Antikriegstag

Interreligiös: Wir beten für den Frieden

Beten gemeinsam für den Frieden: Juri Rosov, Yurij Chormiy, Bischof Tilman Jeremias, Maher Fakhouri und Tetiana Sushko.
Beten gemeinsam für den Frieden: Juri Rosov, Yurij Chormiy, Bischof Tilman Jeremias, Maher Fakhouri und Tetiana Sushko.© Annette Klinkhardt, Nordkirche
Sie sind in den Farben der Ukraine gekommen: Die Teilnehmer:innen am Interreligiöser Friedensgebet in Rostock.
Sie sind in den Farben der Ukraine gekommen: Die Teilnehmer:innen am Interreligiöser Friedensgebet in Rostock. © Annette Klinkhardt, Nordkirche
Mehrere Religionsvertreter, die ein gemeinsames Anliegen haben: Frieden. In Rostock bringen sie in teils sehr persönlichen Gebeten vor, was sie bewegt.
Mehrere Religionsvertreter, die ein gemeinsames Anliegen haben: Frieden. In Rostock bringen sie in teils sehr persönlichen Gebeten vor, was sie bewegt. © Annette Klinkhardt, Nordkirche
Bischof Tilman Jeremias im Gespräch mit Maher Fakhouri.
Bischof Tilman Jeremias im Gespräch mit Maher Fakhouri.© Annette Klinkhardt, Nordkirche

31. August 2023

Seit Februar 2022 wird Europa durch einen Krieg erschüttert, der Tausende tötet und den Überlebenden unglaubliches Leid zumutet. Am Vorabend des Antikriegstags am 1. September sprechen in Rostock mehrere Religionsvertreter:innen ein interreligiöses Friedensgebet für die Ukraine.

In einer sehr berührenden Zeremonie haben Christen, Juden, Muslime und Bahai am Vorabend des Antikriegstags in Rostock unter freiem Himmel in mehreren Sprachen dafür gebetet, dass die Gewalt endet. 

Antikriegstag kurz erklärt

Mit dem Ende des 1. Weltkrieg etablierte sich eine starke europäische Friedensbewegung. In Deutschland führte sie den Antikriegstag ein, um mit Kundgebungen an die Gräuel des Krieges zu erinnern. "Nie wieder Krieg!" war der programmatische Ausruf der Demonstrationen, die zunächst immer am 1. August stattfanden. In den 1920er Jahren wurde der Antikriegstag auf Mitte September verlegt, trat jedoch zunehmend in den Hintergrund. Vielmehr wurde nun das Andenken an die Gefallenen wichtiger, weniger der Blick auf das Leid aller Seiten.

Mit dem Erstarken der Nationalsozialisten gab es schließlich keine öffentlichen Kundgebungen mehr. Der Krieg wurde erneut zur Realität. Erst 1957 rief die Friedensbewegung wieder einen Antikriegstag ins Leben: Er wird seither immer am 1. September begangen und erinnert damit an den Überfall Deutschlands auf Polen am 1. September 1939. Dieses Datum ist in die Geschichtsbücher als Beginn des Zweiten Weltkrieges eingegangen, der Millionen das Leben kostete und unvorstellbare Grausamkeiten bedeutete. 

Auf den Jakobikirchhof im Zentrum der Hansestadt betete der ukrainische Priester Yurij Chorniy aus Lübeck, der regelmäßig samstags in der katholischen Christuskirche in Rostock eine Messe hält, das Gebet für den Frieden von Johannes Paul II auf Ukrainisch und auf Deutsch.

Yurij Chomiy spricht ein emotional berührendes Gebet am Vorabend des 1. September.
Yurij Chomiy spricht ein emotional berührendes Gebet am Vorabend des 1. September. © Annette Klinkhardt, Nordkirche

Frieden und Freiheit für die Ukraine 

Ebenso sprachen auch der evangelische Bischof Tilman Jeremias aus Greifswald sowie Juri Rosov, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Rostock und Dr. Maher Fakhouri als Vertreter der islamischen Gemeinde in Rostock ein Friedensgebet. Für die Rostocker Bahai-Gemeinde trug Angie Driesnack-Zendeh ein Gebet vor. Tetiana Sushko übersetzte ins Ukrainische.

