Wir gratulieren zum Geburtstag
06. Juni 2022
"Ein mutiger Schritt" – das war die Gründung der Nordkirche in den Augen vieler. Doch was sagen die Gratulanten heute, zehn Jahre später, zur Fusion? Hier kommen die Grußworte der EKD-Ratsvorsitzenden Annette Kurschus sowie mehrerer internationaler Partnerkirchen und unserer Länderchefs.
Die Gründung der Nordkirche 2012 war ein Wagnis, manche würden vielleicht auch sagen, ein Experiment. Doch wie wird es heute bewertet? Ein Blick in die Grußworte.
Annette Kurschus: Wille zur gemeinsamen Gestaltung spürbar
"In der historisch gewachsenen Kirchenlandschaft des deutschen Protestantismus war die Gründung der Nordkirche aus den drei Landeskirchen Nordelbien, Pommern und Mecklenburg im Jahr 2012 ein durchaus mutiger Schritt. Ich habe den Mut damals wirklich bewundert – und innerlich die Luft angehalten.
Es hat „funktioniert“: Seit zehn Jahren bewährt sich das mutige Projekt – und dazu gratuliere ich von Herzen. Es war die vierte und bislang letzte Fusion nach der Wende. Dieser Neuanfang war damals ein wirkliches Pfingstereignis nach einem längeren, sich über vier Jahre erstreckenden Prozess der gegenseitigen Annäherung und Verständigung.
Die Verwurzelung in drei Bundesländern, die historischen Erfahrungen zweier östlicher und einer westlichen Kirche, die Integration der unierten Tradition in einer lutherischen Kirche, die regionalen Unterschiede zwischen Stadt und Land: Bis heute spürt man der Nordkirche ihre innere Vielfalt ab.
Zugleich ist da der deutliche Wille zur erkennbar gemeinsamen Gestaltung kirchlichen Lebens. Mit dieser Fusion ist es gelungen, die missionarische und diakonische Präsenz der Evangelischen Kirche in Norddeutschland zu stärken.
Sie zeigt, dass sich Strukturveränderungen und die Anpassung an den demographischen Wandel beherzt angehen, aktiv steuern und positiv gestalten lassen. „Wir setzen Segel“ lautete das Motto des Gründungsfestes vor zehn Jahren. Ich wünsche der Nordkirche, dass sie ihren eingeschlagenen Kurs fortsetzt: hart am Wind, nah bei den Menschen, vorwärtsgetragen vom Geist Gottes und des Evangeliums."
Andrew Gulle: Einheit bedeutet Stärke
"Ich beglückwünsche Ihre Kirchenleitenden dafür, dass sie vor zehn Jahren visionäre Ideen hatten", sagt Bischof Andrew Gulle, Bischof der East of Lake Victoria-Diözese der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania, zum Jubiläum der Nordkirche. Dadurch hätten manche ihre Positionen und Privilegien aufgeben müssen. Ich bin überzeugt: Einheit bedeutet Stärke!
Einheit bedeutet eine größere Kraft, mehr Einfluss national und global, eine stärkere Stimme, mehr Finanzkraft und mehr Möglichkeiten für unsere Mission.
Die Gründer der Nordkirche hätten einen biblischen Plan umgesetzt, denn auch Jesus habe für "Einheit" gebetet.
Frederik Modeus: Gemeinsam für mehr Menschlichkeit
Meine wärmsten Grüße an die Nordkirche anlässlich des zehnten Geburtstags der Kirche. Wir brauchen Freundschaft miteinander, zwischen unseren Kirchen und Nationen, aber wir brauchen auch Christus. Wenn wir auf die Welt schauen, sind die Wunden in Gottes Schöpfung schmerzlich sichtbar.
Die russische Invasion in die Ukraine, Klimawandel, Armut, Rassismus. Die Mission der Kirche in der Welt besteht nicht darin, dass die Welt kirchlicher werden soll. Die Mission der Kirche in der Welt besteht darin, dass die Welt menschlicher werden soll.
Daher tun wir uns als Christinnen und Christen zusammen im Gebet und im Ringen für eine bessere Welt.
