Ein Symbol für jüdisches Leben
08. November 2021
Ein neues Denkmal soll in Bad Segeberg an die ehemalige Synagoge erinnern, die vor dem Zweiten Weltkrieg Zentrum jüdischen Lebens war. Am 9. November wird das einzigartige Metallkonstrukt feierlich eröffnet.
Die Reichspogromnacht jährt sich in der kommenden Woche zum 83. Mal. Als am 9. November 1938 das NS-Regime zahllose jüdische Geschäfte und Synagogen in Deutschland zerstörte, wurde auch das jüdische Gebetshaus in Bad Segeberg gestürmt und entweiht. An der Stelle, wo es früher stand, hat die jüdische Gemeinde nun ein Denkmal geschaffen, das an die ehemalige Synagoge erinnern soll.
Stolpersteine erinnern an tragische Schicksale
Das Denkmal steht mitten in Bad Segeberg an der Lübecker Straße 2. Es ist komplett aus Metall. Verzinkte Stahlstreben ahmen auf acht Metern Breite und in elf Metern Höhe die historische Fassade der Synagoge nach. Dazu gehören acht filigrane Fenster und eine Türöffnung, an deren Schwelle vier Stolpersteine an das traurige Schicksal von Juden aus Bad Segeberg in der NS-Zeit erinnern.
"Wir wollen das jüdische Leben in Schleswig-Holstein sichtbar machen", sagt der Vorsitzende des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein, Walter Blender. "Nicht nur das jetzige, sondern auch das ehemalige." Das gelinge auf Dauer nur mittels eines Gedenkorts, der selbsterklärend sei.
Daran erinnern, was einmal war und nicht mehr ist
"Man geht durch die Türöffnung und spürt: keine Wände, kein Dach. Es ist leer - das ist der Effekt, den wir uns wünschen." Mit dem Gefühl wolle man erreichen, dass die Menschen sich daran erinnern, was einmal war und nicht mehr ist, so Blender. Und wie es dazu kam: "Wählt nicht die Falschen", ruft er auf.
Auf einer Edelstahl-Platte sind die Namen der jüdischen Opfer eingraviert, etwa 60 Menschen aus Bad Segeberg. Besonders symbolträchtig und nicht minder traurig wirkt der metallene Davidstern, der schräg auf dem Areal im Boden steckt - "als Erinnerung daran, dass hier eine jüdische Einrichtung und Gemeinschaft zerstört wurde", erläutert Blender. Die ehemaligen Grundmauern der Synagoge sind mit in den Boden eingelassenen Backsteinen abgesteckt.
Fast 100 Jahre lang spielte sich in der einstigen Synagoge das Leben der Segeberger Juden ab. 1938 wurde sie von den Nationalsozialisten verwüstet. Dass die Synagoge bei den Novemberpogromen nicht abgebrannt wurde, hatte lediglich mit der Bebauung in der Straße zu tun: Sie war zu dicht und die Gefahr war groß, auch die Nachbarhäuser mit anzuzünden. Nach dem Krieg gab es keine Juden mehr in der Stadt. Das Gebäude verfiel und wurde 1968 abgerissen.
Die Stadt überschrieb der jüdischen Gemeinde das kleine Grundstück schräg gegenüber dem Rathaus. Dann setzten ein Architektenbüro und ein Metallbau-Unternehmen aus der Region die Idee für das Denkmal um - für insgesamt 55.000 Euro, die aus Spenden stammen.
Einweihung am 9. November 2021
Das Synagogen-Denkmal wird am 9. November um 12 Uhr öffentlich eingeweiht, Interessierte sind willkommen. Prominente Gäste haben ihr Kommen zugesagt, darunter Landesfinanzministerin Monika Heinold (Grüne), Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré (Grüne) und Rabbiner Isak Aasvestad. Die Enkelkinder des einzigen jüdischen Holocaust-Überlebenden aus Bad Segeberg, Jean Labowsky, werden die ersten von sechs Kerzen entzünden - im Gedenken an insgesamt sechs Millionen ermordete Juden.