Eine Liebeserklärung an die Dorfkirchen
12. Dezember 2021
Die kleine Dorfkirche in Steinmocker strahlte am dritten Adventssonntag im Licht einer Kunstinstallation. „Dorfkirche Mon Amour“ heißt die Kunstaktion der Nordkirche, die in der Adventszeit vier Kirchen in den Mittelpunkt rückt, in denen sonst kaum noch kirchliches Leben stattfindet.
Die Idee dazu hatte Dr. Anna Luise Klafs vom „Kulturhimmel“ der Nordkirche: „In Mecklenburg-Vorpommern liegen viele Dorfkirchen brach, in denen Menschen durch Jahrhunderte von der Wiege bis zur Bahre wichtige Stationen ihres Lebens zelebriert haben. Jetzt im Advent wollen wir sie wachküssen und zum Strahlen bringen mit Kunst und Kultur.“
Dorfkirchen mit heilsamer Atmosphäre
In Steinmocker brachten Sängerinnen und Sänger am 3. Advent das Lucia-Licht in die Kirche. Die Künstlergruppe gehört zur Opernale, dem „Institut für Theater und Musik in Vorpommern“. Nach Steinmocker kam sie in den traditionellen weißen Gewändern der Lucia-Tradition aus Schweden.
„Die Liebeserklärungen an unsere kleinen, bescheidenen Dorfkirchen finde ich wunderbar”, sagte Bischof Tilman Jeremias bei der Open-Air Andacht vor dem Kirchenportal. „Über viele Jahrhunderte haben diese steinernen Schätze Menschen Zuflucht gegeben. Bis heute üben sie eine große Anziehungskraft aus auf die Leute im Dorf und auf unsere vielen Urlaubsgäste. Menschen spüren, dass die Orte eine heilsame Atmosphäre des Gebets ausstrahlen.“
Die Aktion zeige, wie die Zukunft der Dorfkirchen aussehen könne, meint der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche: „Kirchen waren immer schon Orte, in denen sich das ganze Dorf versammelt hat und nicht nur die Kirchengemeinde, und darum ist es gut, wenn sie heute für Kunst, Musik und soziales Leben offen sind.“
Pastor Jörgensen: Tolle Wertschätzung für Steinmocker
Helge Jörgensen ist seit August Pastor der Kirchengemeinde und hielt mit dem Bischof die Andacht: „Die Leute in Steinmocker haben sich riesig über diese Wertschätzung durch die Nordkirche gefreut. Unsere kleinen Kirchen sind zwar häufig nicht so gut besucht, aber sie liegen den Menschen sehr am Herzen. Alle unsere Dörfer haben ihre Kirche, und die gehört einfach dazu.“
Um in den Feldsteinbau mit dem markanten Fachwerkgiebel zu gelangen, mussten die Besucherinnen und Besucher einen Parcours überwinden: Die Künstlerin Caroline Barth hatte den Weg zur Kirche mit Fackeln gesäumt und durch große schwarz bemalte Kartonquader so verengt, dass man nur einzeln den Hügel zum Kirchenportal erklimmen konnte. „Wir alle sind momentan gebeutelt von diversen Hindernissen“, erläutert sie ihr Konzept. Dennoch habe man als erwachsener Mensch auch immer ein Wahl: „Wenn man vor dem Portal ankommt, ist die Frage – gehe ich da durch?“
Sternenhimmel in der Kirche
Im Inneren erwartete die Besucherinnen und Besucher dann die Belohnung: Ein einzelner Sitzplatz unter einem Sternenhimmel, der einlud, „anzukommen und eins zu werden mit dem Universum“, wie es Caroline Barth ausdrückte. Die Künstlerin und Kunsthistorikerin leitet das Greifswalder Caspar-David-Friedrich-Zentrum. Seit 2020 ist sie zudem Stipendiatin im MentoringKunst-Programm des Künstlerbundes Mecklenburg-Vorpommern.
Caroline Barth spricht offen über ihre schlechten Erfahrungen mit der Institution Kirche: „Ich bin erzkatholisch erzogen worden und habe die Kirche immer als einengend erlebt“, erzählt die 34-Jährige, die im Saarland aufwuchs. „Nachdem ich dieser Enge entflohen bin, wollte ich lange nichts mehr mit der Institution zu tun haben.“
Durch die nordkirchliche Kunstaktion habe sie sich wieder etwas angenähert: „Über die Kunst und über die Werte, die Kirche vertritt, konnte ich die Tür wieder etwas aufmachen.“ Das passt zu dem Titel, den sie der Aktion gegeben hat, „Universal Love“: „Gerade in den gegenwärtig sich zuspitzenden gesellschaftlichen Spannungen ist es gut, sich immer wieder klarzumachen, dass es eine allumfassende Liebe gibt, die uns eint und trägt.“
Künstlerin verliebt in Dorfkirche
In die Kirche in Steinmocker habe sie sich sofort verliebt: „Die Kirche aus dem 15. Jahrhundert ist so niedlich und einladend mit diesem tollen Kirchhof und dem prägnanten Turm. Ich war tatsächlich sofort in love! Es gibt so viele Dorfkirchen in unserer Region, die kunstgeschichtlich hochinteressant sind, und es ist einfach schade, dass man sie so selten erleben kann. Deshalb ist es eine tolle Idee, die Dorfkirchen durch Kunst zu beleben.“