Das Ensemble Roksana singt für die Ukraine.
Das Ensemble Roksana singt für die Ukraine. © Annette Klinkhardt, Nordkirche

Ein Ensemble aus Frauen, das sich nach der ukrainischen Befreiungskämpferin Roksolana benannt hat, sang unter anderem die Hymne Молитва за Україну Molytwa sa Ukrajinu.

Frauen stehen im Halbkreis und beten, viele tragen blau-gelbe Kleidung oder Fahnen in den Farben der Ukraine.
Verbundenheit mit der Ukraine: In Rostock stehen mehrere Menschen zusammen, um für den Frieden zu beten. © Annette Klinkhardt, Nordkirche

Auf Ukrainisch sprach Yurij Chorniy das Gebet für den Frieden, das von Papst Johannes Paul II. stammt. 

Friedensgebet (ukrainisch – gesprochen von Yurij Chorniy)

Боже Отців наших, великий і милосердний,
Владико миру і життя, Отче усіх! Ти маєш задуми
миру, а не лиха, засуджуєш війни і поборюєш
гординю агресорів. Ти послав Свого Сина Ісуса
проповідувати мир близьким і далеким,
об'єднати усі народи в одну родину. Вислухай
однодушні молитви Твоїх дітей, сумні благання
усього людства: припини війну, спіраль жалоби і
насилля, загрозу для усіх створінь, на небі, на
землі і на морі. У єдності з Пресвятою
Богородицею, Матір'ю Ісуса, знову благаємо Тебе:
промов до сердець відповідальних за долі
народів, зупини логіку звинувачень і помсти,
підкажи Своїм Духом нові рішення, щедрі і
великодушні кроки, відкрий шлях діалогу і
терпеливого та успішного очікування та
наближення якнайшвидшого припинення війни.
Даруй Твій мир в наші серця, в наші родини, в
наш народ. Дару нам, Господи, дні миру!

Friedensgebet (deutsch)

Gott, unser Vater, groß und voll Erbarmen, Du hegst
Pläne des Friedens und nicht des Leides. Du
verurteilst die Kriege und bekämpfst den Stolz der
Angreifer. Du hast deinen Sohn in die Welt gesandt,
um den Frieden für alle Menschen zu verkünden und
sie in einer Familie zu vereinen.

Erhöre die Gebete deiner Kinder, die Bitten der Menschheit: Wende
den Krieg ab, die Spirale der Gewalt und des Leidens, die Bedrohung für deine Schöpfung im Himmel und auf Erden.

Vereint mit der Gottesmutter Maria bitten wir Dich: Sprich zu den Herzen der
Verantwortlichen für die Schicksale der Völker,
halte auf die Logik der Rache und Vergeltung und
zeige uns durch Deinen Geist neue Entscheidungen,
gute und großherzige Schritte. Eröffne den Weg des Dialogs und des geduldigen und zuversichtlichen Wartens auf das baldige Ende des Krieges. Schenke Deinen Frieden unseren Familien, unseren Völkern.
Gib unserer Zeit, o Herr, die Tage des Friedens!

Amen.

Bischof Tilman Jeremias bat in seinem Gebet um Hilfe für alle Opfer des Krieges und darum, dass wir Menschen einen Weg der Verständigung finden. Außerdem drückte er Dankbarkeit darüber aus, dass wir in Deutschland in Freiheit und Frieden leben dürfen. 

Bischof Tilman Jeremias bittet um ein Ende der Gewalt.
Bischof Tilman Jeremias bittet um ein Ende der Gewalt. © Annette Klinkhardt, Nordkirche

Gebet "Du Gott des Friedens" (Tilman Jeremias)

Du Gott des Friedens,

wir werden still vor dir und klagen dir das unfassbare Leid so vieler Menschen in der Ukraine. Ungezählte Menschen sind getötet worden, verletzt an Leib und Seele, haben alles verloren, mussten auf die Flucht. Stärke du die Opfer des Krieges und lass ihnen schnelle Hilfe zukommen.

