Der Bauleiter der Nordkirchen-Fusion geht in den Ruhestand
28. Juni 2021
Pastor Thomas Baum hat die Nordkirchen-Fusion nicht nur erlebt, sondern sie auch mitgestaltet. Jetzt geht der Vizepräses der Verfassungsgebenden Synode der Nordkirche in den Ruhestand. Bevor er sich in seinem Husumer Haus der Gestaltung seiner Modelleisenbahn widmet, gibt er einen Rück- und Ausblick auf alte und neue kirchliche Baustellen.
Thomas Baum wirkt unaufgeregt, als wir uns zum Zoom-Gespräch treffen – und diesen Wesenzug bezeichnen Wegbegleiter auch als seine große Stärke. "Selbst wenn einmal ein wenig 'Wind' wehte, stand Thomas Baum wie ein Baum! Sein Arbeitsstil, wie er die Dinge anpackte, war geprägt von seiner ruhigen und gründlichen Art", sagt die aktuelle Vizespräses und frühere Präsidiumskollegin Elke König.
Ein bescheidener Mann der Einigung
Der angesprochene "Wind" wehte zeitweise recht kräftig: Denn der Fusionsprozess gestaltete sich als langwieriges Ringen drei ehemals eigenständiger Landeskirchen: Mehr als fünf Jahre brauchten Mecklenburg, Nordelbien und Pommern von den Sondierungsrunden bis zum Gründungsfest der Nordkirche Pfingsten 2012. Sie ist damit bundesweit die erste Fusion, die Kirchen über die ehemalige deutsch-deutsche Grenze hinweg vereint. Einer der "verdienstvollen Architekten" dieser Vereinigung war Thomas Baum, sagt Präses Ulrike Hillmann anlässlich seiner Verabschiedung in den Ruhestand.
Es ist eine Würdigung, die er zugleich bescheiden einschränkt: Bauleiter träfe es eher, sagt Baum. Denn erdacht hätten die Fusion andere, er habe sie nur "abgearbeitet".
Ganz leidenschaftlos kann er dabei trotzdem nicht gewesen sein. Denn mit den Erinnerungen an diese Zeit blüht er förmlich auf: "Spitz auf Knopf" habe es zeitweise gestanden, ob die erforderliche Zweidrittelmehrheit für den Fusionsvertrag bei allen drei Partnern zustande kommt. Sogar ein Gottesdienst wurde dafür erst verschoben, dann ganz abgesagt. "Das war das erste Mal, dass das in einer Nordelbischen Synode passiert ist. Und das, obwohl es in der Geschäftsordnung steht", sagt Baum schmunzelnd.
Mit Ruhe zum Erfolg
Durch diese ungewöhnliche Maßnahme, die mit der damaligen Hamburger Bischöfin Maria Jepsen abgesprochen war, wurde nötige Beratungszeit gewonnen, ohne den mühsam festgezurrten Terminplan für den Einigungsprozess ins Rutschen zu bringen, so Baum. "Nach außen hin bin ich ganz ruhig geblieben", sagt er. Vielleicht habe das auch anderen geholfen.
Präses Hillmann kann das nur unterstreichen. Sie bezeichnet Baum als einen "hervorragenden Moderator", der "schon in seiner Amtszeit als Vizepräsident der Nordelbischen Synode mit großer Kreativität, Ruhe, Besonnenheit und seinem erfrischenden Humor auch kontroverseste Beratungen zum Erfolg geführt" hat.
Fest steht: Die Einigung hat geklappt. Wenn auch mit einigen unerwarteten Wendungen. So bestanden die Bischöfe auf eine Einzelüberleitung der bischöflichen Personen in die Verfassung der Nordkirche, berichtet Baum. Ein Schachzug, der intern wie extern für einigen Wirbel sorgte – kam doch die Mehrheit für die Überleitung erst im zweiten Anlauf zustande.
Arbeitsrecht bleibt großes Thema
Egal wie viel Nerven sie ihn auch gekostet haben mögen, Pastor Baum blickt heute mit einem Schmunzeln auf diese Ereignisse zurück. Ein wenig Stolz klingt ebenso durch, wenn er vom Medienecho auf die Verfassungsgebende Synode spricht. "Es war die erste, über die das ZDF berichtet hat – nicht nur Regionalmedien wie der NDR", erinnert sich Pastor Baum, der in den 90er Jahren kirchliche Rundfunkbeiträge für RSH und Delta-Radio gestaltete.
Ein Stolperstein im Einigungsprozess sei die Sorge um Gehaltsangleichungen gewesen: So befüchteten die Pastoren aus den neuen Bundesländern, dass ihre Anpassung ans höhere Westniveau der Bevölkerung sauer aufstoßen könnte. Die Lösung lag dann in einer Übergangsregelung.
Dennoch bleibt das Thema des einheitlichen Arbeitsrechts "bis heute ein großes Projekt der Nordkirche", so Baums Einschätzung. "Man kann Arbeitsbedingungen nicht mit sich selbst verhandeln. Dafür braucht es ein Gegenüber – und das sind Gewerkschaften", sagt er. Die ablehnende Haltung der Kirchen östlich der Elbe gegenüber Gewerkschaften sei zwar historisch bedingt und damit nachvollziehbar. Sie dürfe aber nicht auf den DGB in seiner jetzigen Form übertragen werden, ist er überzeugt.
Volleyballspieler und Wahlhelfer
Nach seinem Zukunftswunsch für die Nordkirche gefragt, antwortet Baum: "Dass sie immer auf das Ganze schaut, nicht partikular", sagt er. "Das ist ja auch das, was die Verfassung der Nordkirche von ihrer Konstitution her gewollt hat."
Für ihn persönlich stehe nun eine Periode der Langeweile an, meint Pastor Baum fröhlich: "Ich habe mir vorgenommen, erst einmal nichts zu tun" – abgesehen von der Wiedebelebung alter Hobbies, darunter Modellbahn-Bauen und Volleyball-Spielen.
Halt, eine Sache ist da noch, die er ehrenamtlich übernimmt: "Ich habe mich als Wahlhelfer beworben und wurde auch genommen", verrät er, was er bei der anstehenden Bundestagswahl macht. Was danach an eventuellen Ehrenämtern anstehe, lasse er auf sich zukommen. Und zwar ganz gelassen – wie auch sonst?