Wie der Brüggemann-Altar nach Schleswig kam
12. Mai 2021
Sieben Jahre lang schnitzte Hans Brüggemann (1480-1540) an einem prächtigen Altar für die Klosterkirche Bordesholm. In diesem Jahr feiert der Altar 500. Geburtstag. Seit 1666 steht er im Schleswiger Dom. Wir erklären, was dahinter steckt.
Rechtzeitig zum 500. Geburtstag kann man ihn wieder betrachten: den Brüggemann-Altar, auch bekannt als Bordesholmer Altar. Viele Monate lang er im Schleswiger Dom im Zuge der dortigen Sanierungsarbeiten hinter einer großen Plane versteckt.
Der 1521 von Bildhauer Hans Brüggemann fertiggestellte Passionsaltar gilt als einer der größten erhaltenen Schnitzaltäre Deutschlands. Das zwölf Meter hohe Kunstwerk mit seinen fast 400 geschnitzten Figuren hat eine bewegte Geschichte.
Kunstwerk mit großer Detailtiefe
Der Bordesholmer Altar ist das Hauptwerk von Bildhauer Hans Brüggemann. Der Gottorfer Herzog und spätere König Friedrich I. von Dänemark gab ihn im 16. Jahrhundert für die Bordesholmer Klosterkirche in Auftrag. Der einstige Klappaltar zeigt biblische Szenen von der Kreuzigung über die Auferstehung Jesu bis hin zum Geburtstag der Kirche zu Pfingsten. Als Vorlage dienten Brüggemann auch Holzschnitte des Malers Albrecht Dürer (1471-1528). Ein paar Figuren weisen sogar Ähnlichkeiten mit Brüggemann selbst und dem Herzog auf. Bemalt sind die Figuren nicht. Lediglich auf einigen Lippen und Augen finden sich Farbreste.
"Besucher fasziniert vor allem die große Tiefe und die vielen Details", sagte die Schleswiger Pastorin Christiana Lasch-Pittkowski. Jedes Altarbild besteht aus mehreren Figurenreihen. Alle sind aus Eichenholz und bis ins letzte Detail ausgearbeitet. "Man kann die Haut- und Kleiderfalten erkennen, die unterschiedlichen Frisuren und Kopfbedeckungen und sogar die Muskeln auf den Männerbeinen", so Pastorin Lasch-Pittkowski.
Altar wird während des Kriegs eingelagert
Vor der Reformation war es üblich, dass reiche Menschen Altäre stifteten, um sicherzugehen, dass immer jemand für sie betete und sie dadurch nicht im Fegefeuer, sondern im Himmel landeten. Herzog Friedrich plante damals, sich mit seiner ersten Ehefrau Anna in Bordesholm bestatten zu lassen. Anna wurde 1514 auch dort begraben. Als Herzog Friedrich jedoch 1533 starb, wurde er mit seiner zweiten Frau im knapp 70 Kilometer entfernten Schleswiger Dom beigesetzt.
Nachdem das Stift in Bordesholm 1666 im Zuge der Reformation aufgelöst wurde, ließ der Gottorfer Herzog Christian Albrecht den Bordesholmer Altar im selben Jahr im Schleswiger Dom aufstellen. "In Bordesholm hätte er den Zweiten Weltkrieg wahrscheinlich nicht überstanden. In Schleswig ist er während des Krieges abgebaut und eingelagert worden", sagte Lasch-Pittkowski.
Dieser Verlust setzt den Bordesholmern noch heute zu. Viele kommen nach Schleswig, um sich den Altar anzusehen. Nils Claussen vom Kirchengemeinderat in Bordesholm hat im Laufe der Jahre immer wieder von einzelnen Bestrebungen gehört, den Altar in die Klosterkirche zurückzuholen. "Die Wehmut über den Ausgang der Geschichte ist immer noch da", sagt Claussen.
Bordeholmer Ausstellungen starten im Juli
Streit gebe es deshalb aber nicht zwischen den beiden Städten. Auch die Planungen zum Jubiläum des berühmten Schnitzaltars verliefen einvernehmlich. So soll es am 11. Juli mit Ausstellungen in der Bordesholmer Klosterkirche und im Museum auf der Klosterinsel losgehen.
Zu diesem Zweck haben sich die Bordesholmer die beiden 1,30 Meter hohen Säulenfiguren Sybille und Salomon aus Schleswig ausgeliehen, die normalerweise vor dem Brüggemann-Altar stehen. In Bordesholm werden sie vor einer 1:1-Nachbildung des Schnitzaltars posieren. So bekommt Bordesholm für einige Zeit einen Hauch Brüggemann zurück.
Von September 2021 bis Pfingsten 2022 sind dann Veranstaltungen in Schleswig geplant. Führungen und Vorträge etwa – vor dem echten Brüggemann-Altar.