Du Gott des Friedens,

wir bitten dich um ein Ende der Gewalt. Falle den russischen Aggressoren in den Arm, öffne Wege der Verständigung auf einen Waffenstillstand. Gib allen politisch Verantwortlichen die Weisheit, Wege aus dem sinnlosen Morden zu finden.

Du Gott des Friedens,

wir danken dir, dass wir hier in Deutschland in Frieden und Freiheit leben dürfen. Erfülle uns mit deinem Frieden. Zeige uns, wie wir den Betroffenen des Krieges beistehen können, und gib uns die innere Kraft, mit dem Beten um Frieden nicht aufzuhören.  

Amen.

Juri Rosov, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Rostock, bat um Gerechtigkeit und Gottes Beistand für die Leidenden. Gleichzeitig bat er auch darum, dass die Ukraine siegen möge. 

Yuri Rosov beim Gebet unter freiem Himmel. Er bittet um Gottes Beistand für alle, die unter dem Krieg leiden.
Yuri Rosov beim Gebet unter freiem Himmel. Er bittet um Gottes Beistand für alle, die unter dem Krieg leiden. © Annette Klinkhardt, Nordkirche

Persönliches Friedensgebet von Juri Rosov

Avinu Malkeinu, Vater unser, König unser!

Wie es bei uns Juden üblich ist, ohne Vermittler mit Dir direkt zu sprechen, so wende ich ich heute mit diesem persönlichen Gebet an Dich.

Ich weiß, dass Du in diesem schrecklichen Angriffskrieg fest an der Seite der Ukraine stehst, weil Du immer an der Seite der Leidenden, der Angegriffenen, der Unschuldigen bist. Aber ich flehe Dich an, sei nicht wie unsere Politiker*innen und stehe standhaft wie ein Felsen auf dieser Seite.

Inbrünstig bitte ich Dich darum, dass das Leiden, das Töten, der Krieg schnell ein Ende finden. Die Ukraine hat schon jetzt einen schrecklichen Preis bezahlt, mit dem Leben ihrer Töchter und Söhne, Das Grausame soll beendet werden.

Aber ich bete heute auch darum, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt. Du bist der Allmächtige, aber auch der Gerechte. Und ich will nicht, dass meine Kinder und Enkelkinder in einer Welt leben, in der ein Angreifer gewinnt, in der die Machtgier und das Böse siegen.

Amen.

Hoffnung in schwierigen Zeiten ist das zentrale Thema des Friedensgebets von Dr. Maher Fakhouri, Vertreter der Islamischen Gemeinde in Rostock (Rostocker Moschee). Er erinnerte an all die Schmerzen und Grausamkeiten, die Krieg verursacht und betet dafür, dass wir auf Gott vertrauen können, um das Leid zu überwinden.

Dr. Maher Fakhouri im Kirchhof Rostock.
Dr. Maher Fakhouri im Kirchhof Rostock. © Annette Klinkhardt, Nordkirche

Friedensgebet von Dr. Maher Fakhouri

As salamu alikum, Friede mit euch.

ich komme heute als Vertreter der Islamischen Gemeinde in Rostock (Rostocker Moschee) und wir beteiligen uns an dieser Veranstaltung unter dem Motto „Friedensgebet für die Ukraine“. In dieser schwierigen Zeit, wo der Krieg gegen die Ukraine tobt, und die Gefahr eines nuklearen Weltkriegs so nah, sehnt man sich nach Hoffnung und Geborgenheit. Welche Orte können zurzeit Hoffnung geben? Es sind unsere religiösen Schriften.

