Daniela Konrädi: "Wir müssen eine einladende Kirche für alle werden"
16. September 2021
Daniela Konrädi ist Pastorin und BPoC (Black People of Color). Bislang ist das in der Nordkirche eine Seltenheit. Zusammen mit Nicolas Moumouni vom Diakonischen Werk Hamburg stellt sie bei der jetzigen Landessynode das Thema "Racism Awareness" vor. Ihr Ziel ist es, eine offene Kirche zu schaffen, in der jeder willkommen ist.
"Wir werden deutlich machen, dass wir in unserer Kirche noch nicht offen und einladend für alle Menschen sind, obwohl wir das immer predigen", sagt sie im Vorfeld. Die Kirche könne hier ein wichtiger Beitrag für den Frieden in unserer Gesellschaft leisten. "Racism Awareness" ist eines von acht Handlungsfeldern, auf dem die Nordkirche ihr Engagement für den Frieden verstärken möchte.
"Die Strukturen sind noch sehr weiß"
"Ich bin eine der ganz wenigen BPoCs (Black People of Color) in unserer Kirche, obwohl es so viele unterschiedliche Menschen christlichen Glaubens hier gibt", berichtet die 55jährige. Während ihres Theologie-Studiums in Leipzig und Hamburg war sie sogar teilweise die einzige. "Hier müssten wir schon ansetzen: Wir brauchen mehr Diversität bei den Theologie-Studierenden, das Fach muss attraktiv auch für BPoCs sein." Viele große Organisationen und Arbeitgeber hätten in den vergangenen Jahren das Potenzial von Diversität erkannt.
"Die Strukturen in unserer Kirche sind immer noch sehr weiß. Es kostet Menschen, die nicht weiß sind, viel Mut, hier mitarbeiten zu wollen", erzählt sie. Das fange schon damit an, dass ausländische Abschlüsse und Hochschulzeugnisse hier nicht anerkannt werden. Deswegen gebe es auch viel zu wenige Aufstiegschancen für BPoCs. "Ein gemeinsamer theologischer Diskurs, das gemeinsame Suchen nach theologischen Antworten auf die Probleme und Fragen unserer Kirche wären eine große Bereicherung", betont die Pastorin. "Das heißt natürlich auch, dass sich unsere Kirche verändern wird."
Ein schmerzhafter Prozess
Die Kontakte zu internationalen Gemeinden bestünden darüber hinaus meist in einem Mieter-Verhältnis: Eine afrikanische Gemeinde zum Beispiel, die einen Raum für ihre Gottesdienste benötige, habe die Möglichkeit ein Mietverhältnis mit einer landeskirchlichen Gemeinde einzugehen. "Das gibt es schon seit vielen Jahren, aber viel zu selten wird dann gemeinsam das Gemeindeleben, die Kirche gestaltet. Mieter sind eben selten Partner", beobachtet sie.
"Eine glaubwürdige und offene Kirche zu sein, heißt aber auch, sich mit dem eigenen Rassismus zu beschäftigen. Das ist ein schmerzhafter Prozess", sagt Daniela Konrädi. Die koloniale Geschichte unserer Kirche wirke auch heute noch nach: "Beziehungen zu Gemeinden in Afrika bestehen noch viel zu häufig aus Helfen und aus Geldtransfers. Da ist eine Hierarchie in der Beziehung, die auch unseren Umgang mit BPoCs hier prägt." Auch gebe es Gruppierungen mit rechten und rassistischen Weltbildern, die sich in der Kirche wohlfühlen. "Wir müssen diese Gruppen wahrnehmen und uns fragen: Warum ist das so?", betont sie.
Neues beflügelt
Der von der Landeskirche begonnene Prozess der "Interkulturellen Öffnung" hat nach Ansicht von Pastorin Konrädi viel in Bewegung gebracht. "Ich wünsche mir, dass nun auch Taten folgen. Dazu gehören auch neue Angebote, neue Liturgien, andere Gottesdienste." Sie erlebe es, dass viele Menschen bereits offener seien, als Gremien und Strukturen: "Paare, die sich trauen lassen wollen, sind sehr froh über neue Lieder oder Ideen für eine andere Gestaltung des Gottesdienstes", berichtet sei. Denn: "Ich kann schließlich beides: Einen lutherischen Gottesdienst feiern und auch einen mit Elementen aus afrikanischen Traditionen".