Ermutigt durch die Worte von Titus 2, 11: „Denn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen“, bete ich, dass die Nordkirche in den kommenden Jahren weiterhin Hoff nung, Gerechtigkeit und Gnade zu einer verletzten Schöpfung bringt und dass wir eines Tages Seite an Seite vor unserem Heiland, Jesus Christus, stehen werden.
Tiit Salumäe: Wir sind aufgefordert global zu denken und Gutes zu tun
"Wir leben in einem besonderen Zeitalter. Gerade kommen wir aus der Zeit des Virus und sind in die Zeit des Krieges hineingetreten", betont der Bischof von Haapsalu der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, Tiit Salumäe in seinem Grußwort.
Die früheren Auskommen zwischen den Ländern gelten nicht mehr
Nichts sei sicher, gleichzeitig mache uns die Flut an Information Angst. Wir kennen immer mehr Details, aber verstehen nicht das Ganze. Der Mensch sei mit kleinen Sorgen beschäftigt, doch an Pfingsten werden wir von der Kirche aufgefordert, global zu denken und Gutes zu tun. "Ich gratuliere allen ChistInnen am Geburtstag der Kirche und wünsche, dass auch unsere Gemeinden das Pfingstwunder erleben können", so Bischof Salumäe.
Terence B. Bloor: Gestärkte Partner
Im Namen der Diözese senden der Bischof von Lichfield und das „World Mission Team“ ihre wärmsten Grüße und Glückwünsche an unsere Partner im Evangelium, die Nordkirche, zu ihrem zehnten Jubiläum, das zu Pfingsten gefeiert wird.
Nachdem Repräsentanten unserer Kirche zur Feier der Entstehung der Nordkirche vor zehn Jahren anwesend waren, sind wir überglücklich zu sehen, wie unsere Partnerschaft weiterhin gestärkt wird.
Uns bleibt es sehr wichtig, dass wir als Christinnen und Christen gemeinsam Zeugnis ablegen vom Evangelium, besonders in dieser Zeit auf dem Hintergrund von Herausforderung und Veränderung.
Wir versichern, dass wir die Nordkirche weiter in unser Gebet und unsere guten Wünsche einschließen, wenn wir mit Ihnen dieses Jubiläum feiern und wenn die Landessynode, Kirchenleitung und die Bischöfinnen und Bischöfe Gottes Volk im Norden Deutschlands in Mission und Dienst voranführen zu allen, zu denen Gott seine Hand ausstreckt.
Bischof Stäblein: Das Miteinander, das wir so dringend brauchen
Vor 10 Jahren waren es Worte und Verheißungen, jetzt ist es Realität: das europäische Projekt Nordkirche, wie damals schon erahnt wurde, das Miteinander, das wir so dringend brauchen, so Bischof Christian Stäblein von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. "Und ja auch die Wahrheit, dass Gott ganz konkret mit unserem Leben verbunden, gerade weil nie an Strukturen – so schön und traditionsreich sie sein mögen – gebunden."
Die Nordkirche ist für uns alle ein Muster von größtem Wert.
Ralf Meister: Eine große Lern- und Zukunftsgemeinschaft
Vor zehn Jahren haben drei Kirchen einen großen, mutigen Schritt gewagt und eine Landeskirche über drei Bundesländer hinweg gebildet.
Verschiedene Kirchen mit unterschiedlichen Prägungen und historischen Bezügen haben sich in einer Kirche zusammengeschlossen, ohne dass das regionale und kulturell-spezifische vor Ort verloren gegangen ist.
Diese besondere Leistung, drei Kirchen in einer großen Lern- und Zukunftsgemeinschaft, sehe ich aus Niedersachsen mit Bewunderung.
Ich wünsche der Nordkirche zum zehnten Geburtstag, dass sie mutig und mit Gottvertrauen ihren Weg fortsetzt.
Erzbischof Heße: Ein starker Partner
Es ist kein leichter Weg, wenn man Eigenständigkeit aufgeben, Kompromisse schließen und sich an neue Partner gewöhnen muss. Das wissen wir. Aber es ist ein guter Weg. 'Nordkirche' ist heute kein Wort mehr, an das man sich erst noch gewöhnen muss. Ich bin sicher, dass der Weg der Christen mehr und mehr ein gemeinsamer Weg wird.
