„Wir sind nahe beieinander“ – Landesbischof Ulrich in Audienz beim Papst
18. Dezember 2014
Rom. Der Papst hat in Rom Spitzenverteter der deutschen Lutheraner empfangen, unter ihnen Landesbischof Ulrich. „Wir sind nahe beieinander“, sagte Ulrich. Franziskus mahnte, offene Fragen nicht zu übergehen.
Papst Franziskus hat Spitzenvertreter der deutschen Lutheraner in Privataudienz empfangen. "Im Jahr 2017 gedenken lutherische und katholische Christen gemeinsam des fünfhundertsten Jahrestags der Reformation", sagte Franziskus bei der Begegnung. Dabei hätten sie erstmals Gelegenheit, "weltweit ein und dasselbe ökumenische Gedenken zu halten, nicht in Form einer triumphalistischen Feier, sondern als Bekenntnis unseres gemeinsamen Glaubens". Im Mittelpunkt des Ereignisses stehe neben Freude über die Ökumene die Bitte um Vergebung für die wechselseitige Schuld.
Angeführt wurde die Delegation von Gerhard Ulrich, dem Leitenden Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und Landesbischof der Nordkirche. Er wurde unter anderem begleitet von dem lutherischen Catholica-Beauftragten, Landesbischof Karl-Hinrich Manzke, und dem katholischen Bischof von Magdeburg und Ökumene-Experten Gerhard Feige.
Der Papst erinnerte zudem an Fortschritte im ökumenischen Dialog von Katholiken und Lutheranern und erwähnte die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre aus dem Jahr 1999. Sie hätten dazu geführt, dass das Verhältnis heute trotz theologischer Unterschiede von Zusammenarbeit und geschwisterlichem Miteinander gekennzeichnet sei.
Papst spricht offene Fragen an
Angesichts der jüngsten Spannungen beklagte Franziskus, das "gemeinsame Ziel der vollen und sichtbaren Einheit der Christen scheint bisweilen in die Ferne zu rücken, wenn im Dialog unterschiedliche Interpretationen dessen auftreten, was die Kirche und was ihre Einheit ist". Mit Hinweis auf den lutherisch-katholischen Dialog in Deutschland über das Thema "Gott und die Würde des Menschen" unterstrich der Papst, von größter Aktualität seien die Fragen zur menschlichen Würde am Anfang und am Ende des Lebens. Offene Fragen über Ehe, Familie und Sexualität dürften im ökumenischen Dialog aus Angst, die bislang erreichte Übereinstimmung aufs Spiel zu setzen, nicht übergangen werden. "Es wäre schade, wenn es angesichts dieser wichtigen Fragen zu neuen konfessionellen Differenzen kommen würde."
"Wir sind nahe beieinander", sagte Bischof Ulrich. Im Hinblick auf das Reformationsjubiläum ergänzte er, für die Lutheraner sei klar, "dass wir diesen Weg auf das Gedenkjahr 2017 hin nur zusammen mit der römisch-katholischen Kirche gehen können". Er regte in diesem Zusammenhang an, beide Kirchen sollten weitere verbindliche Schritte und Vereinbarungen anstreben. So könnte etwa ab 2017 eine "Gemeinsame Erklärung zu Kirche, Eucharistie und Amt" vorbereitet werden, die der vatikanische "Ökumene-Minister", Kardinal Kurt Koch, ins Gespräch gebracht hatte.
"Den gemeinsamen Glaubensschatz wiederentdecken"
Ulrich verwies auf den fruchtbaren gemeinsamen ökumenischen Weg, den lutherische und römisch-katholische Christen seit langem beschritten. Dank der Impulse, die das Zweite Vatikanische Konzil ausgelöst habe, könne auf "fünf Jahrzehnte der Weggemeinschaft" zurückgeblickt werden. Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigung von römisch-katholischer Kirche und Lutherischem Weltbund habe maßgeblich dazu beigetragen, über eines der kontroversesten theologischen Themen einen "differenzierten Konsens" herzustellen. Dieser Weg sei im vergangenen Jahr mit dem Dialogdokument "Vom Konflikt zur Gemeinschaft" fortgesetzt worden, erinnerte der Landesbischof der Nordkirche. Ulrich warb dafür, den "gemeinsamen Glaubensschatz wiederzuentdecken".
Dem Papst überreichten die Besucher aus Deutschland als Gastgeschenk eine kleine Statue, die auf wichtige ökumenische Dokumente verweist und das Logo "2017 gemeinsam unterwegs" trägt. Gefertigt wurde sie von Studierenden des Studiengangs Produktdesign der Hochschule Hannover.
Das Programm der Delegation
Die Delegation der deutschen Lutheraner hält sich seit Sonntag in Rom auf. Auf dem Programm standen unter anderem Gespräche mit Präsident Koch vom Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen sowie mit dem Präfekten der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Die VELKD ist der Zusammenschluss von sieben lutherischen Landeskirchen mit zusammen rund 9,5 Millionen Gläubigen.