Der Sylter Pastor und seine ganz besondere Gemeinde
22. September 2014
Wenningstedt auf Sylt. Er tauft Kinder am Strand, feiert Fußball-Gottesdienste und in der Urlaubszeit wächst die Zahl seiner Schäfchen rasant: Rainer Chinnow leitet eine besondere Gemeinde auf Sylt. Geld kommt dank eines speziellen Modells herein.
Zwei Gottesdienste hat Pastor Chinnow heute schon gefeiert: Einen Tauf-Erinnerungsgottesdienst am Morgen, um 12 Uhr mittags hat er dann den kleinen Jonathan getauft. Danach versammelt sich die Taufgemeinde im Freien: Fast alle Gäste möchten noch einmal mit dem Pastor sprechen. „Es war wunderschön, vielen Dank“, wendet sich Jonathans Mutter an ihn. „Das sind Münchener Gäste“, erklärt Pastor Chinnow. „Ich habe schon ihr erstes Kind getauft“.
Seine Kirchengemeinde besteht aus etwa 1000 einheimischen Mitgliedern und weiteren 2000 Menschen, die auf Sylt ihren Zweitwohnsitz haben. In ihr sind die Förder Wenningstedt, Kampen und Braderup zusammengefasst. Daher besuchen diese und weitere Urlauber aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz regelmäßig seine Gottesdienste. „Ganz viele lassen sich hier trauen, feiern Ehe- oder Geburtstagsjubiläen in Verbindung mit einem Gottesdienst. Manche finden hier sogar ihre letzte Ruhestätte“.
Die Friesenkapelle ist immer "voll bis übervoll"
Für Taufkinder und ihre Familien veranstaltet Chinnow einmal im Jahr einen Erinnerungsgottesdienst: „Wir laden dazu alle ein, die sich hier haben taufen lassen: Einheimische, Menschen vom nahen Festland, aus Süddeutschland, aus Zürich.“ Und fast alle kommen. Auch für die Ehepaare, die er getraut hat, bietet der Sylter Pastor jedes Jahr im September einen Ehegottesdienst an. „Wir als Kirche müssen zu den Menschen hingehen, auf sie zugehen“, das ist Chinnows Motto. Durch seine Offenheit gewinnt er die Menschen: Seine Kirche, die 100 Jahre alte Friesenkapelle sei „immer voll bis übervoll“.
In den gut besuchten Gottesdiensten spricht sich auch eine Sache herum, die für Chinnows Gemeinde sehr wichtig ist: Nur wenige Gehminuten von der Kirche entfernt liegt eine besondere Ferienwohnung. Sie gehört der Bürgerstiftung „Üüs Serk“ – und die Mieteinnahmen kommen der Kirchengemeinde zugute. „Üüs Serk“ ist friesisch und bedeutet „unsere Kirche“. „Die Stiftung wurde 2005 gegründet, um den Erhalt der Gemeinde langfristig abzusichern“, erklärt Chinnow. Denn aus Kirchensteuern allein lässt sie sich nicht halten: Je nach Steuerlage bekommt die Gemeinde zwischen 45 000 und 50 000 Euro. „Das reicht nicht.“
Nur 20 Prozent der Gemeinde-Einnahmen aus der Kirchensteuer
Mitllerweile kommen nur 20 Prozent der Einnahmen der Gemeinde aus der Kirchensteuer. „Die Stiftung ist ein ganz wichtiger Baustein unserer Finanzierung“, erläutert der Pastor. Sie verfügt über 1,2 Millionen Euro – und die Gemeinde lebt von den Zinsen. „Deswegen war es wichtig, das Geld sinnvoll anzulegen“, so Chinnow. „Mit der Ferienwohnung erzielen wir eine Rendite von 4 bis 5 Prozent jährlich. Das ist mehr, als wir bei einer Bank bekommen würden.“
Die Wohnung, betont Chinnow, steht allen Besuchern offen. Und die Vermietung läuft gut: Wer dort Urlaub machen möchte, muss weit im Voraus buchen