Volkstrauertag

Volkstrauertag: Erinnerung an Schrecken durch Krieg und Flucht auch heute aktuell

Jedes Jahr am Volkstrauertag wird in St. Jacobi derer gedacht, die auf ihrer Flucht nach Europa ums Leben gekommen sind. Eine mehr als 30 Meter lange Papierrolle zeugt davon. Eine private Initiative sammelt die Namen der Verstorbenen und listet tödliche Ereignisse auf.
Jedes Jahr am Volkstrauertag wird in St. Jacobi derer gedacht, die auf ihrer Flucht nach Europa ums Leben gekommen sind. Eine mehr als 30 Meter lange Papierrolle zeugt davon. Eine private Initiative sammelt die Namen der Verstorbenen und listet tödliche Ereignisse auf. © Dietlind Jochims

15. November 2024

Krieg, Zerstörung, Flucht und Vertreibung: Ohne einen gerechten Frieden hören Leid und Schrecken für soviele Menschen auf der Erde nicht auf. Leider ist die Erinnerung an die Opfer auch in diesem Jahr bedrückend aktuell. Verschiedene Formate in der Nordkirche bieten Raum für Trauer und Gedenken am Volkstrauertag.

Mit einem Requiem werden Akteur:innen der kirchlichen Flüchtlingsarbeit der Toten an den Grenzen Europas gedenken. In der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi wird damit bereits seit mehr als 15 Jahren derer gedacht, die auf ihrer Flucht nach Europa ums Leben gekommen sind.

Rückblick auf Opfer der NS-Zeit

Die KZ Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund erinnert im gesamten Monat November an die Ermordung von über 300 Häftlingen vor 80 Jahren. Ministerpräsident Daniel Günther wird am Volkstrauertag nach einem Gedenkgottesdienst dort einen Kranz niederlegen.

Lichtinstallation in Gedenkstätte Ladelund

Bereits seit dem 1. November ist auf dem ehemaligen Lagergelände, heute eine Ackerfläche, eine eindrucksvolle Licht- und Audioinstallation zu sehen. Die Umrisse der Baracken werden mit 300 Holzpfählen dargestellt, die mit phosphoreszierender Farbe bestrichen sind.

Diese werden über sechs Wochen hinweg bis zum 16. Dezember jede Nacht in blaues Licht getaucht und machen den Ort des Geschehens wieder sichtbar. Eine Audio-Collage mit Biografien der Opfer in zwölf Sprachen gibt ihnen eine Stimme.

„Jeder Pfahl steht für ein Opfer, die Pfähle werden nach der Aktion dauerhaft den einen Teil des Wegs des Gedenkens in Ladelund säumen“, erklärt Dr. Katja Happe, Leiterin der KZ Gedenk- und Begegnungsstätte.

Die Gräber der KZ-Insassen vor der Kirche Ladelund
Die Gräber der KZ-Insassen vor der Kirche Ladelund © Archiv Gedenkstätte Ladelund (AGL)

Hintergrund:

Das Konzentrationslager in der Gemeinde Ladelund bestand vom 1. November bis 16. Dezember 1944. Die SS ließ hier über 2000 Häftlinge aus zwölf Nationen zwischen Humptrup und Ladelund Panzerabwehrgräben ausheben. Niemand im Dorf konnte die Qualen der zur Arbeit getriebenen, hungernden Menschen übersehen. Innerhalb von sechs Wochen starben hier 300 Häftlinge. Sie wurden auf dem Dorffriedhof bestattet.

Requiem für die Toten an den Grenzen Europas

Das Requiem wird von einem ökumenischen und interreligiösen Bündnis getragen. Es steht in diesem Jahr unter dem Motto: „Sei ein Mensch!“. Die Zeile stammt aus der Rede des Sportjournalisten Marcel Reif bei der Gedenkstunde im Januar 2024 für die Opfer des Holocaust im Bundestag.

„Bis Ende Oktober diesen Jahres 2024 sind schon mindestens 1.600 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Viele weitere werden vermisst. Die Zahl der Toten und Vermissten auf dem Weg durch die Wüste bis zu den Meeren ist dabei nicht mitgezählt!" Die Veranstaltenden betonen weiter:

Mit dem Requiem, das seine Kraft in Gebet und Stärkung untereinander findet, protestieren wir gegen das Sterben-Lassen und setzen uns ein für die Lebenden.

Hauptpastorin Lisa Tsang wird das Requiem leiten, die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims, predigen. Imam Erkan Yüksekkaya von der Centrums Moschee in Hamburg wird die islamische Totenklage aus dem Koran rezitieren.

"Ein Zeichen gegen die Gleichgültigkeit und das Vergessen": Die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims, in ihrer Predigt.
"Ein Zeichen gegen die Gleichgültigkeit und das Vergessen": Die Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche, Dietlind Jochims, in ihrer Predigt.© Dietrich Gerstner

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