Aktivistin der Letzte Generation: „Ich fände es schöner, wenn es uns nicht geben müsste“
27. März 2023
Einen Tag lang hatten sich Expertinnen und Experten rund um die Themen Energie und Klimawandel im Kieler KITZ mit einem interessierten Publikum getroffen, um das Thema "Energiewende" aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Welche Aufgaben es zu lösen gilt, wie wir uns selbst stark machen können oder wo es bereits gute Ansätze gibt, wurde von Menschen aus Politik, Kirche, Wissenschaft und Wirtschaft vorgestellt und mit den Anwesenden diskutiert. Wie stark das Thema auch emotional besetzt ist, machte nicht zuletzt der Beitrag einer Aktivistin der Letzten Generation Kiel deutlich.
„Das Wissen über den Klimawandel ist vorhanden. Ohne Vollbremsung wird es nicht gehen – warum kommen wir nicht ins Handeln?“ brachte Maike Lauther-Pohl von der Evangelische Akademie der Nordkirche eingangs die Problematik auf dem Punkt. Sie begrüßte die Teilnehmenden zu der Veranstaltung, zu der die Evangelische Akademie, der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) und der Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein eingeladen hatten. Schon dadurch standen die Verantwortung der Nordkirche, ihr Beitrag und ihre Werte immer wieder im Mittelpunkt der Diskussion.
"Wir brauchen eine heilige Ungeduld"
Es gehe um eine Ethik des „Genug“ erläuterte Bischof Gothart Magaard in seinem Redeimpuls, und nicht um einen Herrschaftsanspruch des Menschen über die Natur, denn auch der Natur komme eine Würde zu. In dieser "Umweltethik" sehe er eine Theologie, die den Klimawandel zum Thema mache. Dazu gehören auch soziale Gerechtigkeit und ein Mitnehmen der Menschen. „Und wir brauchen eine heilige Ungeduld“, betonte der Bischof.
Unsere Umwelt wird sich verändern
Zuvor hatte Nicole Knudsen vom Landesverband Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein mit eindringlichen Worten die weltweiten erlebbaren Folgen des Klimawandels vor Augen geführt. Sie machte deutlich, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zwingend um ein Vielfaches erhöht werden müsse. Selbst wenn dieses gelinge, werde sich unsere Umwelt nachhaltig verändern und sich der Keil zwischen reicher und armer Welt weiter vergrößern, mahnte die Expertin.
"In Gruppen sind wir mutiger"
Mareike Schulze, Psychologin und Vorstand der Psychologists for Future Deutschland, widmete sich der Frage, wie wir an der Klimakrise wachsen können statt zu verzweifeln. Sie erläuterte, wie wichtig es sei, mit belastenden Gefühlen aktiv umzugehen, um sich persönlich zu stärken, lenkte den Blick aber auch auf die Verzögerungsmechanismen, mit den Menschen sich dem Handeln entziehen. „Wir können ehՙ nichts mehr tun, ist faktisch nicht richtig“, stellte die Psychologin klar und ermunterte dazu, die individuellen Handlungsräume zu verlassen und sich Gruppen anzuschließen, denn „in Gruppen werden wir mutiger“, so Schulze.
Als Mitglied der Letzten Generation Kiel erläuterte Clara Trommer die Argumente der Bewegung und ernte damit grundsätzlich Sympathien für die Haltung der Aktivistinnen und Aktivisten bei den Anwesenden:
„Weil wir feststellen, das Wissen allein nichts bewirkt, suchen wir als Widerstand gegen das Nichthandeln der Bundesregierung den spürbaren Konflikt“.
Ganz bewusst tragen sie für die Konsequenzen ihres zivilen Ungehorsams die Verantwortung. „Wir sind die letzte Generation, die noch auf die Bremse treten kann“, brachte Clara Trommer pointiert ihre Haltung zum Ausdruck.
Es geht um Macht und um Gerechtigkeit
In der gemeinsamen Diskussion der Impulsgeber, in den intensiven Gesprächsrunden und bei den Fragen der Teilnehmenden standen sehr schnell die Themen Macht und Gerechtigkeit im Mittelpunkt. Unter den Folgen der Krise leiden die ökonomisch schwächsten Menschen am stärksten, eine Tatsache, die eigentlich einen Aufschrei zur Folge haben müsse. Sich gegen den Klimawandel einzusetzen, sei daher immer auch ein Einsatz für Gerechtigkeit, war den Teilnehmenden mehr als bewusst – was auch eine gerechte Verteilung der Lasten für die Energiewende einschließt. Dabei stand immer wieder die dringende Notwendigkeit, ins Handeln zu kommen, als Forderung im Raum.
Hoffnung ensteht durch Handeln
Für Maike Lauther-Pohl stand die Frage, was uns zuversichtlich machen würde, am Ende der Veranstaltung. Das Engagement der Menschen, das Erleben ihrer Stärken und die Kraft der Gesellschaft empfanden die Beteiligten als Quelle für Hoffnung und Mut. Dass Hoffnung oft gerade durch eigenes Handeln entstehe, war eine wichtige Erkenntnis, die die Teilnehmenden mit nach Hause nehmen konnten.