Deutsch-polnische Gottesdienste zum Jahrestag des Kriegsbeginns
02. September 2019
Mit Friedensgottesdiensten in Polen und Deutschland haben die Kirchen am Wochenende an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren gedacht. Bischof Abromeit erinnert an das Leid der Polen in einem ökumenischen Gottesdienst in der Friedenskirche im polnischen Jawor (Woiwodschaft Niederschlesien).
Gemeinsam mit Bischof Waldemar Pytel der Diözese Wroclawska der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen nahm auch der Greifswalder Bischof Hans-Jürgen Abromeit an dem Gottesdienst teil.
In seinem Grußwort erinnerte Bischof Abromeit an das unermessliche Leid, das Deutschland damals über Völker und Länder gebracht hat. Der Bischof würdigte die Zeichen der Versöhnung zwischen Deutschen und Polen und ihre Zusammenarbeit auf europäischer Ebene.
"Zeichen der Versöhnung"
Dazu zähle auch der Partnerschaftsvertrag zwischen den Diözesen Wroclawska und Pomorsko-Wielkopolska mit der Pommerschen Evangelischen Kirche vom 17. Oktober 1999, der inzwischen auf die Nordkirche übergegangen ist. Im November soll der Partnerschaftsvertrag gemeinsam gewürdigt werden.
Die stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus und der Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, Bischof Jerzy Samiec, riefen in Warschau zu einem gemeinsamen Erinnern auf. Im Berliner Dom nannte es der evangelische Landesbischof Markus Dröge ein "Zeichen der Versöhnung", dass der ökumenische Gedenkgottesdienst mit polnischen Kirchenvertretern und Politikern gefeiert wurde. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm warnte in einem ZDF-Fernsehgottesdienst vor Spaltungstendenzen in Europa.
Weltkriegsgedenken: EKD-Ratschef warnt vor Spaltung Europas
Auch zwischen Deutschland und Polen drohten alte Ressentiments wiederaufzuleben, sagte der bayerische Landesbischof am Sonntag in Frankfurt an der Oder. Dazu komme "die Geißel des Nationalismus, die so viel Unheil über Europa gebracht hat". In einem Europa, in dem die Spaltungstendenzen überhandzunehmen drohten, müssten die Deutschen dafür einstehen, dass der Weg der Versöhnung weitergegangen werde, forderte Bedford-Strohm. "In einem Europa, in dem Bewegungen sich auszubreiten drohten, die Hassbotschaften aussenden, wollen wir die Liebe stark machen und selbst ausstrahlen."
"Liebe stark machen und selbst ausstrahlen"
Die stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende Kurschus sagte am Samstag in Warschau, erinnern könne eine Zumutung sein, die am Ende jedoch heilsam wirken könne. Nach den Jahren der Gewalt und des Leidens sei sie "dankbar für die Schritte der Versöhnung, die wir aufeinander zu und gemeinsam mit unseren polnischen Nachbarn gehen durften". Die westfälische Präses warnte zugleich vor "dumpfem Nationalstolz" und Forderungen nach einem Schlussstrich unter die Kriegserinnerungen.
Verantwortung für unsere Gegenwart und Zukunft
Der Präsident des Polnischen Ökumenischen Rates, Bischof Jerzy Samiec, erklärte: "Wenn wir uns heute an den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erinnern, sollten wir Christen von unserer Verantwortung für unsere Gegenwart und Zukunft sprechen." In dem ökumenischen Gottesdienst der EKD und des Polnischen Ökumenischen Rates kamen auch Zeitzeugen zu Wort, darunter ein ehemaliger polnischer KZ-Häftling und ein deutscher Vertriebener.
In dem Gottesdienst im Berliner Dom am Sonntag sang Rabbiner Andreas Nachama. Die Berliner Domgemeinde und die Warschauer St.-Trinitatis-Gemeinde unterzeichneten eine Partnerschaftsvereinbarung. Die Trinitatis-Kirche war zwei Wochen nach Kriegsbeginn von deutschen Bombern zerstört worden.
"Glaube macht an Grenzen nicht halt"
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte in einem Grußwort, die Deutschen seien sich der historischen Schuld und der daraus erwachsenden bleibenden Verantwortung bewusst. Er würdigte die zentrale Rolle der Kirchen im Prozess der Verständigung und Versöhnung zwischen Polen und Deutschland. Glaube mache an Grenzen nicht halt. "Die Kirchen konnten deshalb einen erheblichen Anteil daran nehmen, dass Deutsche und Polen wieder zueinanderfanden", sagte der Bundestagspräsident.
Einheit Europas festigen
Die deutschen und die polnischen katholischen Bischöfe riefen dazu auf, "die Einheit Europas, das auf christlichen Fundamenten errichtet ist, zu festigen und zu vertiefen". In einer gemeinsamen Erklärung beider Bischofskonferenzen mahnten sie, mit den "Früchten der Versöhnung" verantwortungsbewusst umzugehen und "sie nicht leichtfertig in politischem Interesse" preiszugeben.