Bischof oder Bischöfin?

Wahl im Sprengel Schleswig und Holstein: "Wir stellen uns"

Stellen sich zur Wahl: Pastorin Nora Steen (links) und Pastor Friedemann Magaard. Präses Ulrike Hillmann wird den Wahlvorschlag auf der Synode am 24. Juni begründen.
Stellen sich zur Wahl: Pastorin Nora Steen (links) und Pastor Friedemann Magaard. Präses Ulrike Hillmann wird den Wahlvorschlag auf der Synode am 24. Juni begründen. © Nordkirche/ Markus Dewanger

23. Juni 2023

Sie wollen beide gewählt werden: Nora Steen und Friedemann Magaard stellen sich zur Wahl zur Bischöfin/zum Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein. Was sie eint und unterscheidet, erklären sie im Doppelinterview mit Kay Müller vom Schleswig-holsteinischen Zeitungsverlag (sh:z).

Frau Steen, in einem Satz: Was muss eine Bischöfin / ein Bischof können? 
Steen: Diese Person muss ein offenes Ohr haben für die Belange, die innerkirchlich an sie herangetragen werden. Und sie muss zugleich eine öffentliche Stimme sein, die unsere Themen mit Politik und Gesellschaft gut kommunizieren kann.

Was meinen Sie, Herr Magaard? 
Magaard: Das stimmt natürlich alles. Ergänzend würde ich sagen, dass ein Bischof motivieren, aufbauen und trösten sollte – nach innen und nach außen und mit klaren Worten.

Da passt ja gar nicht so viel zwischen Sie? 
Magaard: Das könnte Ihnen heute häufiger passieren.

Weitere Informationen

Die Wahl wird am 24.6.2023 im Livestream übertragen auf dem Synodenportal der Norkirche, sowie auf unseren Social Media-Kanälen bei Facebook und Youtube

Wahl zur Bischöfin oder zum Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein

Was kann denn Frau Steen, was Sie nicht können? 
Magaard:
Nora Steen ist eine ganz hervorragende Kollegin, die eine große Internationalität mitbringt, viele Erfahrungen im Ausland gesammelt hat. Daher hat sie einen weiten Blick. 

Und was können Sie, was Frau Steen nicht kann? 
Magaard: Wir bringen unterschiedliche Erfahrungen mit. Ich habe die stärkere Kirchengemeindeerfahrung. Das ist der Herzschlag meiner beruflichen Tätigkeit. Die Basisarbeit zu kennen und sie in die Kirchenleitung stärker mit einzubinden – das möchte ich machen.

Und was können Sie besser als Herr Magaard? 
Steen:
Ich bin ja Friedemanns Nachfolgerin in Breklum und gestalte Leitung anders. Und ich versuche den Menschen vor Ort mehr Anschluss an Themen zu ermöglichen, mit denen sie noch nicht so viel zu tun hatten. Da habe ich eine wirkliche Stärke.

Und was kann Herr Magaard besser? 
Steen: Ich schätze Friedemanns kluge und eloquente Art. Er kann Bühnen bespielen mit Themen, die brenzlig sind, und Leute miteinander im öffentlichen Raum in den Diskurs bringen.

Herr Magaard, Sie bewerben sich als Nachfolger Ihres Bruders Gothart, was nicht alle in der Kirche gut finden. Was wollen Sie anders machen als er? 
Magaard: Wir sind bis auf den komplizierten Nachnamen sehr verschieden, das waren wir schon immer. Und die künftigen Herausforderungen sind auch andere als in den vergangenen zehn Jahren. Unsere Kirche wird schneller kleiner als prognostiziert, die finanziellen Spielräume werden deutlich enger.

Pastor Friedemann Magaard
Pastor Friedemann Magaard© Nordkirche / Marcus Dewanger

Die Kirche muss und wird sich verändern, deswegen werden wir auch eine andere Amtsführung brauchen – für Menschen, die sich in einem Übergang befinden und die dafür die fröhliche Kraft der Kirche benötigen. Dafür stehe ich zur Verfügung.

Und wie wollen Sie die Kirche neu aufstellen, Frau Steen? 
Steen: Zunächst mal vertrete ich eine jüngere Generation, die bislang nicht im Bischofsrat vertreten ist. Und wie Friedemann richtig sagt, kommen wir jetzt in andere Zeiten, in der es fair wäre, meine Generation dort mit hineinzunehmen. Ansonsten werden wir in zehn Jahren einen Abbruch haben.

Pastorin Nora Steen
Pastorin Nora Steen© Nordkirche / Marcus Dewanger

Vertreterinnen und Vertreter meiner und der noch jüngeren Generationen stellen sich oft für Leitungsfunktionen nicht mehr zur Verfügung. Schon durch meine Kandidatur habe ich viele Menschen ermutigt, mir zu folgen. 

Wenn Sie aber Bischöfin werden, säßen im Bischofsrat plötzlich drei Frauen und nur noch ein Mann. Ist das ein Problem? 
Magaard: Die Paritätsfrage stellt sich hier wirklich nicht. Die Synodalen werden einfach entscheiden, wen sie für besser geeignet halten.
Steen: Die Nordkirche ist ja mit drei Männern und einer Frau gestartet. Damit hatte niemand ein Problem, und andersherum wird es das auch nicht so sein. Aber das Bischofsamt in diesem Sprengel war auch noch nie mit einer Frau besetzt, und auch der Pröpstekonvent ist mit zwölf Männern und drei Frauen noch nicht wirklich paritätisch besetzt.

