„Ein festlicher und auch ein bisschen wehmütiger Gottesdienst”
08. Oktober 2023
Am 8. Oktober 2023 verabschiedete die Nordkirche Gothart Magaard mit einem großen Festgottesdienst im Schleswiger Dom und einem anschließenden Empfang aus seinem Amt als Bischof im Sprengel Schleswig und Holstein. Zahlreiche Gäste waren gekommen, um bei der Entpflichtung des Bischofs dabei zu sein und ihm ihre Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Unter den prominenten Gästen fanden sich der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Daniel Günther, sowie Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack und Landtagspräsidentin Kristina Herbst.
Emotionaler Gottesdienst mit vielen Gästen
Kaum ein Platz war am Sonntag im Hauptschiff des Schleswiger Dom frei geblieben, als ein beindruckend langer Zug von zahlreichen Talarträgerinnen und -trägern zu Beginn des Gottesdienstes in den Kirchenraum einzog. Ehrengäste, Mitwirkende und die Familienangehörigen des Bischofs nahmen die ersten Reihen im Hauptschiff ein, während sich der restliche Dom schon deutlich vorher mit Menschen gefüllt hatte. Der Gottesdienst wurde von zahlreichen Menschen gestaltet, mit denen der Bischof in seiner Amtszeit den Austausch gepflegt hatte oder auf die eine oder andere Weise verbunden war.
So bot Walter Joschua Pannbacker vom Verband der Jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein singend einen Psalm in hebäischer Sprache dar. Dieses war nicht der einzige Moment, in dem die Anwesendenden in Gedanken bei den Menschen ist Israel waren. Auch in den späteren Grußworten und Fürbitten klang aus aktuellem Anlaß die Bitte um Frieden für die Menschen in Kriegsgebieten immer wieder an.
Friesische, dänische Worte waren im Rahmen der anschließenden Liturgie zu hören, genauso wie englische und plattdeutsche – ein Zeichen für die vielen Kontakte des Bischofs ins In- und Ausland sowie die Vielfalt im Sprengel Schleswig und Holstein selbst.
Auch die musikalische Gestaltung war eine besondere, hatte sich Bischof Magaard zu seinem Abschied doch das eine oder andere Lied persönlich gewünscht. So war es kein Zufall, dass das Lied "Vertraut den neuen Wegen" seinen Platz in diesem Gottesdienst fand, genauso wie das Stück "Look at the World" von John Rutter sowie einige neuere Gemeindelieder.
Letzte Predigt als Bischof
Sichtlich berührt, war es Gothart Magaards Aufgabe, die Predigt – seine letzte als Bischof – in diesem Gottesdienst zu halten. Er hatte den Vers „Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge“ aus dem 1. Petrusbrief in den Mittelpunkt seiner Ausführungen gestellt und kam in diesem Zusammenhang auf die Übergänge, die sein Eintritt in den Ruhestand bedeute bzw. die der Wechsel im Amt für die Nordkirche darstelle. Übergänge, die auch immer Verheißungsvolles haben, denn in dem Abschied liege das beginnende Neue. "Hier liegen Lernchancen, Gelegenheiten sich neu zu orientieren als Mensch und als Kirche," so der Bischof.
Mit Blick auf den Klimawandel verwies er auf die schmerzliche Erkenntnis, dass vieles Gewohntes und Selbstverständliches ein Ende haben wird, genauso, wie er auch die Fragen und Folgen der Migration beleuchete und klar machte, dass die Kirche die Krisen der Gesellschaft nicht berührungslos an sich vorüberziehen lassen dürfe.
Dass wir in einer lebendigen Demokratie leben, dass wir in einem funktionierenden Rechtsstaat leben, ist ein kostbarer Rahmen für unser Zusammenleben, um den wir ringen müssen, den wir auch verteidigen müssen, wenn er angefeindet, ausgehöhlt wird. Und das Ringen um Frieden und Gerechtigkeit im Kleinen wie im Großen, für die es alle keine einfachen Lösungen gibt und die wir nur gemeinsam, mit allen Menschen guten Willens lokal und global denkend, zugleich in den Blick nehmen können.
