ressourcen für alle Geschlechter zur Verfügung. Die Frage ist nur, welche Erfahrungen bestimmen Menschen, wenn sie einen Psalm lesen. Die Lektüre fällt in eine Lebenssituation, die nicht unerheblich vom Geschlecht bestimmt ist.

Zum Angebot kirchlicher Männerarbeit gehören Treffen in Autogaragen, Holzhacken oder Sargbaukurse. Bedienen Sie damit nicht Klischees?

Uns ist sehr bewusst, dass wir auch Stereotype bedienen. Aber es geht darum, Männer in ihren besonderen Fähigkeiten anzusprechen, um ins Gespräch zu kommen, um einen Resonanzboden zu schaffen. 

Klar machen auch Männer ganz unterschiedliche Erfahrungen. Nicht alle fühlen sich privilegiert, viele empfinden die vorherrschende Männlichkeit auch als Last. Es gibt queere Jugendliche, die sich gegen jede Form des Mainstreams stellen und fragen, was heißt es überhaupt, Mann zu sein oder Frau zu sein.

Es ist also viel zu einfach, die Männer als eine undefinierte Masse der Unterdrücker zu betrachten, wir müssen gerade als Kirche ihre Bedürfnisse und Erfahrungen ernst nehmen. 

Papierfiguren halten sich an den Händen.
Hin und wieder einen Männergottesdienst anzubieten, findet Theologe Rosowski eine gute Sache.© portokalis - Fotolia

Welche Angebote können Kirchengemeinden machen?

Es ist eine gute Sache, wenn eine Kirchengemeinde sich ab und zu die Zeit nimmt, einen Männergottesdienst anzubieten. Ebenso wie wir Familiengottesdienste, Weltgebetstag und Kindergottesdienste feiern. Einfach ein paar Männer fragen, ob sie Lust haben, aus ihrer Perspektive einen Gottesdienst zu feiern. 

In dem Moment, wo die Männer merken, dass es um ihr Leben geht, um ihre Themen und ihnen nicht gesagt wird, was ihre Fragestellungen zu sein hätten, fühlen sie sich eher in der Kirche zu Hause.

Wir bieten jedes Jahr zum Männersonntag im Oktober ein Werkheft rund um ein Jahresthema. Dazu schreiben wir seit fünf Jahren auch einen Predigtpreis aus. Der nächste große Männergottesdienst in der Region findet übrigens in Rostock statt, das ist der SeeMANNSgottesdienst am 11. Juni vor dem Eisbrecher Stephan Jantzen im Stadthafen Rostock.

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