Geschichte

Ausstellung räumt mit Hamburg-Legenden auf

Die legendäre Hammaburg
Die legendäre Hammaburg© Archäologisches Museum

03. November 2014 von Thomas Morell

Hamburg. Die Ausstellung „Mythos Hammaburg“ hat es in sich: Die Gründungsurkunde der Hansestadt ist eine Fälschung, der Gründer war gar kein Erzbischof – und dass Hamburg zur Metropole geworden ist, war ohnehin purer Zufall.

So mancher Hamburger Reiseführer muss umgeschrieben werden: Hamburg wurde nicht 834 von Erzbischof Ansgar (801-865) gegründet, die entsprechende Urkunde ist offenbar eine Fälschung. Hamburgs ältester "Bischofsturm" ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein Stadttor. In seinen Anfängen war Hamburg ein kleines sächsisches Dorf - selbst der alte Name "Hammaburg" stammt aus dem Sächsischen. "Mythos Hammaburg" heißt die neue Ausstellung im Archäologischen Museum, die mit Hamburgs Legenden aufräumen will.

Zum dritten Mal hatten Archäologen 2006 in Hamburgs Altstadt nach Kriegsende gegraben. Acht Jahre hat die Auswertung gedauert, und am Donnerstag (30. Oktober, 19 Uhr) wird die neue Ausstellung von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) eröffnet. Rund 150 Exponate sind bis zum 26. April 2015 zu sehen. Nach den Worten von Rainer-Maria Weiss, Museumsdirektor und Landesarchäologe, ist die Frühgeschichte der Stadt vom 8. bis 12. Jahrhundert damit weitgehend geklärt.

Der Irrtum um die doppelte Hammaburg

Keimzelle Hamburgs ist der inzwischen unbebaute Domplatz neben der City-Kirche St. Petri. Hier soll Erzbischof Ansgar innerhalb der zweiten Hammaburg seine Kirche gebaut haben. Doch bislang galt diese Burg als unauffindbar. Mittlerweile sei sichergestellt, dass sie nahezu deckungsgleich mit der ersten Hammaburg ist, sagt Weiss. Die doppelte Befestigungsanlage sei falsch gedeutet worden. Ansgars dreischiffige Holzkirche stand wahrscheinlich außerhalb der Hammaburg auf dem Platz der heutigen St. Petri-Kirche. Die Auswertung der archäologischen Zeugnisse gilt als schwierig, weil Häuser und Wälle seinerzeit aus Holz gefertigt waren.

Ansgar ist aber offenbar nie Erzbischof gewesen. Der "Apostel des Nordens" war um 831 nach Hamburg gekommen, um den Norden zu missionieren. Wissenschaftler der Uni Bonn haben inzwischen die Urkunde, nach der Hamburg zum Erzbistum erklärt wurde, als Fälschung aus dem Jahre 890 entlarvt. Ohnehin fanden es Historiker merkwürdig, dass Erzbischof Ansgar nach 845 einfacher Bischof von Bremen wurde.

Mit der Fälschung hätten die Hamburger beim Papst erreicht, mutmaßt Weiss, dass Bremen zu Hamburg geschlagen wurde. Zu dieser Zeit sei Hamburg noch ein "unbedeutendes Dörfchen" gewesen. Mit dem Titel "Erzbistum" habe sich hier jedoch eine bedeutende Stadt entwickelt, die später im 10. und 11. Jahrhundert einen europapolitischen Rang wie Mainz oder Aachen gehabt habe.

Der Erbischof, der keiner war

Das katholische Erzbistum hat die Fälschung inzwischen zur Kenntnis nehmen müssen. Es sei ohne Belang, ob Ansgar nun Erzbischof, Missionsbischof oder einfacher Missionar gewesen war, schreibt Diözesanadministrator Ansgar Thim, Leiter des vakanten Bischofsstuhls, über seinen Namensvetter im Ausstellungskatalog. Entscheidend sei seine persönliche Glaubwürdigkeit als Verkünder des Evangeliums.

Hamburg sei von niemandem gegründet worden, fasst Weiss die Forschungsergebnisse zusammen. Bereits in heidnischer Zeit habe es als sächsische Siedlung existiert. Der Name "Hammaburg" stamme aus dem Altsächsischen und bedeute etwa "Burg auf der feuchten Wiese".

Metropole Hamburg – ein purer Zufall

Ohnehin sei es purer Zufall, so Weiss, dass sich die Nord-Metropole nicht im nahe gelegenen Itzehoe entwickelt habe. Der Missionar Ebo von Reims hatte bereits 810 von Kaiser Ludwig dem Frommen den Auftrag bekommen, von der Burg Esesfeldt (heute Itzehoe) die erste fränkische Befestigung nördlich der Elbe zu errichten. Ebo habe sich jedoch nach 20 Jahren mit dem Kaiser zerstritten und sich zurückgezogen.

Neu erklärt werden muss nach den Worten von Weiss der "Bischofsturm", dessen Überreste in einem Schauraum neben St. Petri präsentiert werden. Das Fundament wurde im Zuge der Grabungsauswertung auf mehr als 100 Jahre später datiert. Seine Attraktivität muss darunter allerdings nicht leiden. Nach Einschätzung von Weiss handelt es sich um das Fundament des einzigen Steintors der Stadt aus dem 12. Jahrhundert. Es ist das Tor, das heute das Hamburger Wappen ziert.

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