Mindert das Ihre Chancen, Herr Magaard? 
Magaard: Die Zahlen, die Nora genannt hat, stimmen ja und sind ein Argument. Und eines vorweg: Wenn Nora Steen gewählt würde, wäre das ein guter Tag für die Nordkirche...

... aber noch ein besserer, wenn Sie gewählt würden? 
Magaard:
Nein. 

Jeder Politiker hätte jetzt „ja“ gesagt ... 
Magaard: ...es wäre aber hier nicht richtig. Der Synode werden zwei Personen vorgestellt, die jeweils ihre eigenen Erfahrungen einbringen, ein klares theologisches Profil mitbringen und hinreichend unterschiedlich sind, dass man sich gut entscheiden kann. Wir wurden nominiert und stellen uns.
Steen: Wir bedienen unterschiedliche Erwartungen. Und die Synode wird eine gute Entscheidung treffen. Das ist keine Richtungswahl.

Dann bilden Sie doch eine Doppelspitze. 
Magaard: Lustigerweise bin ich häufiger darauf angesprochen worden. Ich könnte es mir vorstellen, aber es ist bei uns für dieses Amt leider noch nicht vorgesehen.
Steen: Ich habe das gerade in einem wichtigen Ausschuss der Nordkirche so gemacht und bin dort Teil einer Doppelspitze. Ich glaube, da muss sich auch in anderen Positionen der Kirche etwas ändern. Wir sind da auch in der Pflicht, die Menschen nicht zurückzulassen, die Familie, Beruf und Kirche miteinander in Einklang bringen wollen und es im Moment nicht können, weil ihnen die Zeit für eine Leitungsfunktion fehlt.

Wie wird Kirche unter Ihrer Führung sein? 
Steen: Erstens stelle ich gerade eine große Stagnation in den Gemeinden fest. Es braucht mehr Ermutigung, um Dinge anders zu machen. Wir sind schon jetzt in einer Minderheitenposition, das kann uns befreien. Wir haben nicht viel zu verlieren, aber viele Menschen, die auf uns warten. Die möchte ich gewinnen. Und zweitens möchte ich das Wort der Kirche hörbarer machen und politischer werden. Da sind wir in der Vergangenheit zu weich geworden, möglicherweise um mehrheitsfähig zu sein. Das gilt vor allem für Fragen, in denen wir professionell sind: denen nach den Grenzen des Lebens, nach künstlicher Intelligenz und vieles mehr. 
Magaard: Das stimmt, wir haben uns in öffentliche Diskurse einzubringen. Ein weiterer Punkt für die Zukunft: Kooperation. Die Verknüpfung im Sozialraum. Gemeinden werden diakonischer, die Diakonie gemeindenäher. Wir brauchen eine Strategie der Vernetzung.

Wie wollen Sie die Mitglieder bei der Stange halten? 
Steen: Alle Statistiken zeigen, dass wir den Mitgliederrückgang nicht aufhalten können. Viele Menschen wollen sich nicht mehr wie in der Vergangenheit an die Kirche binden. Aber sie wollen kirchliche Angebote nutzen. Da müssen wir Formen von Mitgliedschaften finden, die Menschen abholt. Ich war Pastorin in einer Auslandsgemeinde, in der es sowohl Mitgliedsbeiträge, aber auch welche für Hochzeiten oder Beerdigungen gab. Es steht mir aber nicht zu, allein eine Entscheidung zu treffen, was in der Nordkirche die beste Form ist. Das entscheiden wir in den Gremien und in der Landessynode gemeinsam.
Magaard: Die Synode hat schon 2019 den Auftrag an die Kirchenleitung gerichtet, alternative Finanzierungen zu finden. Wir brauchen eine Öffnung, aber ein Alleingang im Norden macht keinen Sinn. Und was die Organisation angeht, müssen wir erkennen, dass die Traditionen unseres Christseins nicht mehr selbsterklärend sind. Deswegen will ich aus sicheren Räumen ausbrechen, dahin wo die Leute sind. Ins Risiko zu gehen, auch etwas falsch machen zu können – das möchte ich wagen. Wir müssen da neu reden lernen.

Und wie ist Ihre Prognose: Wer wird die neue Bischöfin oder der neue Bischof? 
Magaard: Da müssen wir die Kaffeekanne noch mal holen und im Satz lesen. Die Synode wird wissen, was für sie gut passt.

Und Sie Frau Steen? Sie hatten bei Ihrem Vorstellungsgottesdienst ein paar mehr Gäste ... 
Steen: ...auch das sagt ja nichts. Die Synode ist unberechenbar, und das mag ich so an ihr. Es gibt keine Lagerbildungen oder Absprachen. Und es gibt bestimmt noch den einen oder die andere, die erst nach unserer Vorstellungsrunde am 24. Juni ihre Entscheidung treffen.

Impulsvideos

Die beiden Kandidierenden für das Amt einer Bischöfin/eines Bischofs im Sprengel Schleswig und Holstein setzen einen digitalen Impuls mit einer theologischen Zeitansage: 

Zum Video vonFriedemann Magaard

Zum Video vonNora Steen

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