Es sind die Anker in schwierigen Zeiten für uns Menschen. Wenn wir die wichtigsten Grundsätze in unserer Religion schnell erwähnen und Revue passieren lassen. Lesen wir im Quran, dass Gott die Menschen erschaffen hat und mit vielen guten Dingen beschert.      

„Und Wir haben ja die Kinder Ādams geehrt; Wir haben sie auf dem Festland und auf dem Meer getragen und sie von den guten Dingen versorgt, und Wir haben sie vor vielen von denen, die Wir erschaffen haben, eindeutig bevorzugt“. 

Gott hat die Menschen so unterschiedlich und auf eine wunderbare Weise erschaffen, sowohl das Aussehen als auch ihre Sprachen und Kulturen. Gott fordert die Menschen auf, sich kennenzulernen, damit sie Frieden stiften können.

O ihr Menschen, Wir haben euch ja von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt.

Einige Herrscher wollen leider davon gar nicht wissen und setzen auf Stärke der Gewalt und nicht auf die Stärke der Gerechtigkeit. Sie haben aus der Geschichte nicht gelernt und wollen auch nicht lernen.

Tagtäglich feuert Russland Raketen auf die Ostukraine, auf Kiew, Charkiw sowie andere Orte in der Ukraine und verursacht Chaos, Tod und die Zerstörung der Infrastruktur. Sie macht das Leben für viele Ukrainer*innen unmöglich. Millionen sind geflohen.

Ukraine hat nach allen internationalen Vereinbarungen das Recht auf Verteidigung.

Ich verstehe die Schmerzen der Ukrainerinnen und Ukrainer. Solche Schmerzen trage ich noch mit, seit Russland meine Stadt Aleppo in Syrien bombardiert hat.

Ich bin schwach und Ich kann für Ukraine aber auch für Syrien und für die ganze Welt nur Gott für den Frieden anbeten und flehen.

Amen.

Salamu alikum.

"Vereinige alle" – darum bittet Angie Driesnack-Zendeh, Vertreterin der Rostocker Bahai-Gemeinde, im "Gebet für die Menschheit" (‘Abdu’l-Bahá). 

Angie Drienack-Zendeh bittet um Frieden. Ihr Gebet wird von einer Dolmetscherin übersetzt.
Angie Drienack-Zendeh bittet um Frieden. Ihr Gebet wird von einer Dolmetscherin übersetzt. © Annette Klinkhardt, Nordkirche

Gebet für die Menschheit (gesprochen von Angie Driesnack-Zendeh)

O Du gütiger Herr! Du hast die ganze Menschheit aus dem gleichen Stamm erschaffen. Du hast bestimmt, dass alle der gleichen Familie angehören. In Deiner heiligen Gegenwart sind alle Deine Diener, die ganze Menschheit findet Schutz in Deinem Heiligtum. Alle sind um Deinen Gabentisch versammelt; alle sind erleuchtet vom Lichte Deiner Vorsehung.

O Gott! Du bist gütig zu allen, Du sorgst für alle, Du beschützest alle, Du verleihst allen Leben. Du hast einen jeden mit Gaben und Fähigkeiten ausgestattet, und alle sind in das Meer Deines Erbarmens getaucht.

O Du gütiger Herr! Vereinige alle. Gib, dass die Religionen in Einklang kommen und vereinige die Völker, auf dass sie einander ansehen wie eine Familie und die ganze Erde wie eine Heimat. O dass sie doch in vollkommener Harmonie zusammenlebten!

O Gott! Erhebe das Banner der Einheit der Menschheit.

O Gott! Errichte den Größten Frieden.

Schmiede Du, o Gott, die Herzen zusammen.

O Du gütiger Vater, Gott! Erfreue unsere Herzen durch den Duft Deiner Liebe. Erhelle unsere Augen durch das Licht Deiner Führung. Erquicke unsere Ohren mit dem Wohlklang Deines Wortes und beschütze uns alle in der Feste Deiner Vorsehung.

Du bist der Mächtige und der Kraftvolle, Du bist der Vergebende und Du bist der, welcher die Mängel der ganzen Menschheit übersieht.

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