Für diesen Weg wünsche ich uns Hoffnung. Die Hoffnung, die die Fähigkeit hat, im Chaos der Gegenwart die Vorboten einer neuen Wirklichkeit zu sehen.
Mit einem Gedanken Dietrich Bonhoeffers schloss der Bischof seine Predigt:
Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.
Höhepunkt des Festgottesdienstes
Im Mittelpunkt des Festgottesdienstes stand die feierliche Entpflichtung des Bischofs aus seinem Amt. Diese Handlung übernahm Landesbischof Ralf Meister (Hannoversche Landeskirche und Leitender Bischof der VELKD). Er sagte in seiner Ansprache über Bischof Magaard:
"Durch alle Jahre, vom Kirchenamtsreferenten bis zum Bischof, in den verschiedensten Diensten ist Gothart Magaard immer Pastor geblieben. Ein Christ, der die Menschennähe zum Lebensauftrag gewählt hat. Das spürte man. Darin lag seine Glaubwürdigkeit und unaufgeregte Herzlichkeit.
In dieser Welt von Gott zu erzählen, zu Seiner Ehre und als ein Dienst am Gemeinwohl, das ist ihm gelungen und dafür danken wir Gothart Magaard von Herzen."
Mit der anschließenden Rückgabe des Amtskreuzes und der Segnung des Bischofs durch seine bischöfliche Kolleginnen und dem Kollegen aus der Nordkirche – Kristina Kühnbaum-Schmidt (Landesbischöfin der Nordkirche), Kirsten Fehrs (Bischöfin im Sprengel Hamburg und Lübeck) und Tilman Jeremias (Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern) – wurde die Handlung feierlich besiegelt. Für Bischof Magaard, seine Kolleginnen und Kollegen, die vielen Anwesenden sowie die Familie des Bischofs der emotionalste Moment dieses Gottesdienstes.
Grußworte aus Politik und Kirche
"Ein festlicher Gottesdienst, und auch ein bischen wehmütig," resümierte Präses Ulrike Hillmann, die als Moderatorin durch den weiteren Ablauf führte und zunächst Ministerpräsident Daniel Günther das Wort erteilte.
„Die Themen, die Sie bewegen, haben Sie mit großer Ernsthaftigkeit und dennoch voller Herzlichkeit und Engagement begleitet. Das habe ich in unserer Zusammenarbeit immer sehr geschätzt.
Insbesondere das Engagement des Bischofs für die Restauration des St. Petri-Doms zu Schleswig und für die Deutsch-Dänische Freundschaft stellte Günther heraus: „Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie sich um diese Freundschaft so verdient gemacht haben. Das liegt uns in Schleswig-Holstein sehr am Herzen“,
betonte der Regierungschef. Der Schleswiger Dom sei dabei ein bestens geeigneter Ort der Begegnung, des Dialogs und Diskurses.
Auch die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, richtete sich mit einem Grußwort an die Anwesenden und wies auf die besondere Qualitäten und Verdienste des Bischofs hin. Sie zeichnete das Wirken des scheidenden Bischofs nach und betonte:
„Wenn man fragt, wie Menschen dich erlebt haben, werden immer wieder drei Dinge hervorgehoben: Gothart hörte gut zu. Er konnte gut Themen aufgreifen. Und er hat sie dann auch gut und verlässlich unterstützt. Es ist dieser Dreiklang, der ausdrückt, dass Dein Handeln in kirchlichen Ämtern stets ruhig geschah, in Klarheit und um Kompromiss und Übereinkunft bemüht. All das hat dazu beigetragen, dass Du Dir Vertrauen erworben hast, das wiederum half, in schwierigen Situationen vermittelnd und klärend da zu sein.“
Mit seinem Wirken habe er Generationen von Pastorinnen und Pastoren geprägt. Besonders eingesetzt habe er sich in diakonischen Bereichen und in den Partnerschaften mit England und den Beziehungen nach Dänemark.
