Diakonie: Zahl der problematischen Abschiebungen ist gestiegen
01. April 2022
Die Zahl ist erschreckend: Jede dritte Abschiebung vom Hamburger Flughafen ist 2021 nach Einschätzung der Diakonie problematisch gewesen. Sie kritisiert etwa die medizinische Versorgung und den Einsatz von Zwangsmitteln.
Auch fehlten häufig Dolmetscher bei der Abschiebung, heißt es im Jahresbericht von Abschiebebeobachter Moritz Reinbach, der am 31. März dem Innenausschuss der Bürgerschaft vorgestellt wurde. So werde das Kindswohl nicht ausreichend berücksichtigt, wenn Kinder etwa als Dolmetscher fungierten.
Mehr als 40 problematische Fälle
Die gesundheitliche Situation der Menschen sei nicht optimal gewesen, zum Teil wurden Zwangsmitteln wurden angewendet und in einigen Fällen sei das Verhalten der Vollzugbediensteten unangemessen gewesen, so die Mängelliste des Beobachters.
Von Januar 2021 bis Januar 2022 wurden 122 Abschiebungen oder Überstellungen in europäische Länder (Dublin-Verfahren) beobachtet. Davon wurden 41 Fälle (34 Prozent) als problematisch eingestuft und im Flughafenforum thematisiert. 2019 waren es lediglich 13 Prozent, 2018 nur 16 Prozent. Neben Menschen aus Hamburg werden über den Flughafen auch Personen aus benachbarten Bundesländern abgeschoben.
Abbruch in mehreren dramatischen Situationen
Unter anderem wurde eine Abschiebung nach Bosnien-Herzegowina verschoben, weil dem suchtkranken Flüchtling anfangs keine Suchtbehandlung im Heimatland zugesichert werden konnte. Bei einer Sammelabschiebung nach Armenien verletzte sich ein Mann im Flugzeug selbst. Eine 39-jährige Türkin, die mit vier Kinder abgeschoben werden sollte, leistete bei ihrer Abschiebung derart heftigen Widerstand, dass die Maßnahme abgebrochen wurde.
Dirk Hauer, Leiter des zuständigen Fachbereichs der Diakonie, kritisierte, dass auch während der Corona-Pandemie regelmäßig Menschen abgeschoben wurden. Zudem weise die Beobachtung große Lücken auf, denn sie sei lediglich auf den Flughafen beschränkt.
Gesamter Prozess muss beobachtet werden
„Insbesondere die Abholung aus Unterkünften und Wohnungen sowie die Zuführung zum Flughafen sind nach wie vor eine Black Box“, so Hauer. Sinnvoll sei eine unabhängige Beobachtung des gesamten Abschiebungsprozesses von der Abholung bis zur Landung des Flugzeugs im Zielland.