Seelsorge für Einsame

Wenn das Alleinsein unerträglich wird: Die Telefonseelsorge hört hin

Einsamkeit trifft unterschiedliche Altersgruppen. Auch junge Menschen können darunter leiden, wenig tiefergehende Kontakte zu haben.
Einsamkeit trifft unterschiedliche Altersgruppen. Auch junge Menschen können darunter leiden, wenig tiefergehende Kontakte zu haben. © Nikkimeel, iStock

26. März 2024 von Julia Krause

Wenn sich Feiertage anbahnen, ist dies für manche Menschen schwer zu ertragen. Denn an ihnen ist die Einsamkeit besonders zu spüren. Die Telefonseelsorge in Hamburg und Lübeck spricht täglich mit Menschen, die sonst niemanden zum Reden haben.

Die Apparate der Telefonseelsorge Hamburg und Lübeck stehen nie still. 40 Gespräche pro Tag sind es allein in Lübeck, sagt Pastor Frank Gottschalk, Leiter der Lübecker Telefonseelsorge. Motiviert sind sie durch Beziehungskonflikte, Ängste oder Depressionen. Die größte Anrufergruppe aber stellen mittlerweile Menschen, die aus einem Gefühl der Einsamkeit und sozialen Isolation heraus anrufen, sagt er.

Podcast-Tipp

"Mein Gott, warum Kirche?!" aus dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg" zur Telefonseelsorge: 

"Der Hauptgrund ist Einsamkeit" 

Viele Nutzer leben sozial isoliert

Das bestätigt auch seine Kollegin Babette Glöckner, Leiterin der Telefonseelsorge der Diakonie Hamburg. „Uns rufen Leute an, die einfach mal eine menschliche Stimme hören wollen“, sagt sie. „Die vielleicht zuletzt vor einer Woche mit jemanden gesprochen haben – und das war dann der Hausarzt.“

24-Stunden-Hotline: Unter 0800 / 111 0 111 können alle kostenfrei und anonym anrufen. Die Anrufenden werden zur jeweiligen Telefonseelsorge ihres Bundesgebiets gelenkt. 

„Einsamkeit ist das große Thema unserer Zeit! Die sozialen Einheiten werden immer kleiner. Auch die Schnelllebigkeit und die Mobilität unserer Welt trägt dazu bei, dass Menschen zwar viele Kontakte haben können, aber in der Tiefe doch sehr einsam sind“, sagt Seelsorger Frank Gottschalk.

Telefonseelsorger Frank Gottschalk
Pastor Frank Gottschalk leitet die Telefonseelsorge Lübeck. © Oliver Pries

Bedarf ist höher als die Kapazitäten

Das Problem: Die Telefonseelsorge erlebt durch diese Entwicklung seit Jahren einen Ansturm, dem sie nicht gewachsen ist. Nur ein Bruchteil der Anrufer:innen kann entgegengenommen werden. Glöckner schätzt ihn für Hamburg auf etwa 15 bis 20 Prozent.

Ehrenamtliche gesucht 

Für den Ausbildungsjahrgang 2025 sucht die Telefonseelsorge Hamburg noch Teilnehmer:innen. Voraussetzungen für das Ehrenamt bei der Telefonseelsorge sind, dass jemand: 

  • belastbar und mit sich selbst im Reinen ist
  • empathisch und neugierig auf Menschen ist
  • teamfähig ist 
  • mindestens zwei Tagschichten im Monat und fünf Nachtschichten im Jahr übernehmen kann

Ein Motivationsschreiben kann per E-Mail an telefonseelsorge@diakonie-hamburg.de gerichtet werden. 

„Eigentlich sind wir vor 65 Jahren primär als Suizid-Präventions-Hotline gestartet. Wir werden inzwischen aber weit darüber hinaus genutzt“, sagt die Pastorin. Doch wer beim Anwählen der Hotline durchkommt, hängt vom Zufall ab – und einer gewissen Hartnäckigkeit. 

Kirchliches Angebot ist einzigartig 

In Hamburg gibt es aktuell drei bis vier Telefone, die rund um die Uhr durch die Diakonie und Caritas besetzt sind, um akut Gefährdeten zu helfen. Die Einrichtungen der evangelischen und katholischen Kirche bieten damit eine Hilfe, die es in dieser Form von keiner anderen Institution gibt.

 „Wir sind die einzigen, die eine 24-Stunden-Seelsorge-Hotline für ganz Hamburg anbieten. Am Wochenende laufen wir auf vielen Anrufbeantwortern der psychologischen und psychiatrischen Praxen“, verdeutlicht Pastorin Glöckner die Bedeutung des Angebots.

Babette Glöckner, Leiterin der Telefonseelsorge des Diakonischen Werkes Hamburg.
Pastorin Babette Glöckner ist Leiterin der Telefonseelsorge des Diakonischen Werkes Hamburg.© Diakonie Hamburg

Viele Menschen werden zu Mehrfachnutzern

Wer aus einer akuten Notlage heraus anruft, bekomme mehr Gesprächszeit eingeräumt als jemand, der seine Einsamkeit durchbrechen oder seinem Beziehungsärger Luft machen möchte. Bei Suizidgefahr können es 50 Minuten werden, bei allen anderen sind es eher fünf bis 15 Minuten, so Glöckner. Doch wer beim ersten Kontakt gute Erfahrungen gemacht habe, entwickle sich nicht selten zum Dauernutzer. 

„Die Mehrzahl der anrufenden Menschen sind Mehrfachanrufer. Also Menschen, für die der regelmäßige Anruf bei der Telefonseelsorge zum Leben dazugehört“, so Gottschalk. Bei diesen Gesprächen gehe es nicht darum, schnelle Lösungen parat zu haben oder Ratschläge zu erteilen. Was vielmehr gefragt sei, ist Empathie.

Seelsorge stellt keine Bedingungen

„Seelsorge heißt, dass jemand bedingungslos da ist. Und genau das machen wir“, sagt er. „Wir sind kein Blaulicht-Rettungsdienst. Aber wir helfen diesen Menschen mit ein paar Minuten Gespräch über ihren Tag.“

Finanzierung

Die Telefonseelsorge wird zum Großteil von der katholischen und evangelischen Kirche und ihren beiden Wohlfahrtverbänden Caritas und Diakonie getragen. „Ich danke allen, die Kirchensteuer zahlen. Denn sie ist eine wesentliche Finanzierungssäule der Telefonseelsorge. Ohne Kirchenmitglieder gäbe es sie nicht“, so Frank Gottschalk, Leiter der Telefonseelsorge Lübeck.

Ein kleiner Teil wird durch private und Unternehmensspenden finanziert.

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