Ökumene, Partnerkirchen und Freundschaft über Grenzen hinweg
Mit Dank- und Grußworten richtete sich Weihbischof Horst Eberlein vom Erzbistum Hamburg an den scheidenden Bischof. Er erinnerte dabei an die Initiative zur Aufnahme des Gottesbezugs in der Verfassung des Landes:
"Diese Initiative vor sieben Jahren, die auch ein Kraftakt war, hat zwischen unseren Kirchen und im Verhältnis zu den anderen Religionsgemeinschaften viel bewirkt. Deine Zugewandtheit, Dein Interesse an Freud und Leid unserer katholischen Kirche und Deine Sicht auf das, was uns ökumenisch verbindet und aufgetragen ist, empfand ich immer als stärkend und mutmachend. Gemeinsam mit unserem Erzbischof möchte ich Dir gegenüber unsere tiefe Dankbarkeit ausdrücken."
Auch Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter aus Partnerkirchen und befreundeten Kirchen hatten sich nach Schleswig auf den Weg gemacht, um ihre Grußworte zu überbringen. Die sehr engen und freundschaftlichen Beziehungen zu den Kirchen in der Grenzregion wurde durch die Teilnahme von Bischof Elof Westergaard (Bistum Ribe/Dänemark) bekräftigt. Mit ihm sowie der Bischöfin aus Hadersleben, Marianne Christiansen, und weiteren führenden Geistlichen verbindet Bischof Magaard der Wunsch nach einem friedlichen, vertrauensvollen und freundschaftlichen Miteinander in der Grenzregion.
Elof Westergaard betonte besonders die gute Zusammenarbeit über Grenzen hinweg, die er und seine Kollegin aus Hadersleben mit Gothart Magaard erleben durften.
"Zusammenarbeit ist keine Selbstverständlichkeit. Dass sich die Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Kirchen so gut entwickelt hat, beruht, wie du, Gothart, so bescheiden formuliert hast, auf unseren Vorgängern im Amt. Aber nicht zuletzt hast du wirklich dazu beigetragen, dass die Zusammenarbeit so gut und vertrauensvoll war. Und ich hoffe und wünsche, dass du du weiterhin zu Versöhnung und zum Frieden beitragen wirst, zu der Aufgabe, die uns geschenkt wurde, sich umeinander zu kümmern und einander zu schätzen. Du hast dazu auf die vornehmste Weise beigetragen, und dafür sind wir dir alle sehr dankbar."
Der Bischof hatte viele Jahre auch als Vorsitzender des Englandausschusses der Nordkirche gewirkt und dabei nicht nur Delegationen empfangen, sondern war auch mehrfach nach England gereist.
Bischof Michael Ipgrave (Diocese of Lichfield/Großbritannien) nahm als Vertreter einer Partnerdiözese der anglikanischen Kirche teil. Im warmherzigen und auch humorvollen Worten brachte er seine Dankbarkeit gegenüber Bischof Magaard zum Ausdruck:
“I am so grateful for Bishop Gothart’s care of the Nordkirche’s links with other churches in Europe, including the Church of England and particularly the Diocese of Lichfield. The strength of our friendship with the Nordkirche, and the bonds of prayer and common mission that hold us together, have been very important to us in the years following Brexit. We may no longer as a country belong to the European Union, but as people we are still part of Europe, and our shared Christian commitment is part of the continuing story of the Christian faith in Europe.”
Am Ende war es der Bischof selbst, der das Mikrofon ergriff und allen, die den Tag mitgestaltet oder ihm bereits in den zurückligenden Wochen und Tagen Glückwünsche übermittelt hatten, von Herzen zu danken.
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Fotos: Tim Riediger, Nordkirche