EKD-Chef Schneider mit klaren Worten zum Abschied
10. November 2014
Dresden. Auf der Synode tritt er von seinem Amt zurück, doch zum Abschied redet EKD-Chef Schneider Klartext über den Umgang mit Flüchtlingen in Deutschland. Spannend bleibt es um seine Nachfolge.
.Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat den Wechsel an ihrer Spitze eingeleitet. Am Sonntag verabschiedete sie in Dresden den bisherigen Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider, der nach vier Jahren als oberster Repräsentant der deutschen Protestanten vorzeitig abtritt, um seiner an Krebs erkrankten Frau Anne beizustehen. Schneider habe der evangelischen Kirche "Stimme und Gesicht" gegeben, sagte Synodenpräses Irmgard Schwaetzer. Zuvor hatte der 67-Jährige dem Kirchenparlament letztmals Bericht über die Arbeit des Rates erstattet und dabei die Flüchtlingspolitik kritisiert. Zudem bekräftigte, dass die evangelische Kirche Regelungen zu einem ärztlich assistierten Suizid ablehnt.
Über die Nachfolge auf Schneiders Platz in dem 15 Mitglieder zählenden EKD-Leitungsgremium wird am Dienstag entschieden. Im Anschluss wird ein neuer Vorsitzender gewählt. Um den vakanten Platz im Rat bewirbt sich der Berliner Bischof Markus Dröge, der sich am späten Sonntagabend als bislang einziger Kandidat den Synodalen vorstellte. Der 60-Jährige steht seit fünf Jahren an der Spitze der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz mit heute rund einer Million Mitgliedern.
Katholik Marx: "Wir sind in gewisser Weise eine Kirche"
Kardinal Reinhard Marx warb am frühen Abend in einem Grußwort an die Synode für eine Intensivierung der evangelisch-katholischen Ökumene. "Wir sind in gewisser Weise eine Kirche", sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Das Jahr 2017, in dem der 500. Jubiläum der Reformation gefeiert wird, berühre auch Katholiken, weil katholische und evangelische Christen durch das Sakrament der Taufe verbunden seien. "Wir sind eine Kirche, weil wir eins sind in Christus", sagte Marx.
Die aktuellen politischen Debatten um Sterbehilfe sowie die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland hatten den Auftakt der viertägigen EKD-Synodentagung bestimmt. Der scheidende Ratsvorsitzende Schneider bekräftigte die ablehnende Haltung der evangelischen Kirche zu einem Recht auf ärztlich assistierten Suizid. Zugleich schlug er vor, einen Rechtsanspruch auf Sterbebegleitung durch Palliativmedizin und Hospizarbeit in Betracht zu ziehen. Die Sterbephase sollte als eine Lebensphase erlebt werden können. Die Ablehnung aktiver Sterbehilfe müsse einhergehen mit ausreichender Finanzierung und flächendeckendem Ausbau von Palliativ- und Hospizangeboten.
Minister de Maizière verteidigt Flüchtlingspolitik
Zur Flüchtlingspolitik sagte Schneider, die Zustände in vielen Aufnahmeeinrichtungen seien Anlass zur Scham. "Die Angst, dass ein ungebremster Zuzug von Flüchtlingen den eigenen Wohlstand gefährdet, bricht sich in Ablehnung, Abwehr und Gewalt gegen Flüchtlinge und Migranten Bahn", kritisierte er. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte in einem Grußwort die europäische und deutsche Asylpolitik und warnte davor, die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen überzustrapazieren. Einen Grundkonsens über das Asylrecht zu bewahren, sei "ein hoher Wert an sich in unserer Gesellschaft".
Im Mittelpunkt des Eröffnungsgottesdienstes am 9. November stand die Erinnerung an den Mauerfall vor 25 Jahren. Der sächsische Bischof Jochen Bohl nannte die friedliche Revolution in der DDR "auch eine protestantische Revolution, denn zu einem guten Teil wurde sie von evangelischen Christinnen und Christen gemacht"
Das Kirchenparlament berät bis Mittwoch in Dresden. Schwerpunktthema der Jahrestagung ist die "Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft".