Perspektivwechsel: Von der Kanzel in den Hörsaal
29. Dezember 2021
Pastorin Birke Siggelkow-Berner verlässt die Vicelinkirche in Neumünster, um an der Uni Göttingen zu forschen. Seit 2019 hatte die promovierte Theologin in Neumünster gewirkt und in ihrer Gemeinde unter anderem neue Andachtsformen eingeführt und Angebote für Schüler entwickelt. Am Sonntag, 16. Januar, verabschiedet sie sich in einem Gottesdienst.
Wie ein starker Sog wirkt es, wenn Birke Siggelkow-Berner von ihrem neuen Job spricht: "Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ich noch einmal an die Uni zurückkehre." Doch als sie erfuhr, dass ihre Stelle an der Theologischen Fakultät aus viel eigener Forschung bestehen sollte, war klar: "Dieses Angebot kann ich unmöglich ausschlagen."
Eigenes Buch ist in Arbeit
Bereits als Siggelkow-Berner im August 2019 als Pastorin an die Vicelinkirche kam, spukte ihr die Idee, ein eigenes Buch zu schreiben, durch den Kopf. Nun kommt sie diesem Wunsch einen riesigen Schritt näher und forscht über "Fiktion als Wahrheit im Neuen Testament". Dieses Projekt ist nicht zuletzt durch ihre Erfahrungen an der Vicelinkirche geprägt. "Mir haben Menschen hier immer wieder die Frage nach der Wahrheit unserer biblischen Grundlagen gestellt", sagt die Pastorin.
Diese Menschen nun zurückzulassen, falle ihr nicht leicht. "In den vergangenen Jahren ist hier an der Vicelinkirche etwas gewachsen", meint Siggelkow-Berner. Ihr neues Andachtsformat "Eine gute halbe Stunde" zum Beispiel. Jeden zweiten Donnerstag sind rund 20 Menschen in der Kirche zusammengekommen, zu Gebet, Gesang und zehn Minuten Stille. "Das ist mir so ans Herz gewachsen, weil es ein Kontrapunkt in unserem Alltag ist. Über einen Text, einen Psalmvers nachdenken, ein Raum, um sich von Gott, von sich selbst und der Welt berühren zu lassen."
Besuchsdienst ist ihr Verdienst
Besonders gefreut hat die Pastorin, dass sie zu dieser Andacht auch immer wieder neue Gesichter begrüßen durfte. Das gilt genauso für den Besuchsdienst, dessen Team sie wieder aufgebaut hat. Es gratuliert älteren Menschen persönlich zum Geburtstag, kommt zuhause oder regelmäßig im Altenheim vorbei.
Stark von der Coronapandemie beeinträchtigt war Siggelkow-Berners "Entdeckungsreise in der Vicelinkirche". Für Schüler der 5. bis 12 Klasse hat sie dieses Angebot entwickelt. Die Pastorin erinnert sich: "Eine Gruppe wollte herausfinden, woher das Böse kommt. Sie haben Orte in der Kirche gesucht, wo das Gute oder das Böse spürbar werden. Das waren sehr schöne und reiche Begegnungen."
Verbindung nach Neumünster bleibt
Ein weiteres Herzensanliegen ist es für die Theologin immer gewesen, Menschen in ihrem Leben zu begleiten: "Ich habe gerne Gottesdienste gefeiert, Trauerfeiern und genauso wie Trauungen." Immer sei es ihr darum gegangen, Räume zu öffnen, wo Menschen heilsam dem Glauben und sich selbst begegnen könnten.
Die gute halbe Stunde, diese Andacht mit viel Raum zum Nachdenken, wird auch nach ihrer Verabschiedung bleiben. Und irgendwie auch Birke Siggelkow-Berner. Selbst wenn sie zukünftig an der Universität Göttingen arbeitet, wohnt sie weiterhin in Neumünster. "Ich bleibe Gemeindeglied, denn Vicelin ist einfach ein wichtiger Ort für mich."