Aus dem 14. Jahrhundert

Warum diese Kirchenfenster ein wahrer Schatz sind

Diese Fenster stammen aus dem 14. Jahrhundert
Diese Fenster stammen aus dem 14. Jahrhundert© Nadine Heggen / Evangelische Zeitung

19. Juni 2015 von Timo Teggatz

Breitenfelde. Die Kirche von Breitenfelde (Schleswig-Holstein) birgt ein besonderes Geheimnis: Die Fenster gelten als die ältesten in Deutschland nördlich der Elbe. Sie stammen aus dem 14. Jahrhundert und erzählen von Jesus.

„Der Zyklus ist um 1250 entstanden und ist von sensationeller Qualität“, erklärt Gemeindepastor Frank Lotichius und verweist auf ein schmales Büchlein mit dem Titel „Die mittelalterlichen Glasfenster der Kirche zu Breitenfelde“. In diesem Band dokumentiert der Geschichtslehrer Hermann Harms aus Breitenfelde die Historie des seltenen Christusfensters und bezeichnet es als „Kleinod sakraler Glasmalerei“.

So entsprechen fünf Bilder noch dem Original, lediglich das unterste ist eine Nachbildung des Lübecker Konservators und Malers Carl Julius Milde aus dem 19. Jahrhundert. Milde war der erste, der den Wert der Fenster erkannte, über sie berichtete und sich für ihre Rettung einsetzte. Er erhielt den Auftrag, sie zu restaurieren und die beiden Nebenfenster passend mit Ornamenten zu füllen. Der Konservator schätzte den Ursprung der Fenster auf Mitte des 14. Jahrhunderts.

Kunsthistoriker wie Arthur Haseloff wiesen aber nach, dass die Bilderreihe bereits 100 Jahre früher entstand. Bei seinen Untersuchungen stellt Haseloff eine große Nähe zu zahlreichen Glasgemälden gotländischer Kirchen fest. Hermann Harms bezeichnet den Fensterzyklus in Breitenfelde deshalb topographisch als „Bindeglied zwischen mitteldeutscher und skandinavischer Kultur“.

Retabel-Altar verdeckte das Chorfenster

Inhaltlich erzählt der Fensterzyklus von sechs Stationen aus dem Heilsgeschehen. Das unterste Fenster zeigt die Verkündigung an Maria. Dies ist das einzige Fenster, das von Carl Julius Milde nachgebildet wurde. Es folgen im Original die Geburt Christi (Weihnachtsfenster), die Kreuzigung (Passionsfenster), die Auferstehung (Osterfenster), Christus als Gärtner und seine Himmelfahrt.

 

Wie Hermann Harms in seinem Buch erklärt, stand die Glasmalerei damals im Dienst der Kirche. Fensterzyklen galten als Bilderschrift biblischer Offenbarungen, als „Bildzeitungen für die des Lesens und Schreibens unkundigen Gläubigen“. Die Bildersprache musste daher verständlich sein, einfach, schematisch und allgemeingültig.

Daher stellten die Glasmaler immer typische Figuren, Situationen und Handlungen dar. Durch das einfallende Licht sollten die Glasfenster das Heilsgeschehen transparent machen. Die Kirche in Breitenfelde gehört damit zu den wenigen Kirchen in Deutschland, die noch mit solch alten Glasgemälden glänzen können. Harms nennt neben der Kirche in Breitenfelde lediglich noch vier Kirchen in Niedersachsen, zwei in Hessen, zwei in Rheinland-Pfalz, eine in Thüringen und eine in Mecklenburg-Vorpommern. „Wenn man bedenkt, dass alle großen romanischen und frühgotischen Kirchen mit größter Wahrscheinlichkeit Farbfenster besaßen, ist dieser Katalog recht dürftig“, sagt der Historiker.

Fragwürdige Restaurierung

Der Verlust romanischer Glasmalereien erkläre sich durch Kriege, den Aufstieg der Tafelmalerei und den späteren Zeitgeschmack, den Kirchenraum möglichst hell zu gestalten. Selbst nachdem Carl Julius Milde den Wert der Kirchenfenster öffentlich gemacht hatte, wurde dem längst nicht immer Rechnung getragen.

Nur wenig später, im Jahr 1867/1868, wurden die Fenster durch eine fragwürdige Restaurierung komplett verdeckt. Neben einer Dachsanierung und der Einrichtung einer neuen Orgel legten sich die Verantwortlichen damals einen hölzernen Retabelaltar zu – und stellten ihn kurzerhand direkt vor das Chorfenster. Von dem Christusfenster war im Innenraum der Kirche nun nichts mehr zu sehen. Während des Zweiten Weltkriegs wurden sie nach den Worten von Pastor Frank Lotichius immerhin in Sicherheit gebracht – „auf einem Schiff auf dem Ratzeburger See, um sie vor den Bomben zu schützen“. Nach dem Krieg lieh die Kirchengemeinde die Fenster vorübergehend an das St.-Annen-Museum in Lübeck aus, wo sie zeitweilig im Kreuzgang ausgestellt wurden. Durch den riesigen Retabelaltar waren sie ja in der Kirche ohnehin nicht zu sehen.

Bausünden wurden wieder ausgebügelt

In den 1960er-Jahren wurde die Kirche dann erneut saniert und die Bausünden aus dem 19. Jahrhundert wurden wieder ausgebügelt: Der damalige Pastor Kurowski gab dem Kirchenraum mit Kirchenvorstand, Architekten und dem Landesamt für Denkmalpflege einen neuen Anstrich: Alte Kirchenbänke wurden durch neue ersetzt, die Wände erhielten eine freundlichere Farbe und der viel zu hohe Altar wich einem schlichten, gemauerten Altarblock.

In diesem Zuge wurde auch das Glasfenster aus dem St.-Annen-Museum in Lübeck wieder abgezogen, restauriert, eingebleit und durch eine Sicherheitsverglasung geschützt. Seitdem hängt der Fensterzyklus nun wieder an seinem Platz – und erzählt in leuchtenden Farben von der Geschichte Jesu.

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