Die Frage, auf die wir in der Zukunft antworten müssen, ist: Wie bringen wir das Evangelium unter die Menschen?
Als Erzbischof von Hamburg freue ich mich, mit der evangelischen Kirche im Norden einen starken evangelischen Partner zu haben.
Manuela Schwesig: Eine weltoffene, tolerante Kirche
Wir feiern zehn Jahre Nordkirche und ziehen Bilanz. Eines der wichtigsten Ziele war, den Prozess auf Augenhöhe zu gestalten, zwischen großen und kleinen Kirchen, zwischen Stadt und Land und vor allem zwischen Ost und West. Die vergangenen zehn Jahre waren mit durchaus großen Herausforderungen verbunden: Dazu zählt auch die Bekämpfung der Pandemie und die aktuelle Situation in Europa mit dem schrecklichen Angriffskrieg Putins auf die Ukraine. Der Wunsch nach Frieden ist allgegenwärtig.
Ich finde, die Nordkirche mit ihren 1,9 Millionen Mitgliedern ist im vergangenen Jahrzehnt gut zusammengewachsen.
Sie ist ein fester Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft, gibt Heimat und das Gefühl der Sicherheit.
Viele haben daran ihren Anteil. Ihnen allen gilt Respekt und Anerkennung.
Ich bin mir sicher, auch künftig wird die Nordkirche ganz klar Flagge zeigen: Für Weltoffenheit und Toleranz, gegen Ausgrenzung, Rassismus und Gewalt. Dabei steht die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern fest an ihrer Seite. Ich wünsche für die Zukunft alles Gute!
Susanne Bowen: Neue, norddeutsche Identität
Es ist die bislang einzige evangelische Landeskirche über die ehemalige deutsch-deutsche Grenze hinweg entstanden. Dieser Zusammenschluss hilft dabei, den alten Gegensatz von Ost und West zu überwinden, so Kulturstaatssekretärin Susanne Bowen aus Mecklenburg-Vorpommern. Er stiftet neue, norddeutsche Identität.
Die Nordkirche wirkt identitätsstiftend und ist in unserer Gesellschaft eine wichtige Stütze unseres Wertesystems. Wir erleben gerade, dass Einigkeit, Frieden, Freiheit, Demokratie und Solidarität nicht selbstverständlich sind.
Jeden Tag in den Gemeinden in Norddeutschland und darüber hinaus werden Solidarität und Demokratie gelebt. Insbesondere aber gerade jetzt in der Zeit des Ukrainekrieges und in der Flüchtlingskrise 2015. Sie haben Türen geöffnet, Menschen an den Tisch geladen, ihnen Herberge gegeben – aus tiefer Überzeugung.
Daniel Günther: Die richtige Antwort
Vor zehn Jahren gelang im Norden der bundesweit erste Zusammenschluss mehrerer Landeskirchen über die ehemalige deutsch-deutsche Grenze hinweg. Aus Nordelbien, Mecklenburg und Pommern wurde eine große Kirche mit all ihren Unterschieden. Längst ist das Trennende überwunden, und dazu gratuliere ich den Wegbegleitenden in der Nordkirche von Herzen.
Aus meiner Sicht ist der Zusammenschluss die richtige Antwort auf die Herausforderungen vor denen die evangelische Kirche steht. Sinkende Mitgliedszahlen und abnehmende Kirchenbindung – die Nordkirche geht diese Herausforderung an. Überall in den Gemeinden gibt es kreative Kräfte, die Althergebrachtes auf den Prüfstand stellen. Die sagen:
Kirche, das sind wir alle. Ich finde das sehr ermutigend.
Daher wünsche ich der Nordkirche zu ihrem Jubiläum vor allem den Mut, diese Menschen in ihrer Kreativität zu bestärken. Wer ausgetretene Pfade verlassen will, braucht Rückendeckung, um andere Menschen wieder oder neu für Kirche zu gewinnen. In diesem Sinne: Gottes Segen und alles Gute zum 10. Geburtstag!